Steirerblut
kümmern. Ich finde schon heraus, mit wem sie alles sexuellen Kontakt hatte. Was hat sie denn sonst noch so geschrieben, die Kovacs?«
»Ich habe dir alle ihre Artikel weitergemailt. Ach so: Was ist denn jetzt mit deinem Laptop?«
»Den sollte ich heute noch repariert zurückbekommen. Wir können die Texte dann gerne später gemeinsam im Gasthof durchgehen.«
»Aber bitte nachdem ich joggen war. Ich muss mich endlich wieder einmal bewegen«, sagte Sandra.
»Mit oder ohne deinen Max?«
Wie aufs Stichwort betrat Max das Büro, um Sandra die Adressen der Zeugen und Bergmann den reparierten Laptop auszuhändigen. Bergmann bedankte sich beinahe überschwänglich, während Sandra nur ein knappes »Danke schön« über die Lippen kam. Sie war noch immer wütend auf ihn.
»Habt ihr euch denn gar nicht mehr lieb?«, zog Bergmann sie auf, nachdem der uniformierte Kollege das Zimmer wieder verlassen hatte.
Sandra ignorierte auch diese Bemerkung. »Lass uns die Zeugen vom Stammtisch befragen. Und dann die Oberhausers zur Rede stellen. Die glauben wohl, sie können uns verarschen.«
»Dass du so hartherzig sein kannst«, stichelte Bergmann weiter.
»Sascha, lass es gut sein für heute.«
»Für heute … okay«, gab er sich geschlagen.
Die Aussagen der drei Zeugen, die in der Mordnacht bis kurz vor Mitternacht am Stammtisch der ›Goldenen Gans‹ das eine oder andere Bier in Kombination mit dem einen oder anderen Zirbenschnaps getrunken hatten, stimmten miteinander überein: Nachdem Mike gegen zweiundzwanzig Uhr das Wirtshaus angeschlagen und nicht gerade nüchtern verlassen hatte, hatte sich Max ein kleines Bier gegönnt und war anschließend wieder von dannen gezogen. Danach hatte Michl der Fremden noch ein Viertel Zweigelt spendiert und ihr Gesellschaft geleistet, bevor sie sich um halb zwölf verabschiedet hatte, um schlafen zu gehen. Zur Sperrstunde um zwölf Uhr hatte Michl schließlich die letzten Stammgäste hinauskomplimentiert und war danach selbst zu Bett gegangen. Mehr war über die Tatnacht nicht zu erfahren. Bisher jedenfalls nicht.
Nach ihrer Zeugenbefragung trafen Sandra Mohr und Sascha Bergmann gegen achtzehn Uhr bei der ›Goldenen Gans‹ ein. Franziska Edlinger hob gerade ihr Fahrrad aus dem Ständer neben dem Haupteingang.
»Hallo, Franzi! Sag, sind die Mizzi und der Michl da?«, wollte Sandra wissen.
»Die Mizzi ist in der Kuchl, und der Michl ist hinten beim Mephisto.« Franziska bestieg ihr Fahrrad.
»Dank dir, und schönen Feierabend!«
»Dir auch. Gibt’s leicht Neuigkeiten?«, fragte Franziska nervös wie meistens.
»Nein, nein. Nichts Wichtiges. Pfiat di Gott, Franzi!«, sagte Sandra.
»Pfiat euch Gott!«, verabschiedete sich Franziska und trat mit ihren kräftigen Beinen in die Pedale. Ihrem Knöchel ging es scheinbar besser. Oder aber er schmerzte beim Radfahren nicht so sehr wie beim Gehen.
»Ich lauf jetzt mal eine Runde«, sagte Sandra zu Bergmann. »Kommst du mit?«
»Nein, danke. Laufen hab ich schon in der Früh erledigt.«
»Wie? Schon vor dem Frühstück?«, fragte Sandra überrascht.
»Senile Bettflucht«, scherzte er mit einem Achselzucken.
»Aber so zeitig ist es doch noch dunkel.«
»Das macht mir nichts aus. Ich laufe ohnehin entlang der Hauptstraße. Da sieht man genug.«
Sandra war Morgensport ein Gräuel. Ihr Körper kam frühestens zu Mittag in Schwung. »Treffen wir uns um halb acht in der Gaststube?«, schlug sie vor.
Bergmann stimmte zu und begleitete sie hinauf zu den Zimmern.
Als Sandra zur vereinbarten Zeit in engen Jeans und Kapuzen-Sweater die Gaststube betrat, hatte sich die Dorfjugend bereits an einem der Tische bei Bier und Wodka Red Bull versammelt. Vier junge Männer spielten Bauernschnapsen, zwei Mädchen um die zwanzig sahen ihnen dabei zu. Eigentlich verwunderlich, dass sie der Tradition ihrer Vorfahren folgten und nicht zeitgemäßeren Freizeitbeschäftigungen nachgingen, wie etwa dem Computerspielen, überlegte Sandra. Seit sie denken konnte, hatten sich die Jungen am Freitagabend bei der Mizzi versammelt, bevor sie mit ihren getunten Boliden in die nächstbeste Landdiskothek aufgebrochen waren, um dort abzufeiern. Mike war diesmal nicht mit von der Partie. Entweder war er mit seinen fünfundzwanzig Jahren endgültig zu alt für dieses zweifelhafte Vergnügen, oder sein blaues Auge hielt ihn davon ab, daran teilzunehmen. Obwohl er sich damit womöglich erst recht männlich fühlte.
»Sandra?«, unterbrach eine Männerstimme
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