Sterbenswort: Thriller (German Edition)
am anderen Ende der Verbindung klang sehr undeutlich. Kathrin hatte große Mühe, die Person zu identifizieren.
Es war eine Frau: Sie weinte.
Kathrin konzentrierte sich darauf, zu erkennen, was die Person ihr sagen wollte.
Er sei tot, berichtete die Stimme schließlich und wiederholte es unter Tränen.
Kathrin ließ sie einfach reden.
Endlich begriff sie, um wen es sich handelte: Frau Pfeiffer.
Und der Tote, von dem sie erzählte, musste demnach Thomas sein.
Kathrin rang um Atem.
Sekunden vergingen.
Nachdem die schreckliche Neuigkeit in ihrem Bewusstsein angekommen war, sagte Kathrin, dass sie sofort vorbeikommen würde.
Sie hörte, wie Frau Pfeiffer schluckte; danach sprach sie plötzlich klar und deutlich: »Können Sie auch Heinrich und Amelie mitbringen?«
»Äh, ja, warum?«
»Thomas hat einen Abschiedsbrief hinterlassen. Sie sollten alle wissen, was er geschrieben hat.«
Kathrin konnte noch nicht einmal mehr ›Auf Wiederhören‹ sagen, so schnell holte sie die Vergangenheit nun ein. Die Sonne brannte durch die Windschutzscheibe, ihre Hitze erreichte Kathrin jedoch nicht mehr. Ihr Handydisplay zeigte an, dass die Verbindung beendet war, doch sie hatte nicht die Kraft, den roten Knopf zu drücken, der das Handy ausschaltete. Nach kurzer Zeit deaktivierte es sich selbst, das Hintergrundleuchten des Displays erlosch.
Jemand klopfte ans Fenster.
Sie erschrak.
Mit einem Knopfdruck ließ sie die Glasscheibe bis zur Hälfte in die Wagentür gleiten.
»Alles in Ordnung mit Ihnen, junge Frau?«
Ein älterer Mann, dem beide Schneidezähne fehlten, beugte sich zu ihr. Sie konnte seinen fischigen Atem riechen.
»Sie sehen so blass aus.«
»Jaja, alles bestens.«
Rasch schloss sie das Fenster wieder, um sich vor dem Gestank und vor allem der Neugier in Sicherheit zu bringen.
Was nun?
Erst mal durchatmen, ganz ruhig durchatmen.
Sie spürte, wie die Lebensgeister und die Wärme in ihren Körper zurückkehrten.
Klaren Kopf bewahren.
Der Alte verschwand.
Was hat Thomas für eine letzte Botschaft hinterlassen?
Ich kann es nur herausfinden, wenn ich hinfahre.
Und: Was immer es sein mag, es ist bereits in der Welt.
Hatte sie nicht am Anfang des Gesprächs auch etwas von ›Polizei‹ gehört? Jetzt, wo sie so darüber nachdachte, ergaben die undeutlichen Worte Frau Pfeiffers mehr Sinn.
Die Polizei sei bei ihnen gewesen. Ja, etwas in der Art glaubte Kathrin vernommen zu haben. Dann musste die Polizei auch den Abschiedsbrief gebracht haben. Wenn darin Belastendes stehen würde, dann würde die Polizei sowieso über kurz oder lang bei ihr auftauchen. Also konnte sie sich genauso gut der Situation stellen.
Sie ertappte sich dabei, dass sie auf ihre Finger starrte: Sie zitterten.
Dennoch gelang es ihr, Amelies Nummer zu wählen. Sie berichtete ihr von dem Anruf und dem Brief. Amelie erschrak nicht minder darüber als sie selbst.
»Bist du noch dran?«
»Ja.« Amelies Stimme vibrierte.
»Ich kehre um und hole dich ab.«
»Nein«, antwortete Amelie schnell. »Fahr zu Heinrich, das liegt auf dem Weg zu den Pfeiffers. Ich komme dann direkt dorthin.«
Ehe Kathrin widersprechen konnte, hatte Amelie bereits aufgelegt.
Sie rief Heinrich an. Es wühlte ihn hörbar auf, und sie hatte allergrößte Mühe, ihn zu beruhigen. Er schien ihr keinesfalls in der Lage, ein Auto zu steuern. Daher hielt sie es für sinnvoller, ihn abzuholen. Wahrscheinlich hatte Amelie dies schon so vermutet, als sie den Vorschlag machte.
Kathrin beeilte sich, zu ihm zu gelangen.
Heinrich ging unruhig auf dem Bürgersteig auf und ab, als sie auf der Straße in zweiter Reihe parkte und hupte. Er erschrak, dann sah er zu ihr. Bereits aus dieser Entfernung konnte sie erkennen, dass seine Augen gerötet waren. Sein Gesicht war kreidebleich. Nichts erinnerte Kathrin mehr an den Mann, mit dem sie seinerzeit das Bett geteilt hatte. Auch von einem Rechtsanwalt, der im Gerichtssaal souverän sein Plädoyer hielt, war diese traurige Gestalt weit entfernt.
Er stieg ein, und Kathrin half ihm, sich anzuschnallen.
Seine Nervosität steckte sie nicht an. Im Gegenteil. Je stärker sie seine Aufregung wahrnahm, desto ruhiger wurde sie.
Genau wie in der unheilvollen Nacht, als Heinrich seinen vermeintlichen Nebenbuhler …
Sie wusste, dass seine Gedanken genau um dieses Thema kreisten.
»Wir können nichts mehr daran ändern, Heinrich.«
Ohne sich ihm zuzuwenden, spürte sie seinen Blick.
»Wenn Thomas in seinem Abschiedsbrief geschildert
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