Stern auf Nullkurs (1979)
der ersten Verringerung aus.
Verringerung?
Mit der Verminderung des Energiepotentials muß notwendigerweise eine Reduzierung der Bevölkerungszahl einhergehen. Das Energiemaß muß gewahrt bleiben. Eine Frage von Ursache und Wirkung. Weshalb?
Zum erstenmal kommt die Antwort zögernd und undeutlich. Das Verhältnis von Populationsdichte und Energiepotential sei das Maß des Lebensstandards, versteht Kalo, aber die Gründe bleiben unüberschaubar. Energie sei das Maß aller Dinge, sei der Träger des Glücks, der Motor jeglicher Entwicklung, versteht er.
Ihm scheint, die Reduzierung des Energieverbrauches sei sinnvoller, Sparsamkeit anerziehbar, die Erde biete ein Beispiel.
Er spürt massive Ablehnung, Beschränkung sei Rückschritt, vermindere den Lebensinhalt. Heftiger als vorher strömen Emotionen und Begriffe auf ihn ein, immer häufiger weigert sich sein Verstand, den fremden Gedankengängen zu folgen. Nur eines begreift er: Die Zivilisation dieser Wesen gründet sich anscheinend ausschließlich auf das Energieangebot, Energieüberschuß ist für sie unerläßlich, ist Maß und Ziel, Ursache und Sinn. Vielleicht gerade, weil das Energieaufkommen auf Astrat begrenzt ist?
Die beiden ihm zunächst stehenden Imagines haben einen Arm bis in Höhe ihres Brustschildes. In wenigen Augenblicken werden sie zurück zu ihrer Kuppel fliegen und unmittelbar danach in Richtung Astrat aufbrechen. Ihre Aufgabe auf dem innersten Planeten des Sonnensystems ist erfüllt. Sie empfehlen den Menschen, sich schnellstens in den Schutz der Transporter zu begeben, denn der Start des Raumschiffes wird die Magnetlinien des Planeten stellenweise erheblich verzerren. Sie kennen die Struktur der Menschen nicht genau genug, um einschätzen zu können...
Aikiko löst sich aus Kalos Arm. Mit langsamen Schritten geht sie hinüber zu einem der Fahrzeuge. Noch bevor sie die Luke erreicht, ist Randolph an ihrer Seite und hilft ihr beim Einsteigen.
„He, Kalo! Komm sofort an Bord! Sie werden in wenigen Minuten starten. Hier drin ist es sicherer als dort draußen auf der Ebene." Das ist Tonders Stimme.
Kalo blickt sich um. Der Pilot ist bereits im Steuerstand der Maschine verschwunden.
Drüben tauchen die roten Pfeile in den Mund der Kuppel.
Die Menschen in den Transportern blicken sich an. Schweigend versucht jeder in den Mienen der anderen zu lesen.
Aikiko Mangawa faßt sich als erste. „Es muß eine Lösung geben", sagt sie. „Es muß..."
Jetzt ist wohl sicher, daß auch sie Kontakt zu den Astraten hatte. Kalo
nickt ihr zu. Die Farbe ist in ihr Gesicht zurückgekehrt.
Hinter ihr stehen Torre Nelen und der Kyborg William Randolph, und auch sie neigen zustimmend den Kopf.
Und Tonder, Veyt Tonder, der Pilot?
Kalo blickt ihn an, fragend.
Da hebt Tonder langsam die Schultern. „Hast du das mit dem ökologischen System begriffen? Sie glauben, daß uns die geringste Veränderung unserer Lebensbedingungen zur Stagnation verurteilt. Wenn die wüßten, was die Menschheit schon alles überstanden hat, sie würden keinen Augenblick zögern und ihren Planeten in dieses System steuern." Er blickt Kalo verwundert an. „Hast du das begriffen?" fragt er. „Sie halten uns für Mimosen."
Und dann wird er plötzlich sehr ernst und fügt hinzu: „Ich glaube schon, daß wir die Pflicht haben, nach einer Lösung zu suchen. Hoffen wir nur, daß es sie überhaupt gibt."
Der Start des fremden Raumschiffes erfolgt lautlos und ohne jede Dramatik. Zuerst scheint die Kuppel zu wachsen, sie schiebt sich gleichsam aus dem Boden, wird höher und höher, bis sie sich schließlich einzuschnüren beginnt. Dabei bildet sich eine Art Stütze, die mit ihrem unteren Ende auf der Ebene aufliegt, die dünner und dünner wird, wie ein Faden schließlich, bis sie zerreißt, zurückfließt in das jetzt kugelige Gebilde. Einen Augenblick lang schwebt die Kugel bewegungslos über der Ebene, dann streckt sie sich, nimmt Tropfenform an, endlich die Form eines Speeres, lang und schlank.
Zuerst ist es nur die Spitze, die in die Höhe strebt, dann aber folgt der übrige Teil des Gebildes nach, federnd, als bereite es ihm Schwierigkeiten, sich von dem Planeten loszureißen. Wie ein Pfeil verschwindet das fremde Raumschiff im dunklen Himmel des Merkur.
Die ersten Zeichen
ER HATTE SICH ALLES VIEL LEICHTER vorgestellt. Man tritt an den Tonträger und legt seine Gedanken dar, als spräche man nicht zu Millionen Menschen, sondern halte
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