Steirerblut
und jeden überprüft.«
»Möglicherweise war das noch nicht genug.« Bergmann kratzte sich wie so oft, wenn er nachdachte, am Kinn. »Ich muss jetzt dringend eine Zigarette rauchen. Das hilft mir beim Denken«, sagte er und verschwand aus dem Büro.
»Bloß nicht noch einmal nach St. Raphael fahren«, murmelte Sandra vor sich hin. Dann griff sie zum Telefonhörer und wählte die Durchwahl der Computerabteilung.
»›Evitas‹ Chat-Kontakte gehen voraussichtlich heute am späten Nachmittag per E-Mail an Bergmann«, versprach der Computerexperte am anderen Ende der Leitung.
»Sehr gut. Dann schick sie mir bitte cc«, bat Sandra.
»Aber Bergmann wollte sie zuerst persönlich sehen«, wandte der Kriminaltechniker ein.
»Das hat er doch nicht wörtlich gemeint. Du weißt ja, dass ich diejenige bin, die eure Daten immer zuerst anschaut«, erklärte sie.
»Nichts für ungut, Sandra. Das soll Bergmann mir selber sagen. Dann schick ich dir die Daten umgehend rüber. Bis später.« Damit war das Gespräch beendet.
Sandra konnte es nicht fassen. So ein I-Tüpfelreiter! Was glaubte er denn, was Bergmann mit den Daten vorhatte? Sie hatten doch keine Geheimnisse voreinander. Zumindest keine, die den Fall betrafen. Bergmann und sie arbeiteten miteinander und nicht gegeneinander. Sie zogen beide an einem Strang. Zum ersten Mal wurde Sandra bewusst, dass aus dem arroganten Kotzbrocken und ihr inzwischen ein Team geworden war. Selbst wenn sie von der Aufklärung ihres ersten großen Falls noch meilenweit entfernt zu sein schienen, so waren sie doch wenigstens auf einem guten gemeinsamen Weg.
Bergmann kehrte mit einem Becher Kaffee aus der Zigarettenpause zurück, und Sandra berichtete ihm, dass die Chat-Kontakte des Mordopfers für den Nachmittag angekündigt worden waren. Sie bat ihn, das Missverständnis mit dem Computerheini aus der Welt zu schaffen, damit auch sie die Daten möglichst ohne Zeitverzögerung erhalten würde. Bergmann nickte und hob die Umleitung seiner Anrufe ins Sekretariat wieder auf. Bevor er noch dazu kam, sein Passwort in den Computer zu tippen, klingelte sein Telefon. Nach einem kurzen Blick auf das Display ließ er es weiterläuten, nahm einen Bleistift und drehte diesen mehrmals im Spitzer herum. Immer wieder überprüfte er die Mine, die längst spitz genug war, bis der Apparat wieder verstummte. Bei der dritten Klingelattacke, die er beharrlich ignorierte, riss Sandra der Geduldsfaden. »Willst du nicht endlich abheben, Sascha? Das ständige Telefonklingeln nervt gewaltig. Ich kann mich nicht konzentrieren«, beschwerte sie sich.
»Sorry. Einen kleinen Moment noch, ja?«, entschuldigte er sich und wartete erneut, bis das Telefon zu läuten aufhörte. Dann legte er den Bleistift beiseite und leitete das Telefon kommentarlos wieder ins Sekretariat um. Sandras fragenden Blick ignorierte er, wie es so seiner Art entsprach, und nahm Bleistift und Spitzer wieder auf.
Jetzt klingelte Sandras Telefon. Die Teamassistentin bat sie, Bergmann auszurichten, er möge dringend Frau Petra Schreiner zurückrufen und wollte ihr die Telefonnummer durchgeben.
»Nicht nötig. Sascha hat die Nummer ganz bestimmt«, meinte Sandra und legte auf. Du feiger Hund, dachte sie und sah zu ihrem Kollegen hinüber. Bergmann hatte Bleistift und Spitzer endlich beiseitegelegt und starrte nun in seinen Monitor.
»Sascha?«
»Hm?«
»Du sollst Petra Schreiner zurückrufen.«
»Wen?«, fragte er abwesend.
»Petra … Blondie. Du erinnerst dich?«
»Ach ja. Blondie«, erwiderte er mit einem typischen Bergmann-Grinsen.
»Sie wird nicht aufhören, dich zu nerven, solange du nicht Klartext mit ihr redest.«
Bergmann seufzte. »Warum müsst ihr Frauen bloß immer so hartnäckig sein?«, fragte er.
Sandra musste schmunzeln. Dass Männer ihrer Erfahrung nach auch nicht viel besser waren, behielt sie lieber für sich. Bergmann hatte ohnehin schon viel zu viel von ihrem Privatleben mitbekommen.
»Weißt du was? Wir sollten Blondie mit dem strammen Max verkuppeln«, schlug Bergmann vor, »dann hätten wir beide unsere Ruhe.«
Woher wusste er, dass sie von Max in Ruhe gelassen werden wollte? Manchmal kam es ihr vor, als ob Bergmann ihre Gedanken lesen konnte, während sie bei ihm meistens im Dunkeln tappte. Dabei hatte sie immer gedacht, über eine gute Menschenkenntnis zu verfügen. Bei Bergmann versagte ihre Fähigkeit anscheinend. Doch sie war zuversichtlich, dass sie mit der Zeit schon noch dahinterkommen würde, was
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