Stern der Göttin
flatterten einige neue Seidenfahnen im Wind, auf denen stand, dass der Thronräuber Waihe gefangen sei und seiner Aburteilung durch das königliche Gericht entgegensehe.
Laisa verabschiedete sich von dem Prinzen und dessen Vertrauten und gesellte sich zu ihren Gefährten. Sie fand Naika in einer großen Kupferwanne sitzend, die wie eine Sänfte von sechzehn Soldaten getragen wurde. Ein Offizier achtete darauf, dass die Träger vorsichtig gingen, um so wenig Wasser wie möglich zu verschütten. Zudem standen zwei junge Burschen mit Eimern bereit, um die Wanne sofort nachzufüllen, wenn die Nixe dies wünschte.
Rasch schöpfte Laisa etwas von dem Wasser, in dem Naika saß. Die Fähigkeiten der Nixe waren beträchtlich, denn der Trunk erfrischte sie und verlieh ihr neue Kräfte.
»Das tut gut!«, meinte sie lachend.
Naika streckte ihren Arm aus und fuhr ihr über die Stirn. »Du hast noch viel mehr verdient. Wenn ich es richtig sehe, wird es keinen Bürgerkrieg in Tanfun geben. Der Usurpator ist gefangen, und seine Anhänger werden sich entweder Punji unterwerfen oder mit den Freistädtern gehen. Damit ist deine Aufgabe hier beendet. Ysobel wird es freuen, dieses Land so bald wie möglich verlassen zu können. Sie fühlt sich in der gelben Suppe, die die Tempelartefakte ausstrahlen, nicht gerade wohl. Selbst ich muss sagen, dass ich mich auf eine andere Gegend freue. Punjis Männer sind sehr bemüht um mich, aber ich mag es nicht, wenn die Leute mich begaffen. Das erinnert mich zu sehr an die Zeit, in der ich als Kuriosität von Jahrmarkt zu Jahrmarkt geschleift wurde.«
»Konntest du dich damals nicht magisch zur Wehr setzen?«, fragte Laisa erstaunt.
»Es gibt einfache Tricks, um mich daran zu hindern. Zuerst hat man mich betäubt, und dann haben die Landfahrer mir ein dichtes Netz aus Silber in das Haar gewebt. Damit war ich nicht mehr in der Lage, etwas gegen sie zu unternehmen. Ich habe mir das Zeug später in der Festung des Magiers mühsam herauslösen müssen. Ehrlich gesagt bedauere ich, dass so viele Jahre seit jener Zeit vergangen sind, denn ich hätte es diesen Schuften gerne heimgezahlt. Doch deren Geister sind längst in die Seelendome ihrer Götter gewandert.«
Zum ersten Mal bemerkte Laisa so etwas wie Rachsucht bei dem sonst so friedfertigen Geschöpf. Naika lachte aber gleich über sich selbst und schüttelte ihr Haar, so dass Wasserspritzer die Träger benetzten. Auf diese wirkten die Tropfen wie belebender Regen an einem Sommertag.
»Das tue ich von Zeit zu Zeit, damit sie mit neuer Kraft erfüllt werden«, sagte sie zu Laisa und wies nach hinten zu Ysobel, die in einem gebührenden Abstand hinter dem Heer herritt. »Kümmere dich um sie. Sie ist gereizt und sehr unglücklich.«
»Mache ich!« Laisa zügelte ihre Stute und wartete, bis Ysobel zu ihr aufgeschlossen hatte. »Wie geht es dir?«, fragte sie besorgt.
»So, wie es jemandem geht, der durch eine gelbe Hölle ziehen muss. Oben im Norden ging es ja noch, aber je weiter wir uns der Hauptstadt nähern, umso stärker strahlen die Tempelartefakte ihren gelben Schmutz aus. Es tut so weh, als würde man mir jedes Härchen einzeln ausreißen.« Ysobel klang so kläglich, dass Laisa jeden Gedanken an einen längeren Aufenthalt in diesem Land aufgab.
Sie lächelte der Tivenga aufmunternd zu und wies dann nach Süden. »Ein paar Tage musst du noch aushalten, dann ist mein Auftrag hier erledigt, und ich kann mit euch weiterziehen. Bei Borlons Leuten wird es dir sicher bessergehen.«
»Das kannst du laut sagen! Magisches Weiß stört mich bei weitem nicht so wie dieses eklige Gelb. Ich hoffe nur, dass wir unterwegs nicht noch einmal in ein Land mit solch fanatischen Talien-Knechten kommen.« Ysobel schnaubte und erklärte dann, dass ihr auch das Essen in Tanfun zuwider war.
»Das meiste kann ich erst gar nicht essen. Ich bringe höchstens ein bisschen Steckrübenbrei hinunter. Wenn wir noch lange bleiben, bin ich verhungert, bevor wir den Bärenfluss erreichen«, schloss sie mit düsterer Miene.
Rongi, der sich ebenfalls zu ihnen gesellt hatte, gelang es jedoch mit ein paar witzigen Bemerkungen, sie in bessere Laune zu versetzen. Laisa sah, dass sie hier nicht mehr gebraucht wurde, trieb Vakka zu einer schnelleren Gangart an und überholte die marschierenden Krieger, um sich neben Punji, Hubai und Borlon einzureihen.
☀ ☀ ☀
Punjis Vormarsch auf Tanfunrah glich einem Triumphzug. Die Nachricht, dass Waihe bereit gewesen war, sich mit
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