Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman
von jemandem aufbewahrt werden, den ich jederzeit mit einem Telefonanruf erreichen kann. Das ist alles.«
Er stand auf und stolzierte zum Fenster, wo er einen Augenblick stehen blieb und nachdenklich auf die Straße blickte.
»Und?«, fragte Tom.
Laut lachend drehte sich Mantega wieder zu ihm um. »Sie haben ganz Recht. Ihre bella ignota scheint unten auf Sie zu warten, also lassen Sie uns diese Sache rasch zu Ende bringen.«
Er machte Anstalten, zum Schreibtisch zurückzukehren, dann blieb er plötzlich stehen und fasste sich an die Stirn.
»Nun, mein Freund, begeben wir uns in den Bereich des rein Hypothetischen«, verkündete er in einer Art, die zu verstehen gab, dass er sich in dieser abstrusen Sphäre wie zu Hause fühlte. »Doch da ich mit Freude bemerke, dass Sie den Konjunktiv mittlerweile erheblich besser beherrschen als bei unserer ersten Begegnung, lassen Sie uns nur mal rein theoretisch annehmen, dass die von mir bereits erwähnte Person den sagenumwobenen Schatz des Alarich immer noch in seiner ursprünglichen Form besitzt. Lassen Sie uns ferner annehmen, dass gewisse andere Personen den Wunsch haben könnten, eines oder mehrere Stücke zu einem vereinbarten Preis zu erwerben, nachdem sie natürlich zuvor einige Musterstücke der Ware geprüft und durch einen unabhängigen Experten ihrer Wahl haben authentifizieren lassen. Sollten sich von diesen Annahmen eine oder gar alle als zutreffend erweisen, dann wären angesichts der Sprachprobleme und der Notwendigkeit absoluter Vertraulichkeit Sie …« - er zeigte dramatisch mit einem Finger in Toms Richtung - »… zwangsläufig der einzig mögliche Vermittler zwischen den Interessengruppen. Als solcher sollten Sie, und das sage ich Ihnen als Fachmann, einen prozentualen Anteil am Verkaufspreis erwarten und auch verlangen.«
Tom stand auf, ging zum Fenster und stellte sich genau dorthin, wo sein Gastgeber zuvor gestanden hatte.
»Das ist sie, nicht wahr?«, bemerkte Mantega. »Ich hoffe, sie wartet auf Sie. Und nicht etwa auf mich, meine ich.«
»Ich verstehe das nicht«, sagte Tom ernst und wandte sich wieder ihm zu. »Als wir das letzte Mal miteinander gesprochen haben, wollten Sie, dass ich in dieser Sache mit Ihnen zusammenarbeite, weil Sie es aus ethischen Gründen ablehnen würden, dass dieses unermesslich wertvolle kalabrische Kulturdenkmal ausgeplündert und der Inhalt von meinen Arbeitgebern außer Landes gebracht wird. Nun erzählen Sie mir, ich könnte eine Menge Geld so nebenbei verdienen, wenn ich beim Verkauf einzelner Stücke oder des kompletten Schatzes an genau diese Leute als Vermittler agiere. Liegt es an mir, oder stimmt da irgendwas nicht?«
Mantega lächelte strahlend. »Ah, Signor Tommaso! Sie mögen den Konjunktiv zwar besser beherrschen, aber Sie haben offensichtlich noch nicht verstanden, dass sich in Kalabrien das ganze Leben im Konjunktiv abspielt. Die Realität war hier immer so hart, dass wir notwendigerweise gelernt haben, uns mit dem Möglichen, dem Wünschenswerten und dem rein Imaginären zufriedenzugeben.«
Er ging zu Tom hinüber und fasste ihn am Arm. Der junge Mann zuckte zurück, und ein erschrockener Blick trat in seine verträumten Augen. Schade, dachte Mantega. Es wurde Zeit, dass der junge Tommasino die amerikanische Kultur der klaren Deals und des verbindlichen Händeschüttelns vergaß und das komplizierte Spiel erlernte, mit dem Männer hier im Süden ihre Macht bekundeten.
»Alles, was ich neulich gesagt habe, war absolut aufrichtig gemeint«, erklärte er. »Mal angenommen, der Schatz des Alarich wurde tatsächlich gefunden, dann ist es mein höchstes Ziel, das, was auch immer davon gesichert werden kann, für diese Provinz und damit für die gesamte Nation zum Wohle der Allgemeinheit zu sichern.«
Er ließ Toms Arm zugunsten einer flexibleren Choreografie los und begann seine Äußerungen mit eindringlichen Gesten zu unterstreichen, als spräche er mit einem Taubstummen in Zeichensprache.
»Aber wie kann man das erreichen? Ich weiß ganz genau, dass der Mann, der zu mir gekommen ist, keinen Sinn für solche uneigennützigen Ziele hat. Ihm geht es ums Geld, einzig und allein ums Geld, und wenn er es nicht bekommt, werden die historischen Kunstschätze aus dieser Grabstätte ganz bestimmt in alle Welt zerstreut, wenn nicht sogar zerstört werden. Das ist wie bei einer Entführung! Nur er weiß, wo sie sind, und das ist ganz bestimmt nicht in seinem Haus oder an einem anderen Ort, der mit ihm in
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