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Stern auf Nullkurs (1979)

Stern auf Nullkurs (1979)

Titel: Stern auf Nullkurs (1979) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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sucht.
    Glück und Familie. Bedingt das eine das andere? Was ist das überhaupt, Glück?
    Was beispielsweise empfindet Kregg als Glück? Für ihn scheint es nichts anderes auf der Welt zu geben als die Aufgabe, als diesen penetrant sachlichen Raum, von dem aus er seine Fäden zieht, dieses Zentrum des gesamten Arbeitsbereiches Extrakom. 
    Ist Kregg vielleicht nicht glücklich?
    Als er die Tür zu Kreggs Arbeitszimmer öffnet, schlägt ihm Stimmengewirr entgegen. Der Raum ist voller Menschen. Und während Kalo noch in der Tür steht, tritt plötzlich Stille ein, die Gesichter wenden sich ihm zu, fragend und abschätzend. 
    Kregg bricht das Schweigen. „Das waren gute Sendungen, Kalo! Alle Achtung! Du hast dich gewaltig ins Zeug gelegt, das müssen selbst die dir zugestehen, die deine Auffassung ablehnen." 
    Da ist ein Unterton, der Kalo nicht gefällt. Etwas stimmt nicht. Das erkennt er nicht nur an Kreggs Worten, sondern auch an der Verdrossenheit, mit der sie von einigen der Anwesenden quittiert werden. Das Lob mag gut gemeint sein, aber es wird von Bedenken überlagert, wirkt einfach nicht spontan genug. Und Spontaneität ist nun mal eines der auffallendsten Charaktermerkmale Kreggs.
    Aber noch kann Kalo seine Fragen nicht stellen, noch muß er sich gedulden, muß sich bekannt machen lassen mit Leuten, denen er im Augenblick nicht das geringste Interesse entgegenbringt, muß Hände berühren und unwichtige Fragen beantworten. Erst dann gelingt es ihm, Kregg in eine ruhige Ecke zu ziehen. Mindestens eine halbe Stunde ist nutzlos vertan.
    „Ich bin nicht sicher, daß wir den Erfolg haben werden, den wir uns erhofften, Kregg. Diese umständlichen Darlegungen..."
    Kregg nickt. „Ich weiß! Es ist Kraftverschwendung."
    Klingt das nicht nach Resignation? Ist Kregg nicht mehr von ihrer gemeinsamen Mission überzeugt? Oder hat er andere Pläne, neue Modelle, von denen er sich größere Wirkungen verspricht?
    „Wie stehen unsere Chancen, Kregg?"
    Langsam hebt Kregg die Schultern und wendet sich suchend um. Drüben am Fenster steht ein schlanker Mann mit langen Armen und blickt sinnend herüber. Als habe er nur auf Kreggs Bewegung gewartet, schiebt er sich von der Wand ab und kommt langsam herüber. Dabei bewegt er die Arme, als rudere er sich vorwärts. 
    Kregg deutet mit dem Kinn auf Kalo. „Sag ihm, was ihr von seinen Sendungen haltet, Borg."
    Der Mann zieht die Brauen hoch, sein Gesicht drückt Langeweile aus.
    „Nichts!" sagt er und macht eine lange Pause. Aber als Kalo sich ereifern will, fährt er dann doch fort, allerdings in verletzend gleichmütigem Tonfall: „Solche Erklärungen verbreiten allenfalls Unruhe, sie fordern persönliche Entscheidungen, wo weder Erfahrungen noch vergleichbare Ereignisse vorliegen. Und nicht nur das. Sie verlangen sogar die Korrektur bereits getroffener Entscheidungen. Das kann man nicht..."
    „Gerade das haben wir ja beabsichtigt, nur darauf kommt es uns an. Auch dir, Kregg. Oder..."
    „Laß ihn ausreden", bittet Kregg ungewöhnlich sanft, und Borg spricht mit monotoner Stimme weiter: „Ich bin Soziologe. Das zur Erläuterung. Ich meine, daß man eine derartige Verhaltensweise nicht zulassen darf. Wir Menschen haben fast alle Krankheiten ausgemerzt, wir kennen keine Kriege mehr, leiden keinen Mangel, wir haben Armut und Hunger restlos beseitigt, und unsere Kultur garantiert allen Mitgliedern der Gesellschaft ein Höchstmaß an Lebensinhalt. Das alles hat eine Basis. Das ist gewachsen in Jahrtausenden, hat Höhen und Tiefen durchgestanden und ist dabei, sich dem Optimum zu nähern. Das alles basiert auf der strikten Anwendung der Gesetze der Gesellschaft und Natur und auf der Einhaltung der in all den Jahren als richtig erkannten soziologischen Modelle. Unser System der Verhaltensanalysen ist perfekter denn je, das der Entscheidungsfindung ist tausendmal erprobt."
    Er blickt Kalo aus schmalen Augen an. „Auch wenn du es in Abrede stellst", sagt er nachlässig und fährt fort: „Jede Beeinflussung von außen führt zwangsläufig zu einer Destabilisierung bestimmter Bereiche und damit letztlich zu einem Manko an Lebensinhalt für die Betroffenen. So einfach ist das. Auf solch einfache Weise sind wir Soziologen zu der Überzeugung gekommen, daß die Menschen das Ansinnen der Astraten mit aller Schärfe ablehnen sollten, da das Einsteuern Astrats dessen Bewohnern nicht unbedingt Erfolg garantiert, den Menschen jedoch mit Sicherheit Beschränkungen abverlangt."
    Kalo

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