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Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Titel: Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Fluegge
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ehemaligen Premierminister Camille Chautemps und andere. André Breton war gegen jeden Krieg, verachtete alle »Vaterländer«, blieb konsequent bei seiner pazifistischen Einstellung, vor wie nach 1945.
    Am 9. November 1942 traf Vitia Hessel in London ein; von den 24 Schiffen ihres Konvois waren neun durch deutsche Angriffe verlorengegangen. In ihrer kurzen Ehe hatten Stéphane und Vitia bisher nur wenig gemeinsame Zeiten gehabt. Erst hier im London der Kriegsjahre lernten sie das Zusammenleben, trotz der Umstände war es eine glückliche Periode. In dieser Phase der kargen Ernährung erfanden die Engländer den »spam«, den Schinkenersatz, über den der Komiker Pierre Dac viele Witze machte. Dac fungierte auch als Sprecher bei der französischen Welle des Londoner Rundfunks, wo er sonderbar poetische Sätze verkündete, die in Wahrheit geheime Botschaften für die Résistancewaren. Die Poesie bekam eine ganz andere Funktion in diesen harten Zeiten.
    Vitia arbeitete nun ebenfalls im gaullistischen Geheimdienst. Ihre Aufgabe bestand darin, die Verbindung zu halten zwischen dem operativen BCRA und der politischen Abteilung der Gaullisten, deren Leiter Jean-Louis Crémieux-Brilhac und Georges Boris enge Freunde der Hessels wurden. Über sie ergab sich der Kontakt zu Pierre Mendès-France, der als Abgeordneter im Juli 1940 gegen die Vollmacht für Marschall Pétain gestimmt hatte, später verhaftet wurde, jedoch aus dem Gefängnis in Clermont-Ferrand entkam und sich nach England durchschlug.
    Die Résistance stellte keineswegs eine homogene Gruppe dar. Politische Rivalitäten und persönliches Misstrauen waren ihren Anhängern nicht fremd. Sie kamen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreisen, hatten ganz unterschiedliche Orientierungen, die Palette reichte von den Nationalisten bis zu den Sozialisten; allein die Kriegssituation zwang sie in eine Koalition. De Gaulle versuchte, alle unter seiner Führung zu vereinen, insbesondere die Widerstandsbewegungen in Frankreich, die aber ihre eigenen Interessen hatten. Seit die französischen Kommunisten im Juni 1941 nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion ihre abwartende Haltung aufgegeben hatten und endlich der Résistance beigetreten waren, hatte sich das politische Spektrum erweitert und die Koalitionsfrage kompliziert.
    De Gaulles Emissär Jean Moulin schaffte es bis 1943, die Résistance-Gruppen zusammenzuführen, was nicht ohne Streit und politische Konzessionen ging. Stéphanes Freund Daniel Cordier war Moulins Sekretär im besetzten Frankreich geworden, nachdem er im Juli 1942 mit dem Fallschirm abgesprungen war. Als Moulin im Juni 1943 durch Verrat den Deutschen in die Hände fiel, konnte sich Cordier retten. Viele Konflikte und Polemiken der Nachkriegszeit gehen auf Rivalitäten aus den Résistance-Jahren zurück.Auch die Frage, wer an der Verhaftung Jean Moulins schuld war, konnte nie eindeutig geklärt werden. Dieser entzog sich seinen Häschern und Folterern durch Selbstmord und wurde nach dem Krieg zur Symbolfigur der Résistance verklärt.
     
    Ende 1943 wurde Stéphanes Dienststelle fast vollständig nach Algier verlegt, dem neuen Sitz des Französischen Befreiungskomitees. Nordafrika war seit Ende 1942 in der Hand der Alliierten. Auch Tony Mella ging nach Algier, während Stéphane und Vitia in London blieben. Mella beschwor Stéphane, nicht den Helden zu spielen. Aber der hatte längst beschlossen, sich auf eine Mission nach Frankreich schicken zu lassen. Er kam sich feige vor, reine Büroarbeit zu leisten, während seine Emissäre ihr Leben riskierten und oft genug auch verloren. Neugier, Abenteuerlust und Pflichtgefühl kamen da wohl zusammen.
    Anfang 1944 war klar, dass es bald eine Landung der Alliierten an der französischen Küste geben würde, um auf dem Kontinent eine zweite Front zu errichten. Nur Ort und Zeitpunkt blieben streng geheim. Im Vorfeld mussten einige Funknetze, die brüchig geworden waren, verbessert werden. Der schnellen und sicheren Übermittlung von Informationen kam bei einer Landeoperation der Alliierten große Bedeutung zu.
    Vitia durfte Stéphane in das ultrageheime Landhaus begleiten, in dem der englische Major Bertram und seine rothaarige Frau alle Agenten der SOE vor ihrem Aufbruch nach Frankreich beherbergten. Drei Tage hieß es abwarten, eine Zeit außerhalb der Zeit, im Wortsinn die Stille vor dem stürmischen Einsatz. Unterdessen galt es, Terrains für nächtliche Landungen zu suchen, deren Termin von den

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