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Stern der Riesen

Stern der Riesen

Titel: Stern der Riesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James P. Hogan
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Realität zu widmen, die in ihrer Permanenz die einzige war, die eine Rolle spielte?
    Irgendwie konnte sie sich den Engländer Hunt oder den Amerikaner, den sie in Houston kennengelernt hatte, nicht als Flüchtlinge vorstellen, die ihr Leben in müßiger Beschäftigung in Elfenbeintürmen verbringen wollten.
    Ein beweglicher Lichtpunkt löste sich aus dem Baldachin aus Sternen und wurde langsam größer, bis er als das UNWO-Oberflächen-Transportschiff von Tycho auszumachen war. Es kam über der Hinterseite der Basis zum Halten, und nachdem es noch einen Moment geschwebt hatte, senkte es sich schließlich herab und verschwand zwischen der Optischen Kuppel Nr. 3 und einer Gruppe von Lage-rungstanks und Laser-Transceivern. Es hatte wohl den Boten an Bord, der mit der letzten Information über Washington aus Houston eingetroffen war. Die Experten waren zu dem Beschluß gekommen, daß alles möglich war, wenn die Ganymeder hinter der Überwachung des Kommunikationssystems der Erde standen, und das Verbot, nicht einmal angeblich sichere Kanäle zu benutzen, wurde noch immer streng überwacht. Heller wandte sich ab und ging durch die Kuppel, um an ihrem hinteren Ende einen Fahrstuhl herbeizurufen. Ein oder zwei Minuten später trat sie in einen hell erleuchteten Gang mit weißen Wänden drei Ebenen unter der Oberfläche und setzte sich in Richtung auf das Zentrum des unterirdischen Labyrinths von Bruno in Bewegung.
    Mikolai Sobroskin, der Repräsentant der Sowjets auf der Rückseite, kam aus einer der Türen heraus, als sie vorbei-kam, und er drehte sich um und ging in der gleichen Richtung wie sie neben ihr her. Er war klein, aber kräftig gebaut, völlig kahlköpfig, hatte eine rosige Haut und ging selbst in der Schwerkraft des Monds mit nervösen, ruckar-tigen Schritten, so daß sie sich einen Moment wie Schnee-wittchen in einem Disney-Film vorkam. Aus der Personalakte, die Norman Pacey besorgt hatte, wußte sie aber, daß der Russe Oberstleutnant in der Roten Armee gewesen war, wo er sich auf elektronische Kriegsführung und Abwehr-maßnahmen spezialisiert hatte, und danach war er viele Jahre lang Spionageabwehr-Experte gewesen. Er stammte aus einer Welt, die so weit wie nur irgend möglich von Walt Disney entfernt war.
    »Vor vielen Jahren habe ich drei Monate im Pazifik an Bord eines nuklearen Flugzeugträgers verbracht und Ausrüstungsgegenstände getestet«, bemerkte Sobroskin. »Da hatte man den Eindruck, als wäre es einfach unmöglich, von einer Stelle zur anderen zu kommen, ohne vorher endlose Gänge benutzt zu haben. Ich habe nie auch nur an-deutungsweise herausbekommen, was sich zwischen diesen Stellen befunden hat. Die Basis hier erinnert mich daran.«
    »Mich eher an die U-Bahn von New York«, antwortete Heller.
    »O nein, da gibt es einen Unterschied: Die Wände hier werden öfter abgewaschen. Es gehört zu den Problemen des Kapitalismus, daß nur solche Dinge getan werden, die sich finanziell lohnen. Ihr System trägt also einen sauberen Anzug, der schmutzige Unterwäsche verbirgt.«
    Heller lächelte leicht. Es war zumindest positiv, daß die Streitereien, die am Konferenztisch ausbrachen, in diesem Raum zurückgelassen werden konnten. Alles andere hätte das Leben in dem engen Raum, in dem sich so viele Menschen zusammendrängen mußten, völlig unerträglich gemacht. »Die Fähre von Tycho ist gerade angekommen«, sagte sie. »Ich bin gespannt, was es Neues gibt.«
    »Ja, ich weiß. Zweifellos Post aus Moskau und Washington, über die wir uns morgen wieder streiten können.«
    Nach der ursprünglichen UN-Charta war keiner der Repräsentanten seiner Regierung gegenüber weisungsgebunden, aber diese Fiktion hatte man hier schon lange aufgegeben.
    »Ich hoffe, nicht zu heftig«, seufzte sie. »Wir sollten uns Gedanken über die Zukunft des gesamten Planeten machen. Nationalpolitik dürfte eigentlich hier keine Rolle spielen.« Während sie sprach, sah sie zur Seite und suchte in seinem Gesicht nach der Spur einer Reaktion. In Washington war man sich noch nicht recht darüber im klaren, ob die Haltung der UN vom Kreml diktiert wurde oder ob die Sowjets nur bei einem Spiel mitmachten, das sie für ihre eigenen Belange als vorteilhaft empfanden. Der Russe aber verzog keine Miene.
    Sie kamen aus dem Gang heraus und betraten den ›Ge-meinschaftsraum‹ – normalerweise die Offiziersmesse der UNWO, aber zur Zeit für den außerdienstlichen Gebrauch durch die UN-Delegation freigegeben. Die Luft war warm und

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