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Stern auf Nullkurs (1979)

Stern auf Nullkurs (1979)

Titel: Stern auf Nullkurs (1979) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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gleichermaßen wie für alles, was existiert. Auch das Erkennen der Zusammenhänge verleiht uns nicht die Kraft, diese Gesetze zu verändern, sondern nur, sie zu nutzen, sie anzuwenden zu unserem Vorteil, für unsere weitere Entwicklung. Sie zwingen uns, den einzig möglichen Weg zu gehen, sollen sie sich nicht gegen uns kehren."
    „Sind sie nicht wie ein Gefängnis, diese Zusammenhänge, diese Gesetze, Kalo?"
    „Nein", protestiert er, „sie sind wie eine breite, dunkle Straße, die durch unser Wissen Stück für Stück erhellt wird, aber eben nur Stück für Stück."
    Die matte Glut verschwindet hinter den letzten, sich schließenden Flügen der Sphäre. Verhaltener Jubel klingt auf. 
    Kalos Schubstrahler beginnen zu laufen, ohne daß ihm bewußt wird, ob er den Befehl dazu gab oder ob sie ihre Tätigkeit aufnehmen, weil auch die anderen Astraten sich auf die Oberfläche der Sphäre hinabsinken lassen. Er gleitet mit im Schwärm der Niedergehenden, langsam löst sich die von Hisip provozierte Skepsis in ihm auf, andere Gedanken fassen Fuß, schwemmen die Sorgen hinweg; die junge Stadt Astur ruft zur Kopula.
     
    Die Stadt! Ist das überhaupt eine Stadt, diese überdimensionale Blase, die sich mit unzähligen Saugleitungen im Boden Astrats verankert, die sich aus dem Boden selbst ernährt, aus ihm wächst, die pulsiert, Wärme erzeugt, Leben?
    Zweifel steigen in Kalo auf, daß dies seine Welt ist, Erinnerungen an anderes, an eine andere Stadt, an übereinandergetürmte Steinquader, Räume mit eckig-geometrischen Formen, an Straßen und Plätze, an sonnenüberflutete Ebenen und Berge, an ein sanft atmendes Meer, schäumende Bäche und ruhig dahinströmende Flüsse. 
    Doch noch ehe die Erinnerungen klare Form gewinnen, drängt sie eine geheimnisvolle Kraft hinter die Schwelle bewußten Begreifens zurück. Was bleibt, ist Ungewißheit.
    Ein Zeichen ist gegeben. Etwas Unerklärliches ist geschehen. Was nützt es, daß die Kopulogen ermittelt haben wollen, die Große Mutter sende zu Zeiten der Reife bestimmte Signale aus, die in den Astraten ein Ansteigen bestimmter hormonaler Drücke auslösen. 
    Wie auf ein Kommando vergessen die Biokybernetiker ihre halbfertigen Maschinen, die Biologen ihre in langsamem Wachstum begriffenen Kulturen, die Mechaniker ihre Montagesektionen, die Wissenschaftler ihre Kontaktrechner, und sie alle streben wie ein einziges Wesen der Stadt Astur zu. Und das in exakter Übereinstimmung, zu einem einzigen Termin, der weder im Kalender fixiert noch von irgendeinem anderen Ereignis abhängig ist als eben von den geheimnisvollen Signalen der Großen Mutter.
    Es ist wie ein Fieber. Von allen Seiten strömen sie herbei, die Luft vibriert von den Tausenden und aber Tausenden der Hüftstrahler, ein einziger Ton schwingt über der Stadt, ein Ton, wie es ihn nur einmal im Jahr gibt, schwebend und schwingend, aufreizend und vorwärtstreibend. Astur ruft zur Kopula.
    Kalos Schwarm passiert die Vakuole im Zenit der Stadt, dann den Haupttunnel, rotsamtene Dämmerung, blasige Kammern und Hallen, durch die angenehme feuchtwarme Luft strömt. 
    Irgendwann stauen sich vor ihm die Massen, bräunlich glänzende Leiber, Gesichter, in die wachsende Erregung ihre Zeichen gräbt. Je näher er dem Ziel rückt, um so mehr nimmt die Schwüle zu, hüllt ihn ein, er spürt den angenehmen Schauer steigender Erwartung. 
    Längst sind die Kontakter zurückgeblieben, weit hinter ihnen, irgendwo in dem vielfach verzweigten Labyrinth Asturs. Hier haben die Maschinen nichts mehr zu suchen, ihr Aufgabenbereich endet an der Peripherie des Zentrums, hier gilt allein das Recht der Astraten. Kopula, Privileg und Verpflichtung zugleich. 
    In seinem Nacken spürt Kalo den heftigen Atem Hisips. 
    Langsam, viel zu langsam rückt er vor, hinein in die Schwüle und die Erregung der Tausenden, näher und näher dem Ziel. 
    Sein Blut pulst ungestümer, schneller hebt und senkt Sich sein Atemfächer. Einen Augenblick lang betrachtet er entsetzt seine Hände, die bräunlichen, krummfingerigen Klauen gleichen, einen Herzschlag lang spürt er, daß er hier fehl am Platze ist, daß er Unerhörtes tut, dann überwältigt ihn die Wucht des gemeinsamen Dranges, und er rückt weiter vor inmitten der anderen.
    Irgendwann steht er vor ihr. Endlich! Er steht vor der Großen Mutter, Zentrum der Stadt und Ursprung, vor ihrem riesigen, prächtigen Leib, weiß und weich, voll trägen Lebens, voller Zeugungskraft, voll verborgener Zukunft. Wie ein

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