Sternchenhimmel
beschwipster Sorge.
Die Hellseherin schloss die Augen. »Der Kopf von Axl Rose«, sagte sie. »Auf dem Körper eines Zebras.«
Tanner Dane Keefe schnaubte abfällig. »Wohl kaum.«
»Halt die Klappe«, fauchte Cherry.
Madame Tula schob eine Visitenkarte über den Tisch. »Geh zu diesem Mann.«
»Ist er jetzt da?«
»Ja, Kind, ganz bestimmt.« Madame Tula, deren richtiger Name Debbie Metzenbaum lautete, fühlte sich nicht verpflichtet, Cherry Pye davon in Kenntnis zu setzen, dass der Tätowierer ihr jüngerer Bruder Alan war oder dass er sich auf Axl Rose-köpfige Kreationen spezialisiert hatte. Oder dass er Debbie einen Anteil von fünfzehn Prozent für jeden Besoffenen gab, den sie ihm schickte. Zwanzig Prozent, wenn der Kunde bar bezahlte.
Tanner Dane Keefe versuchte, Cherry das mit dem Tattoo auszureden, doch sie wollte nicht hören, also gab er ihr ein paar Xanax und setzte sich hin, um zuzuschauen. Sie zog ihr Top aus, legte sich auf den Tätowiertisch und quiekte bei der ersten brennenden Berührung der Nadel auf. Tanner Dane Keefe war zu jung, um sich an Guns N’ Roses zu erinnern, daher konnte er nicht beurteilen, ob der Tätowierer gut war oder nicht. Das brüllende rote Gesicht, das allmählich auf der milchweißen Wölbung von Cherry Pyes Hals erschien, erinnerte Tanner Dane Keefe noch am ehesten an seine Tante Christine, die nicht mehr zu feiertäglichen Verwandtentreffen kommen durfte, seit sie auf den Airedale Terrier der Familie losgegangen war.
Der Schauspieler hielt einen Spiegel hoch, um Cherry das Tattoo zu zeigen, das sie für »voll geil« befand. »Ich weiß nicht, Babe«, meinte Tanner Dane Keefe skeptisch. Es widerstrebte ihm, das Kunstwerk zu kritisieren, da der Tätowierer recht empfindlich zu sein schien und obendrein wahrscheinlich fast einen Zentner schwerer war als er.
Ein Glöckchen klingelte fröhlich, als die Tür zur Straße aufging. Tanner Dane Keefe drehte sich auf seinem Stuhl um und erblickte eine extrem hochgewachsene Gestalt mit einem keulenförmigen Arm, einem erbärmlichen Toupet und völlig versautem Gesicht. Der Mann wies den Künstler an, sein Verzierungswerk an Cherry umgehend einzustellen, und dieser antwortete auf höchst krude Weise ablehnend, ohne sich die Mühe zu machen, den Eindringling näher in Augenschein zu nehmen. Daraufhin enthüllte der große, entstellte Mann seinen versehrten Arm, und ein Rasentrimmer kam zum Vorschein, den er mit einem Knopfdruck in Gang setzte.
Der Lärm verschaffte ihm die volle Aufmerksamkeit des Tätowierers. Der Mann legte die Nadel weg und musterte den Besucher, der gerade eine Wand betrachtete, an der der Künstler zwei Dutzend komplizierte Muster auf Reispapier zur Schau gestellt hatte. Da er seine Kunstwerke nicht zu Konfetti verarbeitet sehen wollte, erkundigte sich der Tätowierer höflich bei dem Eindringling, was dieser wolle.
»Bloß die da.«
Der Fremde deutete mit seinem Gartengerät auf Cherry, die daraufhin kreischte: »Verpiss dich, du abgefreakte Scheiß-Waffelfresse!«
»Die Sache ist die«, wandte der Tätowierkünstler ein, »ich bin noch nicht fertig.«
»Bist du sicher?«, fragte der Besucher.
»Alter, ich muss noch die Zebrastreifen vollenden.«
»Dann bist du also so was wie der nächste Picasso?«
»Okay, nimm sie mit«, willigte der Tätowierer mit einer weit ausholenden Geste seines grellbunt dekorierten Arms ein. Der waffelgesichtige Rasenmäher-Mann reichte ihm einen Hundert-Dollar-Schein und warf sich Cherry Pye über die Schulter.
Der Gedanke, seiner Begleiterin beizuspringen, tauchte kurz in Tanner Dane Keefes Kopf auf und verschwand ebenso schnell wieder, als der Eindringling drohte, ihn zu skalpieren, wenn er versuchen sollte, den Helden zu spielen. »Kein Problem«, beteuerte der Schauspieler. Und dann, an Cherry gewandt: »Wir sehen uns, Babe.«
»Du Schlappschwanz!«, schrie sie ihn an und wand sich im Griff ihres storchenartigen Entführers, während sie durch die Tür verschwand. Tanner Dane Keefe stürzte aus dem Laden, hechtete in seine Limousine und rollte sich auf dem Boden vor der Rückbank ganz klein zusammen. Dann flüsterte er dem Fahrer zu, er solle ihn nach Hause bringen, nach Star Island.
Am nächsten Morgen wurde ein beschädigter Mustang neuerer Bauart, der der Firma Hertz gehörte, am Grund eines Wasserlaufs entlang der Card Sound Road gefunden. Ein Hubschrauberpilot des Monroe Sheriff’s Office hatte das Fahrzeug während einer kurzen, aber fruchtlosen Suche
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