Sten 7 - Vortex - Zone der Verraeter
einer von ihnen die Flucht des Imperators unter diesem Gesichtspunkt betrachtet. Das war falsches Denken. Aber diese Art von falschem Denken führte zu verräterischen Schlußfolgerungen.
»Wir müssen uns alle zusammentun«, sagte Douw. »Zum ersten Mal in unserer Geschichte müssen wir gemeinsam für eine Sache kämpfen. Es geht um die gerechte Sache. Unsere Soldaten sind tapfer. Alles was wir brauchen, ist ein fester Wille.«
Am Tisch herrschte eine lange Stille. Über ihren Köpfen war ein Vogel mit dem Bau seines Nestes beschäftigt.
Tress erhob sich. »Ich werde mit meinen Kameraden sprechen«, sagte er.
»Und was werden Sie ihnen sagen?« fragte Douw. »Daß wir kämpfen werden. Gemeinsam.«
Der Scharfschütze machte Cind immer noch zu schaffen.
»Was soll's, Mädel«, meinte Alex. »Die Glotzaugen des Schützen werden nie mehr irgendwas sehen.«
»Bei den gefrorenen Arschbacken meines Vaters, du stehst manchmal aber auch auf dem Schlauch.«
»Jetzt fluchst du wieder mit deiner heidnischen Bhor-Zunge.
Ohne jeden Respekt für deinen armen, grauhaarigen Mentor.
Schande über dich, Kleines.«
»Komm schon, Alex. Wie kam er in den Palast? Wieso konnte er vom günstigsten Fenster aus schießen? Wieso hatte er so viel Zeit, alles vorzubereiten und herauszufinden, wo genau Sten sitzen würde? Und wie konnte er dann obendrein noch den Fluchtweg vorbereiten?«
»Ein Team von uns tut nichts anderes, als alle Pläne der Aufständischen von vorne nach hinten und wieder zurück durchzukauen, kleine Cind.«
»Völlig hoffnungslos«, erwiderte Cind. »Viel zu viele Verdächtige. Zu viele Kombinationsmöglichkeiten. Da haben sie mehr Chancen, in der Imperialen Lotterie zu gewinnen.«
»Und du glaubst, daß du es besser kannst, was?«
Cind dachte einen kurzen Moment nach und nickte dann.
»Klar. Die schauen alle in die verkehrte Richtung. Der Typ war ein Profi. Von seiner Schußposition über das alte Gewehr, das er sich ausgesucht hat, bis zu den handgegossenen Kugeln.«
»Na gut. Dein toter Schütze war ein Profi. Nichts Ungewöhnliches für einen Scharfschützen. Was macht dich denn noch stutzig?« Gegen seinen Willen wurde Kilgour nun doch hellhörig. Vielleicht war Cind doch auf der richtigen Spur.
»Zwei Dinge. Das erste ist eine persönliche Sache. Er hat versucht, Sten zu töten. Verdammt, es wäre ihm fast gelungen!«
Kilgour wußte das natürlich, machte »ts-ts« und bat mit einer Geste um den nächsten Punkt.
»Was ich mir wirklich überhaupt nicht erklären kann, ist, warum er der einzige Scharfschütze war«, fuhr Cind fort. »Das ergibt keinen Sinn. Unter den Umständen hätte da eine ganze Fußballmannschaft von Scharfschützen auf dem Dach stehen sollen. Oder überhaupt keiner. Falls es nicht jemanden gab, der kein Risiko eingehen wollte, was den Tod bestimmter Personen angeht.
So weit, so gut. Auf Iskra brauchte er sich nicht mehr zu konzentrieren. Der Leichenbeschauer hat uns gesagt, daß Iskra bei der Attacke auf die Tribüne getötet wurde. Dieselbe Attacke ließ Sten jedoch unverletzt. Also ... Whamm! versucht er ihn selbst aus dem Verkehr zu ziehen. Dank dir und deinem Kettenhemd-Schneider hat das aber nicht funktioniert. Und trotzdem ...«
Alex war nachdenklich geworden. »Stimmt... da steckt irgendwie mehr dahinter.«
»Mehr wovon?« ertönte Mahoneys Stimme. »Was brütet ihr beide denn da aus?«
Sie wirbelten herum und sahen, daß Ian eingetreten war.
Cind war daran gewöhnt, daß sich große Wesen geräuschlos bewegten. So wie Alex. Oder ihre Bhor-Kameraden. Aber Mahoney überraschte sie immer noch. Nicht nur deshalb, weil er ... nun, schon ein reiferer Mann war. Mit seinem massigen irischen Körper und dem runden freundlichen Gesicht machte er einfach nicht den Eindruck, daß er sich wie eine Katze um die Ecke herum in Räume hineinschleichen konnte.
Sie nahm Haltung an und begrüßte ihren vorgesetzten Offizier. Mahoney winkte ab. »Verraten Sie mir nur, was Sie beide da ausgeheckt haben.«
Cind teilte ihm alles über den geheimnisvollen Scharfschützen mit. Mahoney hörte aufmerksam zu und schüttelte dann den Kopf. »Es ist ein interessantes Geheimnis, da stimme ich Ihnen zu«, sagte er schließlich. »Und der Mann war bestimmt ein Profi. Mit anderen Worten, man hat ihn angeworben. Was wiederum bedeutet, wer immer ihn auch angeheuert hat, hat es sicherlich incognito getan. Wenn Sie also herausfinden, wer dieser Scharfschütze war, dann führt Sie das auch nicht weiter.
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