Sterbenswort: Thriller (German Edition)
Augenkontakt mit Heinrich, und griff dann nach dem anderen.
Er verlor.
In Vorahnung der Kälte schüttelte er sich.
»Ein Klingone tut, was ein Klingone tun muss«, sagte er tapfer, stemmte sich nach oben und klopfte sich mit der Faust auf die Brust.
Sogleich taumelte er und setzte sich rasch wieder hin.
»Dem Klingonen scheint schwindlig zu sein«, witzelte Heinrich, und als Einziger lachte Thomas über den Scherz.
Amelie erhob sich und half Erik auf.
Kathrin hatte den Eindruck, dass sich Amelie – verglichen mit allen anderen – sehr gut im Griff hatte. Sie bewegte sich selbstbewusst und entschlossen und begleitete Erik stützend in den Flur zur Garderobe.
Für einen Moment ließ sie ihn los, um nach seinem Trenchcoat zu greifen. Die Zeit reichte Erik, um sich auf den Boden zu setzen und an die Wand zu lehnen.
Den Trenchcoat in der einen Hand, versuchte Amelie mit der anderen, ihren Freund wieder auf die Beine zu bringen. Ohne Erfolg; Erik war viel zu schwer für die zierliche junge Frau.
»Die Klingonen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren«, höhnte Heinrich.
»Komm, Erik, steh auf. Du schaffst das.«
Da er nicht reagierte, ergänzte Amelie: »Ich kann dich auch begleiten, wenn du möchtest.«
Sie schien längst erkannt zu haben, dass Erik in keinem Zustand mehr war, in dem man einen Menschen nach draußen in ein Schneetreiben schickte.
In Kathrins Gedächtnis blitzte die Information auf, dass in Moskau jeden Winter Dutzende von Menschen im Wodka-Rausch erfroren.
Erik rülpste.
»Kann mal jemand die terranischen Untertitel aktivieren?«, feixte Heinrich. »Videotexttafel 150.«
Thomas kicherte.
»Brauchen wir wirklich eine weitere Flasche Wodka?«, fragte Amelie in die Runde.
»Klar«, sagte Heinrich.
»Klar«, bestätigte auch Thomas.
Und auch Erik nuschelte etwas, das so ähnlich klang.
»Drei zu zwei«, meinte Heinrich, ohne Kathrins Reaktion abzuwarten.
»Na gut, dann werde ich gehen«, meinte Amelie.
»Verloren ist verloren. Erik soll gehen.«
Täuschte sich Kathrin, oder hörte sich Heinrich plötzlich merkwürdig kalt an?
»Nein!« Amelie klang, als dulde sie keine weitere Widerrede.
Sie schlang sich ihren Schal um, setzte ihre Mütze auf und schlüpfte in Stiefel, Winterjacke und Handschuhe.
Und schon war sie draußen.
Der Klingone kämpfte sich auf seine Beine, stützte sich an der Wand ab und setzte sich wieder zu den anderen.
18
Heute
K athrin saß im Café am selben Tisch, an dem sie auch auf Heinrich gewartet hatte. Keine drei Minuten musste sie ausharren, da tauchte die frühere Freundin bereits auf.
Sie erkannte sie sofort.
Auch Amelie schien – wie Heinrich – ein wenig zugenommen zu haben. Wobei sich Kathrin dabei nicht ganz sicher war, denn Amelie kleidete sich sehr unvorteilhaft. Seltsam, früher hatte sie viel Wert auf ihr Äußeres gelegt. Ihr marineblaues T-Shirt schien mindestens zwei Nummern zu groß zu sein. Schwer zu sagen, ob sich darunter nicht vielleicht doch ein schlanker Oberkörper versteckte. Auch die Jeans war – nach Kathrins Maßstäben – viel zu weit geschnitten. Sie selbst trug lieber welche, die eng anlagen und bei denen ihr Hintern gut zur Geltung kam.
Als Amelie sich näherte, entdeckte Kathrin sogar, dass erste Haare der früheren Freundin ergraut waren. Wäre ihr das passiert, hätte sie auf jeden Fall nachgefärbt.
Sie stand auf – fühlte sich in ihrer schicken, malvenfarbenen Bluse sofort overdressed – und streckte Amelie ihre Hand entgegen. Amelie ignorierte dies, trat stattdessen ganz nah an Kathrin heran und drückte sie herzlich.
Kathrin glaubte, etwas Unangenehmes zu riechen. Sie kannte den Geruch, konnte ihn aber nicht zuordnen.
Zu ihrem Glück entfernte sich Amelie sofort wieder von ihr.
»Wie schön, dich zu sehen, Kathrin. Wie lange ist es her?«
Kathrin ertappte sich dabei, überrascht zu sein, dass Amelie sie anlächelte und ihre Freude ehrlich wirkte. Intuitiv hatte sie erwartet, dass das Treffen angespannter ablaufen würde.
»Zehn Jahre bestimmt, würde ich sagen.«
»Ja, mindestens.«
Die Kellnerin erschien, und die beiden Frauen bestellten sich Milchkaffee.
»Ich denke oft an dich, Kathrin, an dich und …«, sie machte eine kurze Pause, »die anderen. Wie oft habe ich überlegt, dich anzurufen. Aber du weißt ja, wie das ist.«
»Mit dem Sich-Aufraffen?«
»Genau. Umso dankbarer bin ich dir, dass du den ersten Schritt getan hast. Wie hast du mich
Weitere Kostenlose Bücher