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Steinfest, Heinrich

Steinfest, Heinrich

Titel: Steinfest, Heinrich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo die Löwen weinen
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dorthin, wo im zigfachen Licht der Scheinwerfer, bewacht von
Polizei und diversen Argusaugen, Wolf Mach soeben einen kleinen nächtlichen
Spaziergang beendete und sich wieder in die Geborgenheit seines hängenden
Zeltes begab. Ein Zelt, das dank der grünen Farbe und dank der fernsehgerechten
Illumination einen harmonischen Gleichklang mit jenem geometrischen
Hülsenfrüchtler jenseits der Willy-Brandt-Straße erzeugte.
    Rosenblüt wunderte sich, daß es Fabian ausgerechnet an
diese Stelle zog. Allerdings unterließ es der Professor, am Planetarium vorbei
in die stark belebte Parkanlage zu marschieren. (Dort, wo sich eine ohnedies
von den Milieus extrem durchmischte Protestbewegung mit den Medien und der
Polizei und sogar einer Gruppe kopfloser Buben und Bübchen derart vermengte,
daß für diesen Moment eine vollkommene Verschmelzung zu einem bürgerlichen Ganzen
stattfand. Eine Verschmelzung, die niemanden mehr ausschloß. - Außer ein paar
Hysteriker hinter dicken Türen. Und natürlich Leute wie Fabian und Rosenblüt,
die ein ganz eigenes Labyrinth durchwanderten.)
    Fabian bog nach rechts ab und nutzte eine Lücke zwischen
den von der Polizei aufgestellten Gittern, die das gesamte Planetarium umgaben.
Das Haupttor passierend, begab er sich auf einen überdachten Weg, der auf der
Rückseite des "Sternentheaters" zu einem zweiten, kleineren Eingang
führte.
    Rosenblüt ahnte, daß er jetzt sehr schnell sein mußte, daß
für Nettigkeiten gegenüber seinem Hund nun wirklich keine Zeit mehr war. Zudem
blickte er hoch zu der Leuchtschrift, die darauf verwies, daß der von Fabian
gewählte Zugang zum Keplersaal führte. Rosenblüt dachte sich: "Ein Kepler
an jeder Ecke reicht doch wohl." Also ließ er den Hund in bester Tradition
einfach dort stehen, wo er sowieso schon stand, und folgte Fabian auf die
Ostseite des Gebäudes, welches blau leuchtend in den Nachthimmel ragte, wobei
oben auf der Pyramidenspitze die untere Seilfixierung nicht mehr von den
Vergißmeinnichtlern, sondern von einem Sondereinsatzkommando der Polizei bewacht
wurde. Und selbstverständlich sicherte auch darunter eine Vielzahl Beamte das
Planetarium. Allerdings nur nach vorne hin. Kein einziger Uniformierter
patrouillierte auf der Rückseite, alle orientierten sich zur Parkmitte hin.
Jeder Blick ging nach oben. - Mach war der Stern, der alle Aufmerksamkeit
aufsaugte.
    Wie sich nun zeigte, verfügte Fabian über einen Schlüssel,
mit dem er die schalenförmige Außentüre öffnete, und begab sich ohne Zögern in
die vollkommene Dunkelheit des Innenraums. Glücklicherweise sperrte er hinter
sich nicht wieder ab, so daß der Kommissar in sicherem Abstand folgen konnte,
somit ebenfalls in eine absolute Schwärze eintretend. Allein das grüne Lämpchen
einer Überwachungskamera blinkte regelmäßig auf, doch Rosenblüt konnte sich
denken, daß eben bloß das Lämpchen, nicht hingegen die Kamera in Betrieb war. -
Maschinen schlafen oft und viel. Natürlich sagt das kaum jemand auf diese
Weise. Eher wird von "technischen Problemen" oder "Einsparungen"
oder "Stand-by-Betrieb" gesprochen, aber Geräte mit einem Fatigue-Syndrom
sind beileibe nicht die Ausnahme. - Gut, hin und wieder konnte das auch mal
zum Vorteil geraten. Jedenfalls würde Rosenblüt nie auf einem Videofilm zu
sehen sein.
    Er verharrte. Gleich darauf zuckte er zusammen. Ein
schwacher Lichtschein hatte mit einem Mal eine Bresche geschlagen, allerdings
aus einem anderen Raum stammend. Rosenblüt beruhigte sich, wartete noch eine
Weile und trat dann vorsichtig näher. Zu seiner Überraschung gelangte er am
Eingang eines erleuchteten Vortragssaales an eine Lifttüre. Dem Geräusch nach
zu urteilen, befand sich Fabian in demselben und war noch unterwegs. Was hatte
an dieser Stelle ein Aufzug verloren? Um die Astronomen wohin zu
bringen?
    Richtig, das Wesen von Aufzügen besteht an allen Orten
darin, gerufen zu werden. Also rief Rosenblüt den Aufzug, indem er die einzige
vorhandene Taste drückte. Der Fahrstuhl kam, öffnete sich, Rosenblüt trat ein.
So einfach konnte das Verhältnis Mensch - Technik sein. Im Inneren fehlte indes
jegliche Tastatur. Doch der Lift begann nicht etwa zu sprechen, sondern schloß
sich selbständig und glitt nach unten, fuhr eine Weile - drei, vier Stockwerke
vielleicht - und öffnete sich sodann mit der geräuschlosen Leichtigkeit eines
verschobenen Spielsteins. Läufer auf c4.
    Drei, vier Stockwerke? Meine Güte, was war das hier? Eine
Zeitmaschine, die den armen

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