Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sterbendes Land Utopia

Sterbendes Land Utopia

Titel: Sterbendes Land Utopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Bulmer
Vom Netzwerk:
aufging. Er drehte sich faul um.
    Sie war nicht schön. Vielleicht wäre sie ganz hübsch gewesen, wenn sie nicht geweint hätte. Ihr Kleid war zerrissen. Wirres blondes Haar hing ihr ins Gesicht. Ihre Figur war vielversprechend. Waley hielt den abgenagten Knochen wie gelähmt in der Hand. Sie weinte.
    »Bitte, helfen Sie mir!« rief sie und rannte auf ihn zu. »Oh, bitte! Ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden soll.«
    Waley fand sie wunderschön, vor allem, als sie sich an ihn klammerte. Er strich ihr über das Haar. »Natürlich helfe ich dir …«
    »Ich muß weg von hier – sofort – sie sind so gemein zu mir. Bitte, helfen Sie mir, wegzukommen.«
    »Ja, ja, natürlich. Nur …« Waley warf den abgenagten Knochen zu Boden. »Machen wir es uns doch bequem.«
    »Wie Sie meinen!« Ihr tränenverschmiertes Gesicht sah zu ihm auf, volle Lippen schimmerten halb geöffnet. »Ich werde alles für Sie tun. Alles! Aber bringen Sie mich von hier weg.« Sie packte seine Hand. »Kommen Sie! Schnell. Ich zeige Ihnen den Weg.«
    »Schön.« Waley folgte ihr zur Tür. Dann zögerte er. »Aber was soll das überhaupt? Wer ist gemein zu dir?«
    »Ich werde Ihnen alles erzählen – aber kommen Sie jetzt!«
    Er hörte, wie die Tür quietschend aufging. Das Mädchen stieß einen Schrei aus. Mit zitternden Händen zog sie die Stoffetzen zusammen. Sie schluchzte leise. »Oh – da ist er schon! Retten Sie mich.«
    Waley drehte sich herum.
    Ein junger Mann von angenehmem Äußeren, in einer engen, dunkelblauen Uniform mit Messingknöpfen, kam auf Waley zu. Er sah das Mädchen, und sein Gesichtsausdruck wurde haßverzerrt.
    »Weg von hier!« fauchte er. »Entschuldigen Sie, Sir, aber ich muß mit dieser Schlampe abrechnen …«
    »Ich sterbe!« stöhnte das Mädchen und preßte den weichen Körper an Waley. Er schüttelte sie ab.
    »Was haben Sie diesem armen Mädchen angetan?« fragte er so streng, daß er glaubte, der andere würde sich sofort zurückziehen. Er hatte ein komisches Gefühl in der Magengegend und schluckte. In seinen Ohren dröhnte etwas. Er trat einen Schritt vor.
    »Retten Sie mich vor ihm, Sir. Er gehört zu denen, die …«
    »Halt den Mund, du Schlampe!«
    »Na, na, so spricht man doch nicht mit einem Mädchen …«
    »Sie verstehen nicht …«
    »Ich verstehe nur, daß Sie das arme Kind belästigt haben. Was würde Dolly dazu sagen?«
    »Dolly!« Er lachte, als habe Waley einen guten Witz gemacht. »Sie würde nichts dagegen einwenden.« Er versuchte an Waley vorbeizukommen und das Mädchen zu packen. »Weg von hier!«
    »Er will mich wegbringen, damit er sich für sein Verbrechen nicht verantworten muß!« Das Mädchen umklammerte Waleys linken Arm.
    Waley dachte nicht allzu klar. Er hatte nicht den Wunsch, wie ein edler Ritter seine Thusnelda zu verteidigen, aber er war ein Mann, und seine Männlichkeit war jetzt in Frage gestellt.
    »Lassen Sie sie in Ruhe!« befahl er.
    »Aber so hören Sie doch, Sir. Ein wenig…«
    »Ich kenne Leute wie Sie!« Trotz seines sündenreichen Lebens war Waley nie so tief gefallen. Er organisierte die Sachen besser – so hoffte er wenigstens. »Den Dienstmägden in die Wäschekammer nachschleichen, sie ins Hinterteil zwicken und so fort. Diesmal sind Sie zu weit gegangen.« Ein ritterliches Gefühl stieg in Waley hoch.
    »Was?« Das Gesicht des jungen Mannes wurde zornrot. »So lassen Sie mich doch …«
    Waley schlug zu.
    Er traf ihn mit einem gut gezielten Schlag an der Kinnspitze.
    Waley rieb sich die Knöchel, warf einen Blick auf die am Boden liegende Gestalt und kam sich vor wie der Kriegsgott höchstpersönlich.
    »Oh, Sir! Sie sind wunderbar. Aber wir müssen jetzt weg – schnell!«
    Als sie Waley aus der Tür und auf die Straße zog, warf er noch schnell einen Blick auf sein Opfer, das ausgestreckt am Boden lag. Es ging eben nichts über eine gute Organisationsfähigkeit. Ihm fiel ein, wie er Maisie den Platz neben dem Kapitän besorgt hatte.
    Das war allerdings schlechte Organisation gewesen.
    Aber Jack Waley kam sich kühn und furchtlos vor, und er folgte dem Mädchen schnell durch die Straße. Er sog den frischen salzigen Geruch ein, der vom Meer her kam.
    Sie trieb ihn vorwärts. Schließlich sah sie sich vorsichtig um und schob ihn in einen schmalen Seitenweg. Vor sich sah er Mäste mit halb aufgerollten Segeln. Sie schob vorsichtig die Tür eines großen Schuppens auf. Es roch nach Unrat, Kohl und Gerümpel.
    »Hier entlang, Sir. Ich bin eine einfache

Weitere Kostenlose Bücher