Sterbenswort: Thriller (German Edition)
dass sie bereits gemeinsam mit Heinrich nach einem Ausweg aus der Situation suchte. Sie hasste sich dafür.
»Ja, bei der Kopfwunde würde die Polizei zweifellos nach dem Gegenstand suchen, der sie verursacht hat. Wir würden uns noch verdächtiger machen, wenn er fehlt.«
Kathrin hätte zu gerne gewusst, was in Thomas vorging.
Heinrich fuhr fort: »Dann müssen wir die Leiche verschwinden lassen.«
»Was?«
»Es ist der einzige Ausweg.«
»Das ist nicht dein Ernst!«
»Und wir müssen dafür sorgen, dass wir Zeit gewinnen. Vier Tage. Dann sind wir auf der sicheren Seite.«
»Wie soll das gehen?«
Kathrin wunderte sich über sich selbst. Ließ sie sich tatsächlich bereits auf Heinrichs Argumentationskette ein?
Sie dachte an ihr Medizinstudium, wie hart sie die vergangenen Jahre dafür gearbeitet hatte, an ihren Traum von der eigenen Arztpraxis.
»Wir müssen dafür sorgen, dass er ohne persönliche Dokumente aufgefunden wird.«
»Erik hat nie Personalausweis oder Ähnliches dabei. Dafür ist er viel zu schlampig. Er hat immer nur Bargeld im Portemonnaie. Seine EC -Karte und seine Krankenkassenkarte sind irgendwo in seiner Unordnung verschollen. Er hat sich erst letztens darüber geärgert.«
»Umso besser.«
»Du willst die Leiche also irgendwohin bringen und dann verschwinden?«
»Kathrin. Thomas.« Heinrich drehte sich zu Letzterem, sprach die nächsten Sätze sehr eindringlich: »Wir müssen stark sein. Wir müssen dafür sorgen, dass die Kopfwunde nicht auffällt. Und das geht nur, wenn wir für weitere Verletzungen sorgen.«
Thomas bewegte sich immer noch nicht.
»Hört sich an, als ob du bereits einen Plan hättest«, meinte Kathrin.
Sie stand auf und setzte sich neben ihn.
Und Heinrich erzählte ihr, was er sich ausgedacht hatte.
Gemeinsam tüftelten die beiden an den Feinheiten.
Kathrin hoffte sehr, dass Thomas nicht die Nerven verlor und mit ihnen an einem Strang zog. Denn er hielt sich aus dem Gespräch heraus. Seine Fingernägel begannen auf die Tischplatte zu trommeln.
Klack, klack, klack, klack.
14
Heute
K athrin nippte an ihrem Milchkaffee.
Durch die Glasscheibe musterte sie den Mann, der draußen vor dem Café aus dem Taxi stieg. Er schob ein dickes, braunes Portemonnaie in die Gesäßtasche seiner Anzughose und orientierte sich. Dann ging er zielstrebig auf die Eingangstür zu.
Kathrin hatte ihn sofort wiedererkannt. Sicher, er schleppte zehn Kilo mehr mit sich herum und sein Haar war lichter geworden, doch Habitus und Gestik schienen unverändert.
Als er eintrat, sah sie ihm entgegen, und er entdeckte sie sofort.
Lächelnd kam er auf sie zu. Sie erhob sich und drückte ihre Wange sanft an seine. Kathrin roch ein angenehmes und unaufdringliches Rasierwasser.
Heinrich ging einen Schritt zurück, und sein Blick wanderte an der ehemaligen Freundin von oben nach unten und wieder zurück.
»Gut siehst du aus, sehr gut sogar, kaum verändert. Und du bist dir sicher, dass du ein Kind bekommen hast?«
Sie genoss die Anerkennung, als er mit gespielter Scheu ihre Hüften betrachtete.
Ganz der Charmeur, wie früher.
»Danke.« Kathrin spürte, wie sie errötete. Rasch setzte sie sich, Heinrich nahm ihr gegenüber Platz.
Bereits nach diesen wenigen Sekunden war ihr wieder bewusst, was sie damals so an Heinrich fasziniert hatte. Zu ihrer eigenen Zufriedenheit stellte sie aber auch fest, dass sie keine Gefühle mehr für ihn hegte. Oder machte sie sich da vielleicht etwas vor?
Am liebsten wäre sie sofort auf die Vorfälle in ihrer Wohnung zu sprechen gekommen, doch noch fehlte ihr der Mut.
»Wie alt ist deine Tochter? Drei? Vier? Fünf?«, überbrückte Heinrich die Verlegenheit, die sich auszubreiten drohte.
»Mia ist letzten Dezember vier Jahre alt geworden. Ich bin überrascht, dass du von ihr gehört hast.«
»Ach, man hat so seine Quellen.« Er lächelte dabei.
Eine Kellnerin kam an den Tisch, und Heinrich bestellte einen doppelten Espresso.
»Du warst zuletzt mit diesem … äh … Alex? … zusammen?«
»Axel«, berichtigte Kathrin. »Ja, er ist Mias Vater, aber wir haben uns bald nach der Geburt getrennt.«
»Oh, das tut mir leid«, sagte Heinrich, und Kathrin fühlte, dass er dies auch so meinte.
»Und du?«, fragte sie neugierig. »Das Letzte, was ich von dir weiß, ist, dass du mit diesem Mädchen zusammen warst. Sie war noch nicht einmal volljährig.«
Kathrin konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme gleichzeitig amüsiert und leicht vorwurfsvoll
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