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Stern auf Nullkurs (1979)

Stern auf Nullkurs (1979)

Titel: Stern auf Nullkurs (1979) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Sinne kennen sie nicht, Lachen und Weinen sind ihnen fremd. Sollte er sie deshalb bedauern? 
    Sie haben andere Ausdrucksformen, andere Verhaltensweisen. Sorge hebt ihre Körpertemperatur. Freude vermindert sie, und das geschieht so spontan, daß Empfindungen bis an die Schmerzgrenze heranreichen. Nur die Melancholie ist allgegenwärtig. Während der letzten zweitausend Jahre ist die durchschnittliche Körpertemperatur stetig gestiegen. Das erhöht auch die Aktivität, beschleunigt die Evolution, läßt die Astraten neue Wege schneller finden, Wege und Auswege. Das steigert die Intensität der Lebensprozesse, gleicht den Energiemangel der Umwelt auf natürliche Weise aus.
    Kalo schließt die Augen und horcht in sich hinein. Wie entstehen diese Antworten auf kaum gedachte Fragen? Woher kommen sie? Ist das schon Kommunikation?
    Sofort weiß er, daß er das Richtige erkannt hat. Die Brücke ist geschlagen, sie verstehen sich, Menschen und Astraten. Alles kann noch gut werden. Noch können sie gemeinsam eine Lösung finden. 
    Es gibt keine Lösung. Das irdische System ist instabil. Die Forschungen haben es einwandfrei erwiesen. Jede Veränderung kann unabsehbare Folgen haben. Die riesige Masse Astrats könnte der irdischen Zivilisation unlösbare Probleme aufgeben.
    Und wenn sie nicht in eine Umlaufbahn um die Sonne einschwenken, wenn sie wieder hinaus in die Abgründe des Kosmos fliegen, was wird dann aus ihnen?
    Das wissen sie nicht genau. Sie werden unter Energiemangel leiden, soviel ist sicher. Sie werden ihre Zahl weiter verringern müssen, sie werden ihren Stern nach und nach in Energie umsetzen, verheizen. Und dann?
    Das ist eben nicht modellierbar. Vielleicht finden sie eine Sonne, vielleicht nicht. Es wird schwierig werden, dem Volk der Astraten das Unvermeidliche begreiflich zu machen. Auf Astrat ist man überzeugt von dem sinnvollen Zusammenspiel der Kräfte von Natur und Gesellschaft, von der Ordnung aller Dinge aus sich heraus. Man wird an dieser Ordnung zweifeln.
    Gibt es nicht ein Naturgesetz, demzufolge eine Zivilisation, die einen bestimmten Evolutionsgrad erreicht hat, unsterblich ist? Demzufolge sie immer einen Weg findet, auftauchende Gefahren zu beseitigen oder zu vermeiden, mindestens aber doch zu überleben? 
    Sie kennen viele Naturgesetze. Dieses aber ist nicht darunter. Nur der Kosmos ist ewig. Alles andere entsteht und vergeht. Auch die Zivilisationen. Andernfalls wäre der Kosmos längst in allen seinen Teilen besiedelt. Das Gegenteil ist der Fall. Stetige Erneuerung ist die Regel. Eine Zivilisation entsteht, und irgendwann geht sie wieder unter. Aber immer und ewig entstehen neue. Vielleicht ist der Zeitpunkt des Unterganges für die Zivilisation Astrats herangerückt. 
    Und die Menschen?
    Die Menschen sind noch am Anfang ihres Weges. Ganz am Anfang. Sind die Astraten nie auf den Gedanken gekommen, sich des irdischen Sonnensystems mit Gewalt zu bemächtigen? Gewalt?
    Ausnutzung der Machtmittel gegen andere, Einsatz technischer und gesellschaftlicher Überlegenheit.
    Wozu? Soll man eine Zivilisation vernichten, um eine andere zu erhalten?
    Eine andere vernichten, um die eigene zu erhalten. 
    Nicht Astrat ist von Belang, sondern die Gesamtheit des Lebens, nicht der Mensch, sondern die Menschheit. Nicht die Zivilisation der Astraten steht im Vordergrund, sondern das Leben an sich. Leben ist die höchste Form der Materie, jedes Leben; es ist nicht wertbar. 
    Ist nicht auch das Individuum wesentlich? Ist es nicht das Recht jedes einzelnen, sich ein Höchstmaß an Glück zu schaffen? Also wäre es auch die Pflicht einer jeden Zivilisation, sich zu erhalten, zum Wohle der Individuen. Und sei es auf Kosten anderer. 
    Der einzelne? Das Individuum allein könnte nicht existieren. 
    Ein einzelner Mensch könnte es. 
    Bliebe er Mensch?
    Die Kommunikation droht über Kalos Kräfte zu gehen. Obwohl die Gedanken der Astraten klar und deutlich sind, fällt es schwer, sie zu ordnen, in menschlich verständliche Kategorien zu transponieren, ihnen zu folgen. Oder erwächst die Schwierigkeit daraus, daß sie so eindeutig sind?
    Kalo unternimmt einen letzten Versuch:
    Aber eine einzelne Zivilisation wäre existenzfähig. Sie bedarf nicht der Impulse anderer.
    Über eine kurze Zeitspanne wäre sie es. Von einer bestimmten Evolutionsstufe an würde sie ohne Impulse von außen stagnieren. Stagnation aber bedeutet Untergang. Astrat ist ein Beispiel. Die Naturgesetze sind unwandelbar, sie wirken im Mikrokosmos

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