Sternchenhimmel
übernehmen. Der Promoter erzählte, dass Cherry aus einer Nobel-Entzugsklinik ausgekniffen sei und sich mit einem Schauspieler namens Tanner Dane Keefe zusammengetan hätte, der angeblich gerade auf Star Island wohnte. Kein Problem, meinte Chemo – er würde das Mädchen finden und zur Räson bringen.
Nachdem sie sich auf ein Honorar und einen Tagessatz geeinigt hatten, gingen die beiden Männer zum Parkplatz hinaus. In dem Bemühen, umgänglich zu erscheinen, machte Maury Lykes eine Bemerkung über Chemos Größe und erkundigte sich, ob er jemals Profibasketball gespielt habe. Chemo antwortete, der Letzte, der ihn das gefragt habe, hätte danach vier Wochen im Krankenhaus gelegen. Maury Lykes entschuldigte sich rasch und bat Chemo, sich am nächsten Morgen mit ihm und der Mutter des Starlets im Raleigh zu treffen. Chemo stieg in einen Denali mit Chromfelgen und röhrte davon, während der Promoter über die extremen Maßnahmen nachsann, zu denen Cherry Pye ihn gezwungen hatte.
Wie jeder, der mit echtem oder künstlichem Talent handelte, machte Maury Lykes sich chronisch Sorgen. Jetzt, da Cherry immer noch verschwunden und Chemo von der Leine gelassen worden war, stand der Promoter am Rande einer Panikattacke. Eigentlich sollte er den endgültigen Soundtrack der Backup-Sängerin begutachten, zu dem Cherry in den Konzerten die Lippen bewegen würde (vorausgesetzt, sie erschien zu diesen Anlässen halbwegs nüchtern und in gehfähigem Zustand). Stattdessen ertappte er sich dabei, wie er im Studio auf und ab tigerte, Kaffee in sich hineinkippte und alle zwanzig Sekunden auf seinem Handy nachsah, ob Nachrichten von dem Fährtensucher/Bodyguard eingegangen waren. Chemo war der erste verurteilte Mörder, den Maury Lykes jemals angestellt hatte, und er hoffte, dass der Mann das Konzept der ethischen Grenzen verstand.
Was ist, wenn er Cherry etwas antut?, dachte der Promoter. Oder noch schlimmer, was ist, wenn er sich in sie verknallt?
Um Mitternacht trat er den Rückzug in seine Eigentumswohnung auf Key Biscayne an und arrangierte – wie es seine Gewohnheit war, wenn er unter Stress stand – eine Spontanorgie. Diesmal nahmen drei geschmeidige Tänzerinnen daran teil, die für Cherrys Konzerttournee vortanzten. Maury Lykes hatte sie in einer Theateraufführung von High School Musical in Winnipeg entdeckt und sie nach Florida ausgeflogen, wo sie alle eine Erklärung unterschrieben, dass sie achtzehn Jahre alt seien und nur zufällig ihren Führerschein verlegt hätten.
Seinen Anweisungen gemäß fesselten die Tänzerinnen Maury Lykes und versohlten ihn abwechselnd mit einem Federballschläger, während sie »We’re All in This Together« sangen; das war sein zweitliebster Song aus dem erfolgreichen Disney-Stück. Er kam gerade so richtig in Stimmung, als sein Handy auf dem Marmornachttisch zu vibrieren begann. Maury Lykes schrie, jemand solle rangehen, da seine eigenen Hände mit Fallschirmleinen an den Bettpfosten gebunden waren.
Eine der Tänzerinnen nahm das Telefon und meldete sich. »Für dich«, sagte sie. »Irgend so ein Typ namens Chemo?«
»Macht mich sofort los.«
»Aber du hast doch gesagt, das sollen wir nicht tun«, erinnerte ihn die Tänzerin. »Wir sollen dich betteln lassen.«
»Herrgott noch mal – dann halt mir eben das verdammte Telefon ans Ohr!«
»Was zum Teufel geht denn da ab?«, fragte die Stimme am anderen Ende der Leitung.
»Nicht so wichtig. Erzählen Sie mir mal ein paar gute Neuigkeiten.«
»Okay. Ich hab Ihre Kleine gefunden.«
Maury Lykes juchzte erleichtert auf. »Super, Kumpel!«
»Ist ja eine ganz schöne Zicke«, meinte Chemo.
»Das können Sie laut sagen.«
»Also verdoppeln Sie mein Honorar.«
»Was?«
»Wenn Sie sie lebend wiedersehen wollen, dann verdoppeln Sie mein Honorar«, sagte Chemo.
»Ich fass es nicht, verdammte Scheiße.«
»Sie hat mich ›Waffelfresse‹ genannt. Normalerweise müsste ich sie dafür kaltmachen. Normalerweise müsste ich ihr einen Froschdreizack in die Nase rammen und ihr die Zunge mitsamt der Wurzel rausreißen.«
Maury Lykes stöhnte auf. »Na schön, Sie kriegen Ihre Gehaltserhöhung. Und jetzt lassen Sie mich mit ihr sprechen.«
»Geht gerade nicht. Sie ist ohnmächtig.«
»Wo haben Sie sie erwischt?«
»In so einem Tätowierschuppen auf der Washington Avenue.«
»Scheiße!« Wieder begann Maury Lykes, heftig gegen seine Fesseln anzukämpfen, was die jungen Tourneeanwärterinnen ziemlich erschreckte.
»Was zum Teufel hat sie
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