Stern auf Nullkurs (1979)
und im Makrokosmos, die Bewegungen innerhalb eines Atoms laufen nach ähnlichen Grundsätzen ab wie die in einem Sonnensystem, wie die in einer Galaxis, wie die in einer Metagalaxis. Die Natur läßt sich nicht überlisten. Nicht durch uns und nicht durch euch. Alles reduziert sich auf die Frage: Bleibe der einzelne ein Mensch?
Bliebe er Mensch?
Natürlich nicht! Wohl könnte er eine Zeitlang existieren, aber er würde sich verschleißen in einem ewig währenden Kampf um das Überleben, in einem tierischen Kampf. Mensch bliebe er nur in der Gesellschaft.
Einst baute man Generationenraumschiffe. Man schickte Menschen in das All, deren Heimkehr von vornherein nicht geplant war. Sie hatten keine andere Aufgabe als die, Kinder zu zeugen, ihnen ihr Wissen zu vermitteln und Platz zu machen für die neue Generation. Und auch ihre Kinder hatten keine andere Aufgabe. Von zehn Generationen dienten acht dazu, menschliches Leben über einen großen Zeitraum zu erhalten und über eine unmenschlich große Strecke zu transportieren, nur eine bestand aus Forschern und eine letzte aus Informationsüberbringern.
Vor Jahren war eine solche Gruppe zur Erde zurückgehrt, ein gut eingespieltes Kollektiv von Außenseitern, von Menschen, die das Leben auf der Erde wie einen Alptraum empfanden. Es waren schlanke, weißhäutige Männer und zartgliedrige Frauen mit einer Haut, die mattem Porzellan glich, Menschen, denen der Kosmos und die Einsamkeit ein extremes Selbstbewußtsein anerzogen hatten, jeder einzelne unfähig, sich der Gesellschaft der Erde einzufügen, Psychopathen letztlich, die sich an jeder Ecke stießen.
Der Mensch ist auf Kommunikation angewiesen. Und die Astraten? Es gibt keine Einzelwesen. Nur die Gesellschaft existiert. Isolation ist Tod.
Diese Unterhaltung ist wie der Zipfel eines Vorhanges, hinter dem sich eine ganze Welt verbirgt, eine unbekannte Welt. Nur ein winziges Eckchen konnte Kalo lüften, aber die fremde Welt selbst bleibt im Dunkel. Gibt es denn keine Möglichkeit, Astrat auf eine Bahn um die Sonne einzusteuern? Wer will nach wenigen Wochen Forschungsarbeit ermessen können, wie groß das Risiko tatsächlich ist?
Das Risiko ist groß. Allerdings kann niemand sagen, welche Veränderungen sich wirklich einstellen werden. Die Sonne würde in eine neue Ruhelage einschwingen. Jede Änderung im System ihrer Planeten bedingt auch eine Veränderung ihres Zustandes. Mit Sicherheit ist anzunehmen, daß sie sich ausdehnen würde, wie weit, ist noch ungewiß. Im Extremfall würde sie den inneren Planeten verschlingen und in ihre atomaren Prozesse einbeziehen, dann könnte sie die nächsten so weit aufheizen, daß auf ihnen kein Leben mehr möglich wäre.
Also keine Chance?
Eine Chance gibt es. Astrats Masse ist sehr gering, geringer noch als die eures Planeten. Sie beträgt nur einen verschwindenden Bruchteil der Massen dieses Sonnensystems. Die Auswertungen werden ergeben, wie groß die Einflüsse auf die Umlaufbahnen der Planeten sind.
Vielleicht sind alle Befürchtungen übertrieben. Ändern wird auch das nichts mehr. Leben ist an eine lang andauernde Stabilität des ökologischen Systems gebunden. Und es steht außerhalb experimenteller Möglichkeiten. Man darf kein Risiko eingehen.
Astrats Masse ist sehr gering. Das ist uns von Anfang an aufgefallen. Umfang und Masse stimmen nicht überein. In der Zwischenzeit allerdings ...
Astrat ist hohl. Eine Blase, in der die längst erloschene Sonne wie ein Ball schwebt. Die Sphäre Astrats ist eine der größten technischen Leistungen unserer Wissenschaftler.
In der Tat eine grandiose Leistung. Intelligente Wesen sind die Grundstruktur eines kosmischen Systems angegangen und haben sie zu ihren Gunsten verändert, ein für menschliche Begriffe kaum denkbares Projekt.
Es war die einzige Chanche zu überleben, eine Frist von mehreren tausend Umläufen. Nun aber nimmt die Masse Astrats ständig ab. Um das Energiemaß zu halten, sind wir gezwungen, seine Materie kontinuierlich in Energie umzusetzen, Astrat wird verbrannt, eine Lösung, die das Ende in sich trägt.
Wie lange könnten die Astraten noch überleben, wenn sie keine neue Sonne fänden?
Fünfhundert, tausend, vielleicht auch tausendfünfhundert Umläufe lang. Die Meinungen gehen auseinander.
Und wie lange suchen die Astraten schon nach einer neuen Sonne? Seit fünf- bis sechstausend Umläufen. Die einen legen den Zeitpunkt in die Nähe der Vollendung der großen Sphäre, die anderen gehen von
Weitere Kostenlose Bücher