Steirerblut
Freundin sicher nicht unattraktiv. Viel neugieriger wäre ich allerdings auf die Laptopdaten seiner toten Frau. Was meinst du, wo ihr Computer geblieben ist?«
»Sieht fast so aus, als hätte ihn der Täter verschwinden lassen.«
»Was ebenfalls ganz im Sinne unseres Mister Perfect sein dürfte. Ich glaube jedenfalls nicht, dass seine Geschäfte so sauber sind, wie er das vorhin behauptet hat.«
»Und ich dachte schon, dir gefällt dieser Lackaffe.« Bergmann klang beinahe erleichtert.
Dass sie Kovacs rein äußerlich anziehend fand, wenngleich sie seine Kaltschnäuzigkeit abstieß, ging den Kollegen nichts an, dachte Sandra und überging seine Anspielung. »Eine Journalistin vom Kaliber der Kovacs erfindet doch nicht einfach so aus dem Nichts einen Korruptionsskandal. Egal wie wütend sie auf ihren untreuen Ehemann war«, fuhr sie fort.
»Noch nicht einmal, wenn sie fürs Clinch-Magazin schreibt? … Diese Scheißfliege!«, beschwerte sich Bergmann genervt und war erneut zu langsam, um das Insekt zu schnappen.
»So schlecht ist das Magazin nun wirklich nicht. Erinnere dich doch mal an die Steuerhinterziehungsaffäre unseres hochgelobten Landtagsabgeordneten oder an den angeblichen Unfall dieses Kärntner Großindustriellen, der sich dann doch noch als Anschlag herausgestellt hat. Mal ehrlich: Wer weiß, ob die Kollegen so hartnäckig an der Aufklärung gearbeitet hätten, hätte das Clinch-Magazin nicht diesen medialen Druck erzeugt. Und völlig zu Recht, wie wir heute wissen«, meinte Sandra.
»Da bin ich aber baff. Du verteidigst die Journaille?« Bergmann legte das Besteck auf seinen blank geputzten Teller.
»Nicht generell. Mich haben schon einige übereifrige Journalisten zur Weißglut gebracht. Aber man muss die Kirche doch im Dorf lassen.«
»Damit kennst du dich ja bestens aus. Mit den Kirchen und den Dörfern.«
Wieder so ein dämlicher Spruch, dachte Sandra und schluckte ihren letzten Bissen hinunter, während Bergmann immer noch die Fliege auf dem Tischtuch beobachtete. Sandra zögerte nicht lange. Mit einer raschen Handbewegung fing sie das Insekt ein. »So macht man das«, meinte sie und öffnete langsam die Faust, um das Tier vor Bergmanns Augen wieder entkommen zu lassen.
»Ich bin schwer beeindruckt«, gab er zu, »und ich hoffe für dich, dass diese Fliege nicht schon zuvor von unserer Leiche genascht hat.«
»Du glaubst doch nicht, dass du mich damit erschrecken kannst? Ich bin hier zwischen Kuhmist und Hausschlachtungen aufgewachsen. Das härtet ab, glaube mir.«
»Schön für dich. Und wie gut, dass ich schon aufgegessen habe«, meinte er und rief dann Franziska hinter der Theke zu, dass sie die beiden Menüs und die Getränke auf sein Zimmer schreiben solle.
Die beiden Kriminalbeamten erhoben sich von den erbsengrünen Sitzkissen, welche die hölzernen Bänke und Stühle, wenn schon nicht stilvoller, so doch wenigstens ein bisschen bequemer machten.
»Die Kovacs soll übrigens sehr gewissenhaft gewesen sein, was ihre Recherchen anging. Ich bin schon gespannt auf ihre Artikel. Die Chefredakteurin hat versprochen, mir alle zu mailen. Außerdem bekommen wir einen Zugang zum elektronischen Archiv«, berichtete Sandra, während sie dem Ausgang zustrebten. Die ersten hungrigen Männer und Frauen, von denen die meisten in den holzverarbeitenden Betrieben der Region oder in der Bezirkshauptstadt Murau beschäftigt waren, kamen ihnen entgegen. Es hatte sich also herumgesprochen, dass es sich für Mizzis exzellente und günstige Hausmannskost lohnte, aufs Kantinenessen zu verzichten und ein paar Extra-Kilometer und -Euros in Kauf zu nehmen. Dabei war es doch meistens Vilko, der Slowene, der die steirischen Schmankerln in der ›Goldenen Gans‹ so delikat zubereitete.
»Bleibst du übers Wochenende hier?«, fragte Bergmann, nachdem sie in den Wagen gestiegen waren.
Sandra schnaubte verächtlich. »Das glaube ich kaum. Nach einem Mittagessen mit meiner Mutter kann ich es normalerweise nicht erwarten, von hier weg zu kommen.«
Bergmann sah schweigend aus dem Fenster.
»Tja, die Verwandtschaft kann man sich eben nicht aussuchen«, sagte Sandra. Genauso wenig wie die Kollegen, setzte sie gedanklich hinzu. Obwohl sie Bergmann heute gar nicht als so unangenehm empfand wie sonst.
»Du musst dich doch nicht mit jemandem abgeben, nur weil du mit ihm verwandt bist«, meinte er.
»Sie ist immerhin meine Mutter.«
»Na und? Das gibt ihr noch lange nicht das Recht, dir dein Leben zu
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