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Sterbensangst (German Edition)

Sterbensangst (German Edition)

Titel: Sterbensangst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mark
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Schwarzen Winter. Fred Steins Geschichte kannte ich jedenfalls schon seit Jahren. Die Yorkshire Post unterhielt früher ein Büro am Ferensway, in dem alte Titelblätter gerahmt an der Wand hingen. Einmal trank ich dort eine Dose Ale mit einem alten Knaben von der Sun, der auch in dem Büro arbeitete, und dabei stieß ich auf diese Titelseite aus den Sechzigern. Der Mann, der als Einziger überlebte. Der sich mit zwei weiteren Mitgliedern der Besatzung in ein Rettungsfloß geflüchtet hatte und in irgendeinem abgelegenen Höllenloch in Island angetrieben wurde. Die beiden anderen waren tot. Er wanderte querfeldein, bis ein Bauer ihn entdeckte. Die Medien überschlugen sich, als sie herausfanden, dass er noch am Leben war. Man hatte ihn schon längst aufgegeben, verstehen Sie? Ich habe die Informationen einfach irgendwo im Hinterkopf abgespeichert. Wird langsam ein bisschen eng dort.«
    »Kannten Sie ihn da schon persönlich?«
    »Nein, nein. Es war nur eine potentielle Story. Ich stellte mir vor, dass ich ihn eines Tages vielleicht zum Reden bringen könnte. Für ein Buch. Das ist nämlich mein Job, verstehen Sie? Ich veröffentliche jedes Jahr mindestens ein Buch. Sie finden sie in den Regalen für Lokalgeschichte, oder Sie können sie über die Website des Verlags direkt bestellen. Verkaufen sich vergleichsweise gut. Freds Geschichte schien ideal dafür geeignet, aber irgendwie kam es nie dazu.«
    »Bis?«
    »Bis diese Caroline von Wagtail Productions auftauchte. Lernte sie während der Dunbar -Anhörung kennen. Nettes Mädchen, wenn auch ein bisschen sehr von sich eingenommen. Hatte keinen blassen Schimmer von der Fischereiindustrie, war aber bereit, für Hintergrundinformationen zu bezahlen. Das liegt auf meiner Linie. Ich verschaffte ihr Material über die lokale Flotte; Menschen, Namen, Theorien, Kontakte. Sie war versorgt. Und dann fiel mir Fred Stein wieder ein. Ich erzählte ihr davon, wenn auch nicht im Detail, und vergangenes Jahr nahm sie dann wieder Kontakt auf und meinte, dass vielleicht der Stoff für einen Dokumentarfilm drin wäre.«
    Inzwischen haben sie die kleine Baumreihe erreicht. Die Dunkelheit wird immer dichter. Chandler zeigt auf eine schmiedeeiserne Bank, und sie setzen sich. McAvoy kriecht in seinen Mantel hinein, aber der Wind friert ihm trotzdem die paar Zentimeter unbedeckte Haut ein. Er fragt sich, wie Chandler, der ja nur Haut und Knochen ist und nicht mehr anhat als ein Hemd und eine Weste, das aushält. Er wirkt so zerbrechlich und verströmt eine kränkliche Aura, dass man fast meinen könnte, sein Atem wäre auch ohne Zigaretten eine Wolke grauen Rauchs.
    »Wie packen Sie so etwas an? Ihn aufzuspüren?«
    »Das war nicht schwierig«, antwortet Chandler wegwerfend. »Man fängt bei der letzten bekannten Adresse an, und dann telefoniert man einfach herum und schreibt Briefe. Die Fischereigemeinde ist relativ übersichtlich und hat ein langes Gedächtnis. Innerhalb einer Woche hatte ich ihn aufgetrieben. Bei meinen ersten drei Anrufen hängte er einfach auf, daher schickte ich ihm einen netten Brief mit meiner Biographie, und dann setzte er sich mit mir in Verbindung. Es gelang mir, ihn einzuwickeln. Ich sprach von seiner Chance, dieses Kapitel in seinem Leben endgültig abzuschließen. Seinen Kameraden die letzte Ehre zu erweisen. Lebewohl zu sagen. Seine eigene Sicht der Geschehnisse zu erzählen. Um ehrlich zu sein, ich glaube nicht, dass er besonders interessiert war, aber als ich aufs Geld zu sprechen kam, biss er an. Damit meine ich nicht, dass er groß absahnen wollte. Ist ja nichts Verkehrtes an ein bisschen Gier. Er wollte einfach ein paar Kröten für seine alten Tage haben, das ist alles.«
    »Und dann haben Sie sich persönlich getroffen?«
    »Nur einmal. Caroline war in den USA, und sie brauchte einen Vertrag mit Brief und Siegel. Ich fuhr also auf Spesen zu ihm runter, und wir tranken ein paar Bier in seiner Stammkneipe. Wirklich ein netter alter Knabe. Als Buch wäre die Geschichte besser gekommen als als Fernsehfilm, aber das kann ich mir nicht leisten. So ist die Welt heute. Bücher interessieren keinen Menschen mehr. Nur noch Biographien von Stars und Sternchen und Schmonzetten mit irgendwelchen Scheiß-Memoiren.«
    Chandlers Stimme trieft wieder von Gift. McAvoy bemerkt, dass er mit der linken Hand unter der Bank herumtastet, und plötzlich bringt er eine Flasche Malt Whisky zum Vorschein.
    »Braver Junge«, sagt er, während er die Flasche entstöpselt und einen

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