Steirerblut
ihre Gedanken. Sie blickte hinüber zur Nichtraucherstube und erkannte Max’ Bruder Matthias, der mit Frau und Kleinkind zu Abend aß.
»Matthias, hallo!« Sie winkte ihm zu und ging hinüber. »Was für eine Überraschung«, sagte sie, als er aufstand, um sie auf die Wangen zu küssen. Er hatte einige Kilos zugelegt, seitdem sie sich das letzte Mal begegnet waren.
»Max hat schon erwähnt, dass du hier bist, um zu ermitteln. Darf ich euch bekannt machen? Das ist Anita, meine Frau, und das ist die Leni, unser Schatzl«, stellte Matthias stolz seine kleine Familie vor.
»Ich bin Sandra Mohr. Guten Abend.« Sandra streckte der hübschen, zierlichen Dunkelhaarigen die Hand entgegen.
»Freut mich sehr. Matthias und Max haben schon viel über Sie erzählt«, erwiderte Anita und schüttelte Sandra die Hand.
»Nur Gutes natürlich«, versicherte Matthias mit einem Augenzwinkern. Leni saß im Hochstuhl und lachte Sandra vergnügt an.
»Du scheinst dein Glück ja gefunden zu haben. Das freut mich wirklich sehr für dich«, wandte sie sich wieder an Matthias.
»Ja, das kann man wohl sagen. Ich hoffe, es geht dir auch gut«, erwiderte er. So viel Glück war ja kaum auszuhalten. Der Mann strahlte bis über beide Ohren.
»Geht so. Viel zu tun hab ich im Moment halt«, sagte Sandra.
»Dass so was Schreckliches bei uns im Ort überhaupt passieren kann«, warf Anita sichtlich betroffen ein.
Auch Matthias’ Dauerstrahlen war mit einem Mal einer besorgten Miene gewichen. »Ja, schrecklich. Habt ihr denn schon eine Spur?«
»Wir stecken mitten in den Untersuchungen. Du verstehst sicher, dass ich darüber nicht reden darf.«
»Schon klar. Ich hoffe, ihr findet das Schwein bald. Ich trau mich ja kaum noch, meine Familie allein zu lassen.«
»Es schadet sicher nicht, in nächster Zeit ein bisschen aufmerksamer und vorsichtiger zu sein als sonst. Obwohl ich nicht glaube, dass unmittelbare Gefahr für Leib und Leben besteht. Aber wenn euch irgendetwas oder irgendjemand merkwürdig vorkommt, ruft am besten gleich in der Inspektion an.«
»Das machen wir, Sandra. Viel Glück wünsch ich dir.«
»Danke. Das nötige Quäntchen Glück kann ich immer gut gebrauchen. Hat mich sehr gefreut, Anita … vielleicht sehen wir uns ja demnächst mal wieder. Wie es aussieht, werde ich wohl noch einige Zeit hier verbringen.«
Matthias’ Miene hellte sich schlagartig wieder auf. »Was hältst du davon, wenn wir Sandra zum Essen zu uns nach Hause einladen?«, fragte er Anita.
»Bitte, macht euch keine Umstände wegen mir«, winkte Sandra ab.
»Aber nein! Das ist eine wunderbare Idee. Der Max kommt sicher auch gern rüber. Was halten Sie von Donnerstagabend?«
»Bitte, Anita. Sagen Sie Du zu mir.«
»Sehr gerne.«
»Mal sehen. Ich weiß noch nicht, wie sich die Dinge entwickeln.«
»Am besten, du gibst Max irgendwann Bescheid, ob es sich bei dir ausgeht. Wir würden uns wirklich sehr über deinen Besuch freuen.«
»Das ist nett von euch, vielen Dank. Also, dann: Ich muss rüber. Mein Kollege wartet schon auf mich.« Sandra verabschiedete sich und nahm wenig später gegenüber von Bergmann Platz. Das frische weiße Hemd stand ihm besser als der übliche Schmuddel-T-Shirt-Jeans-und-Turnschuh-Look, stellte sie fest. Schade nur, dass er manchmal so ein Kotzbrocken war. Obwohl er immer öfter auch seine netten Momente hatte.
Kapitel 3
Samstag, 18. September
Sandra fühlte sich schwer wie Blei, als sie sich im Bett umdrehte, um nach dem Handy zu greifen, das wie immer auf dem Nachtkästchen zu ihrer Linken lag. Das Display zeigte neun Uhr einunddreißig an, und Sandra beschloss, ihrer Müdigkeit nachzugeben und noch eine Weile vor sich hin zu dösen. Schließlich war heute Samstag und das Einzige, was auf dem Programm stand, war das Mittagessen bei der Mutter. Schlimm genug. Außerdem war Sandra ziemlich schlecht. Die dritte Flasche Zweigelt, die sie vergangene Nacht mit Bergmann geleert hatte, war eindeutig zu viel des Guten gewesen. Sie wusste nicht einmal mehr, wie sie von seinem Zimmer in ihres gelangt war. Das Letzte, woran sie sich erinnern konnte, war der Blick auf ihr Handydisplay um drei Uhr und noch etwas, rekapitulierte sie. Danach war der Film gerissen. Das war ihr seit Ewigkeiten nicht mehr passiert. Zum letzten Mal bei der Feier nach dem erfolgreichen Abschluss der Polizeischule. Wie peinlich! Hatten sie und Bergmann etwa …? Erschrocken riss sie die Augen auf. Nein, nie und nimmer! Daran würde sie sich doch
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