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Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Titel: Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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resigniert. »Es ist ja nicht so, dass die jetzige Situation ganz plötzlich entstanden ist, auch wenn es dir vielleicht so vorkommt. Ich habe vier Jahre gebraucht, um einzusehen, wie verschieden unsere Auffassungen sind.«
    »Nur komisch, dass mir das nie aufgefallen ist«, warf Sven ein.
    »Das beweist doch nur, wie sehr wir uns auseinandergelebt haben. Ich liebe dich auch, Sven, aber es funktioniert einfach nicht mehr zwischen uns. Deshalb halte ich es für besser, wenn wir uns trennen. So bleibt uns vielleicht noch unsere Freundschaft erhalten, an der mir nach wie vor sehr viel liegt.«
    Großartig , dachte er. Ich liebe dich, und deshalb verlasse ich dich. Ebenso gut hätte sie behaupten können, Milch schmecke wie Kakao, nur nicht so schokoladig. »Freundschaft«, wiederholte er enttäuscht. In Verbindung mit ihr kam ihm dieses Wort vor wie eine Degradierung. Missmutig registrierte er, dass ein weiterer Gast am Nachbartisch Platz nahm, und senkte augenblicklich die Stimme. »Und du glaubst nicht, dass ich eine zweite Chance verdient habe? Ich könnte mich ändern.«
    »Das hast du schon getan, Sven«, meinte sie und seufzte. »Seit diese Geschichte vor zwei Jahren in den Medien breitgetreten wurde, siehst du in jedem Menschen nur noch einen Feind. Ich wollte immer dein Freund sein. Aber zuletzt hatte ich nur noch das Gefühl, dass wir unser Leben nicht mehr miteinander teilen, sondern es uns gegenseitig stehlen. Das ist der Grund, weshalb ich dich verlassen habe.«
    »Und du bist dir wirklich sicher, dass das allein meine Schuld ist?«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich meine, dass ich nicht der Einzige bin, der sich verändert hat. Seit du bei diesem religiösen Verein bist, lebst du doch in einer anderen Welt.«
    »Ich lebe in der gleichen Welt wie du«, konterte sie energisch. »Ich sehe sie nur mit anderen Augen.«
    »Da widerspreche ich dir ja gar nicht«, sagte er, »aber seit du bei dieser Kirchengemeinde bist, ist sie der Dreh- und Angelpunkt in deinem Denken.«
    »Mit anderen Worten: Du hältst mich für verrückt!«
    »Nein, verrückt ist jemand, der die Realität nicht mehr erkennt. Du versuchst der Welt deinen eigenen Stempel aufzudrücken, indem du aus allem und jedem eine göttliche Fügung machst und allem eine Bestimmung zuordnest.«
    Sandra beugte sich vor und legte ihre Hand auf seine. Sven zuckte innerlich zusammen. Plötzlich musste er daran denken, wo ihn diese Hand schon überall berührt hatte. Wie sie zärtlich an seinem Rücken hinuntergeglitten war und dort ein heißes Kribbeln erzeugt hatte.
    Aus.
    Vorbei.
    Nie wieder.
    »Ich kann deinen Groll ja verstehen«, räumte sie ein. »Und ich denke, es würde dir helfen, mit anderen Menschen über deine Probleme zu sprechen. Warum kommst du nicht am Wochenende zu unserem Gottesdienst?«
    »Das hatten wir doch schon«, wehrte er schroff ab. »Und wie du bestimmt noch weißt, war das nicht sonderlich erfolgreich.«
    »Wie könnte ich das vergessen?«, sagte Sandra. »Du bist mitten in der Messe aufgesprungen und hast unseren Vorsitzenden beschimpft und bedroht.«
    »Der Kerl hat vor aller Augen ein Kind misshandelt!«, verteidigte sich Sven.
    »Du übertreibst wie immer maßlos«, widersprach Sandra ärgerlich. »Das war doch bloß eine Zeremonie, mit der der Junge offiziell in unsere Glaubensgemeinschaft aufgenommen wurde.«
    »Und dazu war es nötig, ihm ein rotes Kreuz auf die Stirn zu malen?«
    »Die Farbe war ein Symbol für das Blut Christi, so ähnlich wie Wein beim katholischen Abendmahl.«
    »Der Junge hat geschrien und geweint.«
    »Das tun Neugeborene bei der Taufe auch«, konterte Sandra. »Springst du deshalb auf den Altar und verprügelst den Pfarrer?«
    »Das ist doch etwas ganz anderes.«
    »Nein, Sven, im Grunde ist es dasselbe Ritual. Dass es anders ausgeführt wird, macht aus uns noch lange keine Sekte. Jede Glaubensrichtung hat ihre eigenen Ansichten und Regeln.«
    »Ja, und manche Religionen verlangen von ihren Mitgliedern, sich in die Luft zu sprengen, nicht wahr?«
    Sandra ließ seine Hand los und seufzte enttäuscht. »Wie ich sehe, hat sich an deiner Ansicht nichts geändert.«
    »Tut mir leid, aber ich glaube nun mal nicht an Märchen.« Unverwandt sah er ihr in die Augen. »Ich will damit nur sagen, wenn es um Religion geht, sind die Menschen sehr leicht manipulierbar.«
    »Ja, wenn man wie du immer nur das Schlechte in ihnen sieht«, konterte sie. »Vielleicht solltest du einfach lernen, den Menschen wieder ein

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