Stern der Leidenschaft
wir Jorran jemals wiedersehen.« Auf Tedras Stirn bildete sich eine steile Falte. »Wie groß?«
»Er will sie zu seiner Königin machen. Und da sie weder Ländereien noch einen Titel noch Untertanen oder irgendwelche Reichtümer besitzt und auch sonst kaum über königliche Attribute verfügt, gehe ich davon aus, dass sein Interesse an ihr rein persönlicher Natur ist.«
»Höllenstunk!«, murmelte Tedra.
»Er musste sie retten und uns zur Wiederherstellung überlassen. Dadurch hat er seinen Vorteil verspielt. Hätte er die beiden Turteltäubchen unter normalen Umständen gemeinsam angetroffen, so säßen sie nun dank der Transfervorrichtung auf Jorrans Schiff in seinem Frachtraum und er wäre bereits mit ihnen auf dem Heimweg. Dalden hätte er dann als Geisel benutzen können, damit wir ihm nicht folgen. Und für den Jungen wäre diese Reise bestimmt nicht angenehm geworden. Dass Jorran Brittany mutterseelenallein und auch noch auf der Schwelle des Todes vorfand, machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Ihr bedrohlicher Zustand hat Dalden wahrscheinlich vor Folter und Tod bewahrt. Ich hoffe, der Junge berücksichtigt das, bevor er sich eine Strafe für Brittany ausdenkt, weil sie sich mit einem Sa’abo abgegeben hat.« »Hatte sie denn eine andere Wahl?« »Diese Kreaturen sind viel zu dumm, um in ein geschlossenes Zelt einzudringen. Muss ich noch mehr sagen?«
»Nein. Aber sie wäre fast gestorben – ich finde, sie ist schon genug gestraft.«
»Seit wann beziehen Krieger bereits überstandenes Ungemach in ihre Überlegungen mit ein, wenn sie sich in den Kopf gesetzt haben, ihren Frauen eine Lehre zu erteilen? Normalerweise erhöht das nur ihre Entschlossenheit, sicherzustellen, dass eine ähnliche Situation nie wieder eintreten wird. Das kennen wir ja zur Genüge.«
Tedra nickte und warf Challen einen finsteren Blick zu. Das leise Lachen, mit dem er den vorwurfsvollen Blick seiner Lebensgefährtin quittierte, bestätigte Martha nur wieder einmal, wie richtig sie mit ihrer Feststellung lag.
Kapitel F ünfzig
Glücklicherweise öffnete sich der Deckel der meditechnischen Kiste, noch bevor Brittany die Augen aufschlug. Sonst hätte sie womöglich geglaubt, sie läge bereits in einem Sarg. So abwegig war dieser Gedanke auch gar nicht, denn sie hatte ja bereits geglaubt, ihre letzte Stunde habe geschlagen. Doch sie war nicht tot, obwohl sie die furchtbaren Schmerzen, die ihren Körper gemartert hatten, wie durch ein Wunder nicht mehr spürte. Vor ihr stand indessen Tedra und streckte ihr die Hand entgegen, um ihr aus dem Gehäuse zu helfen. Also konnte sie noch nicht im Himmel sein. Brittany setzte sich vorsichtig auf. Sie fürchtete, die Schmerzen könnten jeden Augenblick erneut auftauchen. Aber sie blieb verschont. Sie konnte sogar wieder ganz normal atmen. Nach einer Weile wagte Brittany einen zaghaften Blick an sich hinunter. Die schrecklichen Dinge, an die sie sich erinnerte, waren offenbar kein Albtraum gewesen, aus dem sie einfach aufwachen konnte. Der Chauri hing in blutigen Fetzen an ihrem Körper, doch ihr Körper war unversehrt. »Meditechnik wirkt von innen nach außen«, erklärte Tedra. »Deshalb müssen wir die Patienten auch nicht entkleiden.«
Nun wurde Brittany endgültig klar, was es mit der Kiste, in der sie noch immer saß, auf sich hatte. Dieses meditechnische Wunderding hatte sie von ihren Wunden und Knochenbrüchen kuriert. Das Gerät stand in einem kleinen Raum, von dem Brittany annahm, er befände sich irgendwo im Schloss. Nur sie und Tedra waren hier – und natürlich Martha. Zumindest hing an Tedras Gürtel ein kleiner Kasten. »Willst du eine Auflistung der Verletzungen, die durch die Meditechnik behoben wurden?« »Nein, besten Dank. Ich kann mich leider nur allzu gut daran erinnern, wie sie mir eine nach der anderen zugefügt wurden. Ich brauche dazu absolut keine Gedächtnisstütze.«
Tedra erschauerte. »Du wirkst erstaunlich ruhig.« »Ich bin nicht ruhig«, antwortete Brittany. »Ich glaube, ich stehe nur unter Schock.«
»Das ist verständlich. Du hattest das Pech, einem unserer gefährlichsten Raubtiere in die Fänge zu geraten. Sa’abos töten ihre Beute normalerweise, indem sie ihr die Kehle herausreißen. Das ist eine Sache von wenigen Augenblicken. Ich bin heilfroh, dass das Vieh deinen Hals noch nicht erreicht hatte.« »Diesen Schock meinte ich eigentlich gar nicht … Du bist tatsächlich seine Mutter, nicht wahr?« Vielleicht war das Ding an Tedras
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