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Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Titel: Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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seufzte und schob seinen Teller beiseite, der noch gut zur Hälfte gefüllt war. Er hätte lieber die Rechnung für das Essen bezahlt als für ihre Unabhängigkeit. »Wegen deiner restlichen Sachen …«
    »Ich melde mich in den nächsten Tagen«, sagte sie, nachdem der Kellner sich verabschiedet hatte. »Bei der Gelegenheit können wir auch in Ruhe über alles andere sprechen.«
    Alles andere hieß wohl Scheidungsangelegenheiten.
    »Pass auf dich auf.«
    »Mach ich«, antwortete sie und ging.
    Die folgende Stunde verbrachte Sven damit, ziellos umherzulaufen. Er schlurfte die Hauptgeschäftsstraße hinunter und versuchte, sich mit dem Gedanken abzufinden, dass er Sandra für immer verloren hatte. Es gelang ihm nicht. Nicht einmal seine Wut und seine Resignation reichten aus, um das Gefühl vollkommener Leere zu besiegen, das ihn dabei überkam.
    Nach einer Weile setzte er sich in ein Eiscafé und bestellte sich einen Cappuccino. Er hatte keine Ahnung, wie spät es war, als er schließlich nach seinem Handy griff und im Präsidium anrief. Dennis berichtete ihm, dass sich Jensens Vermieter bereit erklärt habe, sie gleich am nächsten Morgen in die Wohnung zu lassen. Anscheinend lag ihm sehr viel daran, die Angelegenheit so schnell wie möglich abzuschließen. Außerdem waren sie Jensens Notizen noch einmal durchgegangen und hatten herausgefunden, dass es sich bei dem Eintrag » RMK : 90500« um die Telefonnummer des Rhein-Mosel-Kurier handelte, was immerhin die Verbindung zu Koschny bestätigte. Wer oder was »Coeo.« sein könnte, konnte ihnen dort allerdings niemand sagen.
    Sven hörte zu, doch es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren, deshalb brachte er das Gespräch sehr schnell auf den Punkt. »Ihr müsst morgen früh ohne mich auskommen.«
    »Und weshalb?«, fragte Dennis.
    »Ich … Ich muss einfach mal ausschlafen«, sagte er, wohl wissend, dass er in der kommenden Nacht kein Auge zumachen würde. »Muss den Kopf frei bekommen, verstehst du?«
    Dennis schwieg ein paar Sekunden lang. »Ist nicht so gut gelaufen, was?«
    »Nein.«
    »Hey, mach dir keine Sorgen. Ich werde schon allein mit Milenz fertig.«
    »Danke. Wir sehen uns dann. Ich denke, ich komme so gegen Mittag ins Büro.«

6
     
     
     
     
     
     
     
    Ü ber Nacht hatte sich eine dichte Wolkendecke vor den Himmel geschoben, die nun wie ein riesiger Filter vor der aufgehenden Sonne hing und die Landschaft in ein dunkles Grau tauchte. Das düstere Licht ließ Peter Hofers kahlen Schädel fettig glänzen, als er am Schreibtisch seines Büros saß und hastig die Seiten des Rhein-Mosel-Kurier durchblätterte. Der Vorfall hatte sich zu spät ereignet, um in der gestrigen Ausgabe erwähnt zu werden, und auch auf der Titelseite von heute stand nichts darüber. Allmählich fragte er sich, ob den Zeitungen der plötzliche Unfalltod eines allgemein unbeliebten Menschen wohl die Druckerschwärze wert war. Erst bei den Lokalnachrichten auf Seite zwölf wurde er schließlich fündig. Tod nach Fahrerflucht lautete die Überschrift eines zweispaltigen Artikels. Sorgfältig studierte Hofer die Zeilen. Seinen übernächtigten Augen fiel es schwer, sich auf die Worte zu konzentrieren, als er plötzlich von der Stimme seiner Sekretärin unterbrochen wurde.
    »Herr Hofer«, meldete sie sich zaghaft über die Gegensprechanlage. Nach dem gestrigen Vorfall wagte sie es kaum noch, ihn zu stören. »Hier ist ein Anruf für Sie, von einem Herrn Kuntz. Er sagt, er wäre ein Bekannter von Ihnen. Soll ich durchstellen?«
    Hofer sah von seiner Zeitung auf, und seine schmalen Augen weiteten sich.
    »Herr Hofer?«
    »Ja … in Ordnung, stellen Sie durch.«
    Einen Augenblick später läutete das schwarze Designertelefon auf seinem Schreibtisch. »Hofer.«
    »Ich habe gehört, Sie wollen mich sprechen.« Die Stimme war dunkel und rauchig.
    »Warum haben Sie nicht wenigstens die Courage, sich mit Ihrem richtigen Namen zu melden?«, fauchte Hofer den Anrufer an. »Finden Sie dieses kindische Versteckspiel nicht langsam etwas kitschig?«
    »Nun, ich würde mich nicht unbedingt als prominent bezeichnen, aber mein Name ist hier in der Gegend nicht unbekannt, und ich will vermeiden, dass man uns in irgendeiner Weise in Verbindung bringt. Das wäre zum jetzigen Zeitpunkt einfach zu riskant.«
    »Tja, im Ausschalten von Risiken scheinen Sie ja ziemlich geübt zu sein.« Hofer sah auf den Zeitungsbericht vor sich.
    »Sie klingen verärgert«, stellte der Anrufer fest. »Dabei sollten Sie

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