Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman
Verbindung steht. Aber wenn Ihre Arbeitgeber dazu überredet werden können, eins von diesen Stücken, die er an sich gerissen hat, zu einem angemessen hohen Preis auszulösen, dann kann ich ihn vielleicht mit einer Mischung aus Argumenten und Drohungen davon überzeugen, dass es in seinem Interesse ist, das angebotene Geld zu nehmen und den Rest der Beute den Behörden zu übergeben, bevor ich ihn bei der Polizei denunziere.«
Mit einer fließenden Bewegung der rechten Hand beendete er sein nervöses Herumgefuchtel.
»Die Sache wird sicherlich nicht ohne ein gewisses persönliches Risiko abgehen. Ich weiß, dass dieser Mann nicht nur gewalttätig, sondern auch unberechenbar ist. Trotzdem verlange ich nichts für mich außer der Befriedigung, meinem Volk gedient zu haben. Sie hingegen sind ein heimgekehrter Landsmann, un immigrante , und da ist es nur recht und billig, dass diejenigen Ihnen Ihre Rückkehr bezahlen sollten, die von diesen Dingen, die uns so teuer sind, nichts wissen und verstehen.« Er machte eine hilflose Geste. »Es kann natürlich sein, dass bei alldem nichts herauskommt. Doch wir sind es uns und unserem gemeinsamen Erbe schuldig, es wenigstens zu versuchen. Bitte, gehen Sie zu Ihren Arbeitgebern und berichten Sie, was ich Ihnen erzählt habe. Weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass Musterstücke der Ware zu Prüfzwecken unter den von ihnen gewünschten Bedingungen zur Verfügung gestellt werden. Wenn sie auch nur das geringste Interesse zeigen, setze ich mich, sobald ich von Ihnen höre, mit meiner Kontaktperson in Verbindung. Danach sollten die Dinge schnell in Bewegung geraten.«
Mantega grinste breit, als würde er sich über seinen eigenen Eifer lustig machen.
»Aber bitte kein Wort zu Ihrer Freundin. Die armen Frauen! Sie haben nur eine Sache zu verkaufen, während unsere Möglichkeiten endlos sind.«
47
Etwas Furchtbares war passiert. Zum ersten Mal in seinem Leben, soweit er sich erinnern konnte, von seltenen Krankheitsphasen abgesehen, war Aurelio Zen die Vorstellung zuwider, zu Mittag zu essen.
Bisher war dieses beinahe heilige italienische Ritual für ihn der Höhepunkt seines Arbeitstages gewesen, die zentrale Säule, die das gesamte Gebäude stützte. Zen war nicht gierig, aber da er ohnehin etwas essen musste, tat er das am liebsten so gut wie möglich. Auf all seinen zahlreichen Posten überall im Land hatte er immer schon nach wenigen Tagen ein Restaurant oder eine Trattoria gefunden, die seine Bedürfnisse befriedigte. Nicht jedoch in Cosenza, und der Grund dafür war klar. Die Stadt war so klein, dass die meisten Leute zum Mittagessen nach Hause gingen, und so weit abseits der Touristenpfade, dass es fast keine Laufkundschaft gab. Es gab zwar ein paar gute Restaurants, doch die hatten nur abends und am Sonntagmittag geöffnet. Außerdem hatte Natale Arnones Bemerkung, dass die Leute Angst vor ihm hätten, in Zen das unbehagliche Gefühl ausgelöst, wenn er in eins seiner Stammlokale zurückkehrte, würde das Essen nicht nur ungenießbar sein, sondern jemand vom Personal könnte in die Tomatensauce gespuckt haben, die zähflüssig an seinen Nudeln kleben würde.
Trotzdem hatte er Hunger, und das Wetter war nicht zu heiß, deshalb beschloss er, die Macht, die diese Angst erzeugt hatte, auszunutzen und etwas zu tun, das er seit Jahren nicht mehr getan hatte. Er bestellte bei der Fahrbereitschaft einen Wagen und ließ sich zur besten gastronomia in der Stadt fahren, wo er eine Auswahl an kalten Speisen kaufte, und von dort weiter zum dicht bewaldeten Garten der Villa Communale oben in der Altstadt. Er wies den Fahrer an, in genau einer Stunde zurückzukommen, und schlenderte dann den Weg unter den riesigen Kastanien und Steineichen entlang, bis er im Halbschatten eines Baumes eine passende Bank fand mit einer herrlichen Aussicht auf das Tal des Flusses Crati bis hinüber zu den westlichen Ausläufern des Sila-Massivs.
Die nächste halbe Stunde saß er dort völlig ungestört und genoss die diversen Vorspeisen, luftgetrockneten Schinken und Salami aus den Bergen vor ihm, einen kräftigen Schafskäse, große Stücke von einem im Holzofen gebackenen Vollweizenbrot und eine halbe Flasche eines ganz annehmbaren Rosé. Abgesehen vom Gesang der Vögel war das einzige Geräusch das Plärren der Hupen weit unten im Tal. Als sein Hunger gestillt war, zündete er sich eine Zigarette an - ein weiterer Vorteil dieses Etablissements - und trank den restlichen Wein zu den noch übrig
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