Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman
Papst in den Wald?«
»Okay, okay! Entschuldige, dass ich gefragt hab. Es ist nur so, dass wir von jetzt an mit dem, was wir tun, ein sehr großes Risiko eingehen. Bist du sicher, dass du heute Abend dabei sein möchtest, Jake? Wenn irgendetwas schiefgeht, könnte ich mich vielleicht da noch rausreden. Ich bin bloß ein Angestellter, aber du bist der mandante , wie man hier sagt. Es wäre für dich vielleicht klüger, im Hotel zu bleiben und schnell zu deinem Jet zu laufen und zu sehen, dass du hier rauskommst, falls die Leuchtkugeln hochgehen.«
»Auf gar keinen Fall. Ich habe über ein Jahr auf diesen Moment gewartet. Jetzt zu kneifen wäre so, als würde man zu den eigenen Flitterwochen nicht auftauchen.«
»Oder zum eigenen Begräbnis.« »Lass dich von dieser Übelkeit beim Autofahren nicht unterkriegen, Mart!«
Tom Newman kam angeschlichen. »Entschuldigen Sie die Störung, aber das Essen steht auf dem Tisch. Crostini rossi piccanti, caciocavallo ai ferri, zuppa di finocchi . Das war das Beste, was sie um die Uhrzeit hinkriegen konnten.«
»Cool«, erwiderte Jake freundlich. »Ich liebe ethnisches Essen.«
46
In den frühen Morgenstunden, gegen zehn nach vier, hörte Nicola Mantega endlich etwas von Giorgio. Das taten auch die Polizeitechniker, die das neue Telefon überwachten, das man Mantega gegeben hatte, deshalb konnte man das Gespräch sofort zu einem öffentlichen Telefon in Cerenzia zurückverfolgen, etwa zehn Kilometer östlich von San Giovanni in Fiore, aber mit guter Anbindung an die autostrada . Als zwanzig Minuten später ein Polizeiwagen dort ankam, war niemand da, und es war auch unwahrscheinlich, dass irgendwer im Ort Giorgio hatte kommen oder gehen sehen. Außerdem war er sehr kurz angebunden gewesen.
»Sie sind in der Nacht mit schweren Maschinen angerückt. Haben ein bisschen rumgegraben, einen Blick auf die Steine da drin geworfen und sind dann ganz schnell wieder abgehauen.«
»Woher weißt du das?«
»Ich hab sie beobachtet. Ach, und ich hab gehört, du wärst verhaftet worden, und einige Stunden später hätte man dich wieder laufen lassen. Ich hoffe, du hast keinen Deal gemacht.«
»Natürlich nicht! Die hatten einfach keinerlei Beweise gegen mich, deshalb …«
»Ich werde dich umbringen, wenn es sein muss, Nicoletta. Ob du hinter Gittern sitzt oder auf der Straße rumläufst, spielt dabei keine Rolle. Denk in den nächsten Tagen daran und halte dich an unsere Abmachung. Wenn etwas schiefgeht, bist du ein toter Mann, egal was mit mir passiert.«
Dieser Satz ging Mantega immer wieder durch den Kopf, als er nach Cosenza hineinfuhr. Sei un morto. So war der zertrümmerte Rumpf des Mannes, den er als Peter Newman gekannt hatte, durchgängig in den Medien beschrieben worden: »angezogen wie ein Toter«. Giorgio mochte ja nicht so viel Macht haben, wie er gerne tat, aber er war verrückt. Und das Schlimmste bei Verrückten war, dass man nie die geringste Ahnung hatte, was sie als Nächstes tun würden.
Tom Newman erschien um Punkt neun Uhr. Er sah furchtbar aus, blass, erschöpft und deprimiert. Da Mantega seit einigen Stunden der Tod von Toms Vater durch den Kopf ging, kam ihm der Gedanke, dass dem jungen Mann vielleicht endlich voll bewusst geworden war, was da Grauenhaftes passiert war. Doch als er vorschlug, ob sie nicht in eine Bar gehen und sich mit einem Kaffee und einer Brioche stärken sollten, lief Tom plötzlich auf die Straße hinaus und winkte enthusiastisch einer attraktiven jungen Frau zu.
»Wer war denn das?«
»Ach, nur eine Bekannte«, entgegnete Tom lässig. Beim Kaffee führte Mantega lang und breit aus, wie lächerlich sich die Polizei doch am Vortag mit seiner Verhaftung gemacht hätte. Es war sehr wichtig, diesen Eindruck den americani zu vermitteln. Mantega wollte auf gar keinen Fall, dass sie glaubten, sie würden sich auf jemanden einlassen, der in kriminelle Machenschaften verwickelt war, besonders da sie das selber waren. Tom gab sich mitfühlend, doch mit seinen Gedanken war er offenkundig bei Dingen, von denen Mantega keine Ahnung hatte.
»Das Paket ist also angekommen«, sagte er, als sie wieder in seinem Büro waren. »Soll ich das so verstehen, dass Ihren Arbeitgebern gelungen ist, woran so viele vor ihnen gescheitert sind? Haben sie tatsächlich die Stätte entdeckt, an der Alarich, der Gote, begraben wurde?«
Sein Tonfall war bewusst scherzhaft, wenn nicht sogar ironisch, doch die Antwort des jungen Mannes machte deutlich, dass dieser
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