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Sterbensangst (German Edition)

Sterbensangst (German Edition)

Titel: Sterbensangst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mark
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auf Dresden teilgenommen hatten. McAvoy hatte einen Auszug davon gelesen und war beeindruckt gewesen.
    »Ich verpfeife Sie schon nicht«, sagt McAvoy, während er zusieht, wie der Schriftsteller einen weiteren genüsslichen Zug von seiner Zigarette nimmt.
    »Danke«, erwidert dieser mit einer kleinen, gespielten Verbeugung. Dann hält er ihm das Päckchen hin. »Rauchen Sie?«
    »Nein«, schüttelt McAvoy den Kopf. Dann fügt er im Plauderton hinzu: »Aber meine Frau.«
    Chandler betrachtet ihn mit einem winzigen, spöttischen Lächeln auf den Lippen. »Soll ich Ihnen eine für sie mitgeben?«
    McAvoy fragt sich, ob der Kerl sich über ihn lustig machen will. Spürt ein Aufbrausen in der Brust.
    »Nein, danke. Sie ist im siebten Monat schwanger. Als Kompromiss hat sie das Rauchen auf drei am Tag reduziert. Und ein Glas Wein …«
    Er verstummt. Sieht zu Boden.
    »Sie trinkt gerne?«
    Als er aufblickt, sieht McAvoy, dass Chandler ihn durchdringend anstarrt. Er versucht es mit einer Handbewegung abzutun, aber Chandler hat Blut geleckt.
    »Die Art, wie Sie das gesagt haben …«
    McAvoy zuckt die Achseln. Denkt sich, dass es nicht schaden kann. »Wir haben früher schon Babys verloren«, meint er. »Das ist jetzt unser vierter Versuch, ein zweites Kind zu bekommen.«
    Chandler legt McAvoy die Hand auf seine breite Schulter.
    »Ich würde für Sie beten, wenn ich an den Quatsch glauben würde. Aber das tue ich nicht. Deshalb wünsche ich Ihnen einfach nur viel Glück.«
    McAvoy kann ein Lächeln nur halb unterdrücken. Er nickt dankend, dann spürt er, wie seine Lippen zu zittern beginnen. Seine Augen beschlagen wie Glas, als ihm klarwird, dass es so geklungen haben muss, als würde er Roisin dafür verantwortlich machen, dass ihre Kinder nie das Licht der Welt erblicken durften. »Es lag nicht am Rauchen«, wehrt er ab. »Und sie trinkt nur ganz kleine Gläser Wein. Sie kennt ihre Grenzen …«
    »Ich kenne meine nicht«, sagt Chandler leise, und McAvoy fragt sich, ob er sich diese Befragung nicht gerade unnötig erschwert hat.
    »Mein Vater sagte immer, dass die Willensstärke entscheidend ist«, meint McAvoy hastig. »Man muss sich entscheiden, ob man Raucher ist oder Nichtraucher, und dann dabei bleiben. Ich bin Nichtraucher. Meine Frau ist Raucherin. So ist das eben.«
    »Klingt, als wäre Ihr Vater ein kluger Kopf gewesen.«
    »Das war er. Ist er.«
    »Ist er auch ein Cop?«
    »Nein«, erwidert McAvoy und wendet den Blick ab. »Pachtbauer. Droben in der Nähe von Loch Ewe. In den westlichen Highlands. Unsere Familie bestellt denselben Flecken Erde seit mehr als hundert Jahren.«
    »Tatsächlich?« Chandler klingt interessiert. »Ich habe über die schottischen Kleinbauern gelesen. Ein hartes Leben, glaube ich.«
    »Aye«, meint McAvoy. Er ist hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, mehr über seine Kindheit zu reden und festzustellen, wie weit diese Wunde inzwischen verschorft ist, und sich auf Fred Stein zu konzentrieren. »Eine aussterbende Lebensart.«
    »Habe ich in der Times gelesen. Die ganzen alten Höfe werden nach und nach in Touristenabsteigen umgewandelt. Wäre das nicht auch etwas für Ihren Vater?«
    »Der würde sich eher die Arme ausreißen«, antwortet McAvoy, mehr zu sich selbst als an seinen Gesprächspartner gerichtet. »Er und mein Bruder bestellen immer noch das Land.«
    »Aber Sie nicht?« Chandlers Stimme klingt beiläufig. Sanft. Einladend.
    »Ich habe es zehn Jahre lang versucht«, erwidert McAvoy. »Dann bin ich zu meiner Mutter gezogen. In die Stadt. Jedenfalls, soweit man Inverness als Stadt bezeichnen kann. Aber das funktionierte auch nicht lange. Dann kam ich in ein Internat, für das mein Stiefvater bezahlte. War ein ziemlicher Kulturschock. Universität in Edinburgh. Drei Jahre eines fünfjährigen Studiums. Und dann das hier. Polizei. Yorkshire. Hull. Ehemann und Vater. Ich kann nichts mehr für meinen Vater da droben tun. Konnte ich wohl nie.«
    »Ein Jammer«, sagt Chandler, und es klingt, als ob er es ehrlich meint.
    McAvoy nickt. Er wünscht sich, er könnte an sein früheres Leben, seine Familie, mit etwas anderem als Traurigkeit zurückdenken.
    Einen Moment lang stehen sie schweigend da, bis ihnen wieder einfällt, was sie zusammengeführt hat.
    »Also?«
    »Ja, Fred. Kam damals groß in den Nachrichten raus. War natürlich vor meiner Zeit. Ich war noch ein Kind, als es passierte. Aber ich habe ziemlich viel in Hull recherchiert, und da stieß man an jeder Ecke auf den

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