Steirerblut
hatte. Aber musste er ausgerechnet mit der nächstbesten Kollegin vögeln? Plötzlich fiel ihr ein, dass sie vor Kurzem dasselbe getan hatte. Nein! Das war doch ganz etwas anderes, widersprach sie sich selbst. Immerhin hatte sie mit Max jahrelang eine Beziehung geführt.
Nach der Morgentoilette zog Sandra ihren orangefarbenen Pulli an, der beinahe dieselbe Farbe hatte wie Max’ Hemd von gestern. Wieder überkam sie dieses wohlige Kribbeln. Und kurz danach das schlechte Gewissen. Hoffentlich hatte sie Max nicht erneut das Herz gebrochen. Wie konnte ein g’standenes Mannsbild wie er nur so naiv sein? Hatte er wirklich gedacht, dass sie ihn wegen einer intimen Begegnung gleich heiraten würde? Sandra seufzte, packte ihre Sachen in die Reisetasche und ließ ihren Blick durchs Zimmer schweifen. Mit einem Satz warf sie sich aufs Bett und wälzte sich von links nach rechts und wieder zurück. Dann schlug sie die Decke auf und trommelte mit beiden Fäusten auf den Polster ein. Weder Mizzi noch Franzi oder Branka sollten wissen, dass sie die Nacht nicht hier verbracht hatte. Das würde nur unnötiges Gerede geben. Womöglich unterstellten sie ihr noch eine Affäre mit Bergmann! Die Spuren in seinem Bett sprachen sicher Bände. Noch einmal wanderte ihr Blick durch den Raum, und sie stellte fest, dass sie nichts vergessen hatte. Dann nahm sie ihre Tasche und verließ das altmodisch eingerichtete, abgewohnte Zimmer, hoffentlich zum letzten Mal.
Bergmann rührte gedankenverloren in seinem Kaffee, als Sandra die Stube betrat. »Guten Morgen, Mizzi! Morgen, Franzi! Einen Tee mit Zitrone für mich, bitte«, grüßte Sandra im Vorbeigehen.
»Möchtest du auch ein weiches Ei?«, erkundigte sich Mizzi.
»Nein danke.« Sandra nahm grußlos den Platz gegenüber ihrem Kollegen ein.
»Steht dir ganz hervorragend«, murmelte Bergmann und trank einen Schluck von seinem Kaffee.
»Meinst du die Farbe?«, fragte Sandra verwundert und zupfte am Ärmel ihres Pullis. Dass Bergmann ihr ein Kompliment machte, war neu.
»Eigentlich meinte ich den Sex, den du vergangene Nacht hattest. Muss verdammt gut gewesen sein. Ich hab dich noch nie so strahlend gesehen. Du solltest öfter …«
»Du bist so ein …«, unterbrach Sandra ihn empört, »woher willst du überhaupt wissen …? Ach, halt doch einfach die Klappe, Bergmann. Und kehr vor deiner eigenen Tür«, antwortete sie verärgert.
Bergmann grinste und nahm ein Salzstangerl aus dem Brotkörbchen. »Also, wie war er nun, dein strammer Max?«, bohrte er weiter.
Sandra griff schweigend nach einer Langsemmel im Brotkorb. Was bildete sich dieser Mensch nur ein? Mit wem sie Sex hatte, ging ihn überhaupt nichts an. Sie ging zum Angriff über. »Und du? Musstest du ausgerechnet Blondie flachlegen?«, drehte sie den Spieß um.
»Blondie? Die Frau hat einen Namen. Sie heißt Petra. Petra Schreiner. Nicht Blondie«, erwiderte Bergmann gespielt vorwurfsvoll und grinste noch breiter als zuvor. Offenbar freute er sich diebisch, dass sie jenen primitiven Spitznamen gebrauchte, für den sie ihn schon mehrmals gerügt hatte. Eins zu null für ihn, ärgerte sich Sandra, während Franziska den Tee für sie und zwei weich gekochte Eier im Glas für Bergmann brachte.
Sandra beschloss, das Thema zu wechseln. Weder wollte sie ihr Sexualleben vor Bergmann ausbreiten noch interessierte sie sich für das seine. »Könnten wir uns bitte wieder auf unseren Fall konzentrieren?«
»Nennt man diese Langsemmeln nicht auch Futsemmerl hier?«, erwiderte Bergmann und biss genüsslich in sein Salzstangerl, das er zuvor in den Dotter getunkt hatte.
»Sascha, es reicht jetzt«, warnte sie ihn.
»Okay, okay«, gab er sich endlich geschlagen.
»Hast du etwas über Mikes Foto herausgefunden?«, lenkte Sandra das Gespräch in berufliche Bahnen.
»Das Foto ist definitiv hier entstanden. Dort drüben hängt eindeutig dieses Samson-Dingsbums-Bild«, meinte Bergmann mit vollem Mund, während er mit der Spitze seines Salzstangerls zur Wand hinter dem Stammtisch deutete.
Sandra sah hinüber. »Und? Wer hat es fotografiert?«, erkundigte sie sich.
Bergmann schluckte hinunter. »Du kennst doch deine Pappenheimer«, antwortete er so laut, dass Mizzi an der Schank es hören musste. »Keiner will sich an etwas erinnern, was dem anderen auch nur irgendwie schaden könnte.«
Mizzi warf ihm einen giftigen Blick zu und verschwand dann in der Küche.
»Vielleicht hätte ich bei der Befragung doch dabei sein sollen«, überlegte
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