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Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman

Titel: Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dibdin
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sowie mit einer erschreckenden Vielfalt von spitzen und kantigen Werkzeugen, die Mantega an die Besuche während seiner Jugend beim Zahnarzt erinnerten.
    Nun war alles bereit, um von Nguyen und seinem Boss inspiziert zu werden. Der Wagen des Spediteurs parkte auf dem Hof vor dem Haus, seine beiden muskulösen Söhne standen mürrisch herum und sahen exakt so aus, als gehörten sie zu der Bande, die die Ware geliefert hatte. Aber es fehlte noch der letzte Pfiff. Er stellte die drei Öllampen, die Gina bei ihren Dinnerpartys im Freien benutzte, um »Atmosphäre« zu schaffen, auf den Betonboden der Garage, zündete sie an und schaltete dann im Sicherungskasten den Strom für den Keller ab. Im flackernden, leicht verschwommenen Licht der Laternen sah die Menora noch besser aus. Sie sah einfach perfekt aus.
    Die beiden Amerikaner erschienen genau eine Minute vor der vereinbarten Uhrzeit. Mantega kannte den Mann ja bereits, den Nguyen als seinen Arbeitgeber bezeichnete, auch wenn er das kaum glauben konnte. Er hatte ihm insgeheim den Spitznamen »der Affe« verpasst und empfand ihn fast als Zumutung für seinen Mitarbeiter. Mantega mochte Martin Nguyen zwar nicht und traute ihm schon gar nicht, doch er respektierte ihn als einen Typ Mann, den er kannte, jemanden, der wusste, wie man Dinge geregelt bekam. Weshalb arbeitete er dann für dieses seltsame Wesen, das gerade in einem T-Shirt hereingeschlurft kam, das seine muskulösen tätowierten Unterarme freigab? Dazu trug er zerrissene Jeans und knallig orange Turnschuhe. Sein Gang, seine Manieren sowie seine Ausdrucks- und Kommunikationsfähigkeiten legten den Verdacht nahe, dass er der verlorene Bruder der beiden Speditionssprösslinge draußen war, doch Nguyen hatte ihm versichert, dass der Affe die eins Komma acht Millionen, die sie ihm abluchsen wollten, mühelos bezahlen konnte.
    Die Tatsache, dass Tom Newman nicht dabei war, bestätigte, dass Rocco Battista den Auftrag erledigt hatte, obwohl er sich nicht gemeldet hatte. Leider bedeutete das aber auch, dass Mantegas sorgfältig vorbereitete Rede auf Italienisch über den Stromausfall - bei den vielen Gewittern letzte Nacht muss irgendwo ein Blitz in einen Strommast eingeschlagen sein, passiert hier draußen auf dem Land ständig, müssen wir uns halt mit diesen altmodischen Lampen behelfen, die ich gefunden habe - ins Leere ging. Das spielte aber keine Rolle. Was auch immer für Bedenken Mantega hinsichtlich des Affen haben mochte, Letzterer hatte offensichtlich keinerlei Zweifel an der Ware, die zum Verkauf angeboten wurde. Der Besuch war weniger eine Inspektion als eine Anbetung. Der Affe erinnerte Mantega an eine nonna , die die wundertätige Statue irgendeines Heiligen anbetete, die einmal im Jahr an seinem Feiertag der Öffentlichkeit gezeigt wurde, nur dass solche frommen älteren Damen sich niemals so aufführen würden. Einen riesigen buckligen Schatten in dem flackernden Licht werfend, tanzte der Affe triumphierend um die goldene Trophäe, stieß unverständliche Rufe und Schreie aus und fuhr mit seinen Pfoten über die diversen Verdickungen und Rundungen, als wollte er auf der Stelle Sex mit dem Ding haben.
    Letztlich gelang es Nguyen, ihn wegzuziehen, doch zuvor hatte er Mantega einen Zettel mit Anweisungen zugesteckt bezüglich Ort und Zeit für die endgültige Übergabe und Bezahlung. Außerdem hatte er hinzugefügt, dass er Hilfe brauchen würde, die in Folie gewickelte und wieder in eine Kiste gepackte Menora in einen wartenden Hubschrauber zu heben. Mantega platzte natürlich vor Neugier, aber Nguyen machte unmissverständlich klar, dass er keinerlei Fragen beantworten würde. Trotzdem, eine Viertelmillion war eine Viertelmillion. Was hatte er schon zu verlieren?

56
    Rocco Battista hatte nur einen Fehler gemacht. Nun ja, eigentlich zwei, aber der zweite war verzeihlich. Rocco hatte auf keinen Fall wissen können, dass die Freundin, die sein Opfer begleitete, zu einer Elite-Antiterror-Einheit gehörte und selbst ohne Waffe sehr gut in der Lage war, auf sich und ihren weniger fähigen Begleiter aufzupassen, nachdem sie ihre hochhackigen Schuhe von sich getreten hatte. Und Roccos erster Fehler war eigentlich ebenfalls verzeihlich. Er hatte keine Papiere oder sonstigen Dinge bei sich gehabt, anhand deren man ihn hätte identifizieren können, aber er hatte natürlich sein Handy mitgenommen. Rocco war Anfang zwanzig und käme genauso wenig auf die Idee, das Haus ohne Telefon zu verlassen wie ohne Hose. Und

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