Sterbensschön: Thriller -
wisst«, sagte sie. In ihrer Stimme lag eine Schärfe, die Susan noch nie zuvor gehört hatte. »Ich habe gesehen, was sie diesen Kindern angetan hat.«
»Sie wurde nie des Mordes an einem einzigen dieser Kinder schuldig gesprochen«, sagte Archie. Er sah Henry Hilfe suchend an, aber Henry zuckte nur mit den Achseln.
Claire saß inzwischen auf der Sesselkante. »Sie wurde wegen vieler bestialischer Morde nicht schuldig gesprochen, die sie begangen hat«, sagte sie. »Wir haben nur dort auf eine Verurteilung abgezielt, wo wir es beweisen konnten.« Sie zeigte auf Archie. »Das war deine Idee. Sie hinter Gitter zu bringen, und dann zusehen, dass sie die anderen Morde gesteht.« Archie sah sie gefasst an. Susan kannte diese Miene. Er konnte sie nach Belieben aufsetzen. Claire verschränkte die Arme. »Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich gesagt, lasst das Luder sterben.«
Henry studierte etwas auf dem Boden. Susan hoffte, dass Claire sie nicht anbrüllen würde.
Archie löste seine Hände voneinander und legte die Handflächen auf den Tisch. »Sie hat einundzwanzig Morde gestanden«, sagte er ruhig. »Keiner davon an einem Kind.«
Claire beugte sich vor. »Das ist revisionistischer Quatsch«, sagte sie.
Archie blickte auf. Henry blickte auf. Susan bemühte sich, weniger Raum auf dem Schreibtisch einzunehmen.
»Eine perverse PR-Masche«, sagte Claire. » Sie hat keine Kinder getötet. Sie ist geisteskrank. Nicht für ihre Taten zu belangen. « Sie drückte Archies Hände. »Sollen wir sie jetzt verstehen, oder was? Ist das alles plötzlich keine große Sache mehr? Es gibt keinen Ryan Motley.«
Henry gab Susan mit einem Blick zu verstehen, dass sie besser gehen sollte, aber sie ignorierte ihn.
»Können wir es einfach dennoch in Erwägung ziehen?«, sagte Archie.
Claire atmete aus und wandte sich wieder Henry zu. »Wieso sitzt du einfach nur da?«, fragte sie. »Wir können seinem Urteil nicht trauen, wenn es um sie geht.«
Susan dachte, dass Henry müde aussah. Er schlug das Bein, das ihm immer noch Probleme machte, über das andere. »Was ist drauf, auf dem USB -Stick?«, sagte er zu Susan.
Endlich.
Susan öffnete ihre Handtasche, zog einen Stapel Blätter hervor und breitete sie über den Schreibtisch aus. »Zeitungsartikel«, sagte sie und bemühte sich, nicht aufgeregt zu klingen. »Sieben Morde im Laufe von sechs Jahren. Lauter Kinder. Verschiedene Bundesstaaten. Alle ungelöst.«
Alle beugten sich vor und studierten die Artikel auf Archies Schreibtisch – außer Susan, die nicht über die Köpfe der anderen hinwegsah und die Artikel inzwischen ohnehin auswendig kannte. Sie bohrte mit dem Fingernagel nach dem Tempeh zwischen ihren Zähnen.
Archie lehnte sich zurück und suchte rasch eine Telefonnummer in seinem Computer heraus. Dann griff er zu seinem Telefon und wählte die Nummer. »Hier spricht Detective Archie Sheridan vom Portland Police Departement. Ich habe eine Frage zu einem alten Fall. Der zuständige Detective war …«, er sah in den Artikel, »… Lew Ellis.«
Er behielt den Hörer in der Halsbeuge, während er weiter die Papiere auf seinem Schreibtisch überflog.
Nach einigen Minuten sagte er: »Detective Ellis? Hallo.« Er machte eine Pause. »Ja, genau der.« Er nickte. »Danke.« Er nahm einen der Artikel zur Hand. »Ich habe eine Frage zu einem alten Fall von Ihnen«, sagte er. Sein Blick wanderte über den Text und blieb dann an einem Namen hängen. »Calvin Long. Ich würde gern wissen, ob es irgendwelche Einzelheiten gab, die sie nicht an die Presse weitergegeben haben.«
Alle beugten sich ein Stückchen näher zu ihm.
»Wirklich?«, sagte Archie. Er blickte auf, direkt in Claires Gesicht. »Was für eine Blume?«
36
Archie hörte, wie Gretchens Stimme den Pausenraum füllte. Er war an ihre Stimme gewöhnt. Nachdem sie ihn beinahe getötet hätte, hatte er sie lange Zeit in seinem Kopf gehört, sie sprach ihm Mut zu, tröstete ihn, als wäre ihre Stimme zu seiner inneren Stimme geworden. Er konnte sie in jedem Moment heraufbeschwören, so gut kannte er sie. Trotz der Beeinträchtigung durch die Medikamente hätte er diese Stimme überall erkannt.
Sie beschrieb in allen Einzelheiten, wie sie James Beaton ausgeweidet und zerstückelt hatte. Er hatte sich diesen Teil sieben oder acht Mal angehört, aber noch immer stellte es ihm die Haare an den Armen auf. Es war nicht der Inhalt oder die Brutalität ihrer Worte – er hatte Schlimmeres gesehen und gehört –, es war
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