Stern der Göttin
sonst wäre sie wohl zwischen den einzelnen Gängen verhungert. Während einer Gebetspause wandte sie sich an Punji.
»Hat man bereits etwas von den Freistädtern gehört?«
»Da braucht Ihr Euch keine Sorgen mehr zu machen«, erwiderte Punji. »Hubais Schwager Yünli hat berichtet, dass ihre Vorhut nach Waihes Verschwinden das Land wieder verlassen hat. Sie werden es nicht wagen zurückzukommen, denn sie wissen, dass Tanfun wieder eine Einheit ist und ihnen jederzeit widerstehen kann!«
Laisa musterte ihn nachdenklich. »Nun, wenn das so ist, ist meine Anwesenheit und die meiner Freunde hier nicht weiter notwendig, und wir können morgen aufbrechen.«
»Du willst fort?« Der Prinz fasste Laisa am Arm. »Ich dachte, du würdest bleiben. Ich wollte dich zur Gräfin in Tanfun machen und dir Land und reichen Lohn geben.«
Punji sah Laisa dabei so bittend an, dass diese in ihrer Entscheidung beinahe schwankend geworden wäre. Dann aber dachte sie an Ysobel, die nicht in diesem Land bleiben konnte. Auch Naika wollte in ihre ferne Heimat zurückkehren, und Borlon sehnte sich nach Wäldern, die mehr nach seinem Geschmack waren als der lichte, aber auch sehr eintönige Wald von Tanfun.
Bedauernd schüttelte sie den Kopf. »Leider kann ich nicht bleiben. Meine Freunde waren lange Zeit Tedenrhols Gefangene und wollen nach Hause, und ich habe versprochen, sie zu begleiten.«
»Das verstehe ich.«
Da Punji seine Enttäuschung nicht verbergen konnte, kam Borlon Laisa zu Hilfe. »Glaubt mir, mein Prinz, dass es so besser ist. Blieben Laisa und wir anderen hier im Land, würde es immer heißen, Ihr hättet Eure Krone nur der Einwirkung fremder, unheimlicher Dämonen zu verdanken, und man würde Laisa, obwohl ihre magische Farbe Weiß ist, stets mit den Mächten jenseits des Stromes in Verbindung bringen.«
Tiehu und der Oberpriester, die über mehr Menschenkenntnis verfügten als der kindhafte Prinz, nickten zustimmend und erklärten Punji, dass Laisa und Borlon recht daran täten, Tanfun zu verlassen, bevor er nach der endgültigen Vertreibung der Freistädter zum König gekrönt würde.
»Die Menschen würden sonst glauben, dass Ihr in ihrem Schatten stündet, erhabener Prinz. Belohnt sie und ihre Freunde so, wie sie es verdienen, und bietet ihnen Gastfreundschaft, wann immer sie Tanfun betreten, aber behaltet sie als selbstlose Fremdlinge in Erinnerung, die Euer Reich aus großer Gefahr errettet haben.«
Das Wort Belohnung ließ Laisas Augen aufleuchten. Zwar hatte sie aus der Festung des Magiers einiges an Beute mitgenommen, dennoch wollte sie Punji ihre Dienste nicht ohne Gegenleistung angeboten haben.
Tiehu erklärte lächelnd, dass man über alles zu späterer Stunde reden könne, jetzt aber sollten sie zugreifen, bevor die Speisen endgültig kalt würden. Dies war, wie Laisa fand, ein guter Gedanke, und sie angelte sich das nächste Hühnerbein.
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Elftes Kapitel
Die Schwarze Festung
E ndlich war er am Ziel, dachte Wassarghan, während sein Blick höchst zufrieden über die vor ihm aufragende Festung wanderte, deren aus schwarzem Kristallgestein gegossene, fugenfreie Mauern sechzig Schritte hoch aufragten. Das Material, aus dem das Bauwerk bestand, war härter als Stahl und fester als Diamant und hatte allen Angriffen der Dämonen des Westens widerstanden. Mit diesem Gedanken wandte er sich an den bisherigen stellvertretenden KommandantenBurlikk. Er gab sich keine Mühe, seine Verachtung vor dem Gurrim-Mischling zu verbergen, der einen Kopf kleiner, aber fast dreimal so breit war wie er und eine armdicke Eisenstange mühelos mit seinen Händen biegen konnte.
»Im Auftrag des mächtigen Caludis übernehme ich die Kommandogewalt über die Schwarze Festung. Dies hier ist mein Stellvertreter Gerull!«
Mit dieser Ankündigung war Burlikk seines bisherigen Ranges enthoben. Wassarghan fragte sich, wie Salavar so närrisch gewesen sein konnte, diesen Mann als seinen Vizekommandanten einzusetzen. Das war ein Posten, den nur ein Magier aus einem anerkannten Orden, vorzugsweise seinem eigenen, einnehmen durfte, aber kein Kerl mit Gurrimblut.
»Du bleibst Major der Gurrim-Kampftruppen«, fuhr Wassarghan, an Burlikk gewandt, fort in dem Wissen, dass keiner seiner Magier oder Adepten diesen Posten freiwillig übernommen hätte. Außerdem zeigte er dem Halbgurrim damit die Grenzen auf, die künftig für ihn gelten würden.
Burlikk salutierte, ohne sich eine Regung anmerken zu lassen. Die letzten drei Jahrhunderte
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