Sten 8 Tod eines Unsterblichen
der sich sehr wohl an die bescheidenen Wurzeln seiner Herkunft erinnert. Ein
ungeschliffenes Genie, das unaufhörlich nach besseren Lebensbedingungen für alle suchte.
Einiges davon entsprach sogar der Wahrheit.
Innerhalb von zehn Jahren hatte er ein
kommerzielles Imperium geschaffen, größer als alles zuvor Dagewesene. Neue Ideen und neuer
Unternehmungsgeist hatten neue Industrien hervorgebracht, die pausenlos Waren ausspuckten zu Preisen, die es jedem ermöglichten, an dieser neuen Welt teilzuhaben. Nahrungsmittel ergossen sich in bislang ungekannter Fülle aus gigantischen landwirtschaftlichen Kombinaten. Wissenschaft und Erfindungsgeist explodierten förmlich. Raumsonden überbrückten gewaltige Entfernungen. Auf einer Vielzahl von Welten wie Port Richards waren Terraforming-Ingenieure dabei, der Föderation neue Gebiete zu erschließen. Selbst die Künste florierten in diesem Klima der frei fließenden Ideen und Gelder. Es bestand kein Zweifel daran, daß Kea Richards der Motor hinter all diesen Veränderungen war. Und AM2 war der Stoff, der diesen Motor am Laufen hielt. Das Robotliefersystem war erprobt und verbessert worden. AM2 wurde regelmäßig Und in riesigen Mengen herbeigeschafft - ohne daß auch nur der Hauch einer Chance bestand, etwas über die Quelle herauszufinden.
Natürlich hatte er auch Feinde. Viele Feinde. Kea beobachtete, wie einer seiner Wachleute einen Schnüffler auf den Pfad vor ihnen richtete, um ihn nach Fallen abzusuchen. Er teilte seine Feinde in drei Kategorien ein: die Idealisten, die Neider und die Verrückten. Die Idealisten ermutigte er.
Besonders die schwachen. Freie Meinungsäußerung und öffentliche Debatten verliehen seiner Regierung eine wunderbar demokratische Patina. Mit den Neidern kooperierte er, oder er vernichtete sie. Die Verrückten hingegen ... Kea sah, wie zwei weitere Wachen mit schußbereiten Waffen zum Hügelkamm sprinteten ... Tja, hinsichtlich der Verrückten konnte man nicht viel tun. Man konnte sich nur in acht nehmen.
Keas Verstand bestätigte ihm, daß er innerhalb von zehn Jahren ein Wunder vollbracht hatte; innerhalb zweier Amtszeiten. Fazlurs Prophezeiung, AM2 würde die bekannte Welt auf den Kopf stellen, hatte sich als geradezu pessimistisch erwiesen.
Nachdem Richards die Macht übernommen hatte, war die Welt sogar von innen nach außen gestülpt worden. Doch seine Eingeweide revoltierten dagegen. Sieh dich vor, sagten sie. Wenn du jetzt aufhörst, ist alles verloren. Alles wird sich wieder umkehren. Die Bargetas und ihresgleichen werden wieder alles an sich reißen.
Und dann kehrt alles in die Bahnen inzüchtiger Stagnation zurück. Einige der alten Familien saßen noch immer auf der Erde und warteten ab. Das waren einige der Neider, denen Kea bis zu einem gewissen Punkt ihren Willen ließ. Sollten sie doch ihre altmodischen Fabriken weiterbetreiben. Sollten sie weiterhin ihren Dreck in die Atmosphäre des Planeten blasen. Sollten sie weiterhin den Armen, die auf der Erde verblieben, das Kreuz brechen.
Jeden Tag meldeten sich Hunderte von Freiwilligen zur Auswanderung von der Erde, begaben sich an Bord von Schiffen, die Kea Richards mit AM2
ausstattete, entflohen dem Chaos und dem Elend, das Keas Widersacher veranstalteten, hin zu neuen Welten, die ihnen ihr Präsident erschlossen hatte.
>Es geht zu schnell<, dachte Kea. >So schnell und so reibungslos. Innerhalb von zehn Jahren wird sich das, was ich heute erreicht habe, verdoppeln. In fünfzig weiteren Jahren ... wer weiß? Schade, daß ich es nicht mehr miterleben kann.< Bei diesem Gedanken tat sich eine tiefe, gähnende Grube in Keas Magen auf. Sie war so abgrundtief wie diejenige, die er verspürt hatte, als Fazlur vorschlug, in das andere Universum überzuwechseln. Wie sehr er sich wünschte, mitansehen zu dürfen, wie sich alles entwickelte!
Von der anderen Seite des Hügels ertönte ein donnerndes Grollen. Kea eilte zum Kamm hinauf. Er sah, wie sich ein offizielles Schiff der Föderation in seine Parkbucht senkte. Rings um es herum erstreckte sich die gewaltige, noch frische Wunde des neuen, in aller Eile errichteten Raumhafens von Port Richards. In dem Schiff befand sich die offizielle Delegation des Wahlgremiums der Föderation. Sie kamen, um ihm zu sagen, daß die Leute darum gebeten hatten, ihn weiterhin als Präsidenten zu behalten. Nicht nur für eine dritte Amtsperiode. Nicht nur für die nächsten fünf Jahre.
Kea Richards war zum Präsidenten auf
Lebenszeit gewählt
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