Steirerblut
was ist mit mir? Wollten Sie mich denn nicht auch noch was fragen?«
»Sie können Ihren Sohn gern begleiten. Dann erledigen wir das in einem.«
»Wir sind um 14 Uhr da. Aber ich schwöre, der Mike hat nichts Böses getan«, hörte Sandra die Mutter noch sagen. Dann fiel die Haustür hinter ihr und Bergmann ins Schloss.
Sandra inhalierte die frische Luft und drückte den Knopf auf der Fernbedienung, der die Türschlösser des Wagens freigab. Am liebsten wäre sie auf der Stelle nach Graz gefahren und hätte St. Raphael ein für alle Mal aus ihrem Gedächtnis gelöscht. Doch leider war da noch der Mordfall, den sie aufzuklären hatten.
»Alles okay?«, fragte Bergmann.
»Ja. Alles bestens.« Sandra blickte in den Rückspiegel und stieg aufs Gaspedal.
Bergmann öffnete das Fenster und steckte die Nase in den kühlen Fahrtwind, um es wenig später wieder zu schließen. »Gegen diesen Dorfmief hilft noch nicht mal die viele frische Luft. Mir ist schlecht.«
»Soll ich stehen bleiben?«
»Nicht nötig. Ich meinte das im übertragenen Sinn.«
»Was glaubst du denn, wie lustig ich es hier finde?«
»Sollen wir den Fall abgeben?«, schlug er vor, »du könntest ja auch befangen sein.«
»Kommt gar nicht infrage. Wir ziehen das durch.« Aus dem Augenwinkel bemerkte Sandra wieder einmal, dass Bergmann sie beobachtete.
»Hast du von dieser hinkenden Riesin eigentlich noch irgendetwas Neues erfahren?«, fragte er.
»Sascha, bitte … die Zeugin heißt Franziska Edlinger.«
»Und?«
»Franziska war zu Hause und hat geschlafen. Bezeugen kann das allerdings niemand.«
»Glaubst du ihr denn?«
»Ja. Schon.«
»Ich finde diese Frau ziemlich merkwürdig.«
»Hast du in St. Raphael denn schon irgendjemanden getroffen, der nicht merkwürdig ist?«
Bergmann lachte. »Du musst es ja wissen.«
Sandra ging auf seine Bemerkung nicht ein. »Ich frage mich schon die ganze Zeit, wie die Kovacs die Hintertür aufsperren konnte, wenn sie auf der Flucht war. Nackt und panisch, wie sie in dieser Situation gewesen sein muss. Außerdem haben wir keinen Schlüssel am Tatort gefunden. Beide waren im Haus. Einer steckte innen im Schloss ihrer Zimmertür, der andere befand sich bei den Reserveschlüsseln, die Mizzi höchstpersönlich aufbewahrt«, sagte Sandra.
Bergmann kramte einen Schlüsselbund aus der Jackentasche, an dessen Ring ein einfacher Buntbartschlüssel und ein modernerer Zylinderschlüssel hingen. Die eingebrannte Ziffer am hölzernen Anhänger zeigte, dass der Zimmerschlüssel zum Gästezimmer Nummer zwei gehörte. Jenes Zimmer, in dem Eva Kovacs die Nacht vom 14. auf den 15. September verbringen hatte wollen. »Dieser Schlüssel sperrt den Haupteingang und die Hintertür, richtig?«
»Richtig. Mizzi schwört, dass beide Türen abgeschlossen waren, als sie zwischen halb und viertel vor eins zu Bett ging. Sie hat das wie jede Nacht überprüft. Und Michl behauptet, am Morgen nach dem Mord zuerst die vordere, dann die hintere Haustür aufgesperrt zu haben, bevor er Mephisto aus dem Zwinger ließ.«
»Entweder einer der beiden lügt …«, meinte Bergmann, der den Haustürschlüssel noch näher betrachtete.
»Oder jemand anders hat vor der Tat auf- und danach wieder zugesperrt«, ergänzte Sandra.
»Genau. Wer außer den Oberhausers hatte noch einen Haustürschlüssel?«
»Laut Auskunft von Franzi niemand.«
»Bis auf die Hausgäste.«
»Eva Kovacs war zu dem Zeitpunkt aber der einzige Gast«, erinnerte Sandra ihn.
»Das weiß ich. Aber diese Schlüssel kann man doch ohne Weiteres nachmachen lassen. Die Ziffernkombination verrät mir, dass sie nicht kopiergeschützt sind. Gibt es hier in der Nähe einen Schlosser?«
Sandra schüttelte den Kopf. »Schon lange nicht mehr«, sagte sie.
»Dann wird es schwierig werden, herauszufinden, ob Schlüsselkopien angefertigt wurden.«
»Beinahe unmöglich, wenn du mich fragst.«
»Es sei denn, wir finden Schlüssel bei jemandem, der nicht Maria oder Michael Oberhauser heißt.«
»Oder Sandra Mohr beziehungsweise Sascha Bergmann.«
»Richtig.«
Sandra parkte den Wagen direkt vor dem Eingang der Polizeiinspektion, gleich hinter dem Streifenwagen der örtlichen Beamten. Am Gang kamen ihnen Max und sein junger Kollege entgegen, dessen Namen Sandra schon wieder entfallen war. Max wich ihrem Blick aus, als sie sich begrüßten. Wie befürchtet, nahm er es ihr also übel, dass sie seinem heftigen Drängen nicht bis zur letzten Konsequenz nachgegeben hatte, folgerte
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