Steirerblut
Angeblich seien Schmiergelder in mehrstelliger Millionenhöhe geflossen. Details kannte die Vorgesetzte jedoch keine.
»Sie wissen also auch nicht, wer in den mutmaßlichen Korruptionsskandal verwickelt sein könnte?«
»Leider nein. Aber Evas Laptop kann Ihnen da sicher weiterhelfen.«
»Und der ist in ihrem Büro?«
»Nein. Sie hatte ihn immer bei sich.«
Aha. Hier war der Laptop aber nicht aufgetaucht. Entweder die Kovacs hatte ihn doch nicht immer dabei gehabt oder jemand hatte ihn verschwinden lassen. Jemand, der nicht wollte, dass etwas an die Öffentlichkeit drang.
»Können Sie mir bitte alle Artikel von Frau Kovacs zukommen lassen, die in diesem Jahr im Clinch-Magazin erschienen sind?«
»Selbstverständlich. Ich kann sie Ihnen gerne als pdf-Dateien mailen lassen. Außerdem schicke ich Ihnen ein Passwort, mit dem Sie auf unser elektronisches Archiv zugreifen können.«
»Das wäre großartig.« Sandra gab der Chefredakteurin ihre E-Mail-Adresse und für alle Fälle die Handynummer. »Ist Ihnen in der letzten Zeit irgendetwas an Frau Kovacs aufgefallen? Eine Veränderung vielleicht?«, fuhr sie fort.
Die Chefredakteurin verneinte abermals.
»Hatte sie Feinde? Ist sie jemals bedroht worden?«
»Nicht, dass ich wüsste«, kam es kurz angebunden aus dem Hörer.
»Könnte es jemanden geben, der sich für eine ihrer Enthüllungsstorys rächen wollte?«
»Das glaube ich nicht.«
»Hat es jemals eine gerichtliche Klage wegen einer ihrer Storys gegeben? Eine einstweilige Verfügung vielleicht?«
»Nein. Eva war bekannt dafür, dass sie sehr gründlich recherchierte. Hören Sie mal, ich bin ziemlich in Eile.«
Es war sinnlos, diese Befragung fortzusetzen. Sandra hatte den Eindruck, dass die Frau am anderen Ende der Leitung jegliches Interesse am Leben der Eva Kovacs vermissen ließ. Genauso wie an deren Tod. Ihre Terminplanung schien ihr zurzeit jedenfalls wichtiger zu sein. »Ich muss jetzt dringend in eine Sitzung. Können Sie mich am Nachmittag noch einmal anrufen? Oder besser am Abend«, sagte die Chefredakteurin.
»Nicht nötig. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, oder für den Fall, dass Eva Kovacs’ Laptop doch in der Redaktion auftauchen sollte, rufen Sie mich bitte an. Oder verständigen Sie mich umgehend per E-Mail.« Sandra bedankte sich und legte auf. Vielleicht würde sie sich diese Lady zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal von Angesicht zu Angesicht vorknöpfen. Fürs Erste gab es keinen Grund, ihre Aussagen anzuzweifeln. Betrügerische Immobiliengeschäfte und ein Korruptionsnetzwerk, das bis nach Osteuropa reichte, hatte die Chefredakteurin gesagt. Interessant. Ob die Story der Kovacs mit ihrem Ehemann zusammenhing? Als Immobilienentwickler, der in Osteuropa tätig war, musste Paul Kovacs doch über einige Informationen und Kontakte im Osten verfügen, die für seine Frau hilfreich sein konnten, spann Sandra den Faden weiter. Möglicherweise wusste er sogar Näheres über die Hintergründe der geplanten Immobilienstory.
»Und? Hast du was herausgefunden?«, unterbrach Bergmann ihre Überlegungen, als er das Zimmer betrat.
Wahrscheinlich mehr als du bei Petra Schreiner, dachte Sandra und beobachtete, wie er sich auf seinen Drehstuhl fallen ließ. Schon wieder nippte er an einem Kaffee. Der wievielte war das heute? Mindestens der vierte, zählte Sandra im Geiste nach. Und es war sicher nicht sein Letzter.
»Scheiße. Mein Laptop lässt sich nicht mehr hochfahren. Kennst du dich mit diesen Dingern aus?« Bergmann hämmerte auf die Starttaste ein, während Sandra mit ihrem Sessel zu ihm hinüberrollte.
»Lass mal sehen«, sagte sie und versuchte seinen Laptop zu starten. Nichts rührte sich.
»So ein Mist«, schimpfte Bergmann. »Und was mache ich jetzt? Ich nehme nicht an, dass es in diesem Kaff einen Computerexperten gibt.«
Sandra rollte an ihren Platz zurück. »Täusch dich da bloß mal nicht. Max Leitgeb kennt sich sogar sehr gut mit Computern aus. Bloß wird er dir wahrscheinlich was pfeifen, so wie du ihn vorhin behandelt hast.«
»Aber du könntest ihn doch bezirzen. Für dich tut der stramme Max sicher alles.«
Nicht, nachdem ich ihn gestern von der Bettkante gestoßen habe, dachte Sandra. »Frag doch lieber Petra. Die erledigt das sicher sehr gerne für dich.«
Bergmann erhob sich. »Ausgezeichnete Idee …«
»Warte bitte noch einen Augenblick, bevor du dich wieder verkrümelst, und hör mir kurz zu«, meinte Sandra.
Bergmann sank auf seinen Stuhl zurück. »Du
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