Sternchenhimmel
prachtvoll geworden, vermutete Skink. Vielleicht würden sie eines Tages in einem medizinischen Lehrbuch erscheinen.
Nach dem Essen schmiss er den Stumpf einer Knopfmangrove ins Feuer und schob eine seiner geliebten Kassetten in einen alten, batteriebetriebenen Ghettoblaster. Dann setzte er seine Plastikduschhaube auf, streckte sich nackt im Laub aus und sang zu den Klängen von Buffalo Springfield laut mit. Unwillkürlich sann er über Ann DeLusia nach – wie ihre Lebensgeschichte wohl in Wirklichkeit aussah und ob er sie jemals wiedersehen würde.
9
Die ehemalige Cheryl Bunterman hatte ihre bezahlte Doppelgängerin nie kennengelernt und wusste tatsächlich auch gar nicht, dass Ann DeLusia existierte. Sie war vollkommen aufrichtig gewesen, als sie Bang Abbott gesagt hatte, sie hätte keine Ahnung, wovon er rede.
Janet Bunterman glaubte, es würde ihre Tochter belasten zu wissen, dass wegen Cherrys häufiger »Gastritis«-Anfälle aus PR -Gründen eine Vollzeitattrappe angestellt worden war. Es bestand nur wenig Gefahr, dass sie von dem Täuschungsmanöver erfuhr, denn sie las nie Boulevardzeitungen und schaute sich nur selten Promi-Shows im Fernsehen an. Wenn sie ab und zu einmal auf ein Foto oder auf Videoaufnahmen stieß, auf denen sie verstohlen irgendeine glamouröse Veranstaltung besuchte, an die sie sich nicht erinnern konnte, nahm Cherry an, dass sie damals breit gewesen war und einen Filmriss hatte.
Als Schauspielerin war Ann DeLusia von Natur aus neugierig auf die junge Frau, die sie darstellte. Doch die einzigen Gelegenheiten, Cherry leibhaftig zu beobachten, hatte sie, wenn die Sängerin eilends aus irgendwelchen nach Erbrochenem stinkenden Hotelzimmern geschafft wurde, während man Ann dort hineindrängte. Dabei war Cherry unweigerlich entweder besinnungslos oder im Delirium auf einer Trage festgeschnallt. Aus solchen Szenen ergab sich für Ann nicht viel, womit sie arbeiten konnte. Pflichtbewusst hatte sie Cherrys sämtliche Musikvideos genau studiert und sich sogar ein todlangweiliges Band mit Interviews angesehen, für den Fall, dass sie während einer ihrer nächtlichen Maskeraden tatsächlich einmal etwas sagen musste.
Bis jetzt hatte Ann nichts gesehen, was darauf hindeutete, dass die ehemalige Cheryl Bunterman kompliziert war oder dass sie missverstanden oder auch nur ansatzweise ausgebeutet würde. Stattdessen schien die junge Frau verzogen, eitel und hohlköpfig zu sein. Das Tattoo änderte nichts an Anns Ansicht.
»Sehr stilvoll«, sagte sie, als Janet Bunterman ihr ein Polaroidfoto zeigte. »Sieht aus wie Gonorrhoe unterm Mikroskop.«
»Das ist Axl Rose.«
»Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen!«
»Sehen Sie, wie ein Zentaur«, erklärte Cherrys Mutter und zeigte auf das Bild. »Das soll der Köper eines Zebras sein.«
»Den Pimmel sehe ich, Janet, aber wo ist der Schwanz? Ich meine, das Vieh hat kein Hinterteil.«
»Der Tätowierer ist nicht fertig geworden.«
»Lassen Sie mich raten«, meinte Ann. »Die Besuchszeit war vorbei.«
Mürrisch schnappte Janet Bunterman sich eine Tasse Kaffee vom Zimmerservice-Tablett. Cherrys Gefolge sammelte sich im Stefano. Ann saß im Schneidersitz auf dem Bett in ihrem Zimmer, aß einen Sesambagel und blätterte den Miami Herald durch.
»Das Tattoo ist an einer ganz ungünstigen Stelle«, stellte Cherrys Mutter fest.
»Wie wär’s mit Make-up?«
»Sie hat doch so helle Haut, und das verdammte Ding ist so grell – man kann es unmöglich verstecken, es sei denn, wir ziehen ihr Rollkragenpullis an.«
»Oder einen coolen Schal.«
»Die Larks kennen einen Arzt in Santa Monica, der sich auf Laserbehandlungen spezialisiert hat. Der hat Angelina den Billy Bob vom Arm gebrannt und Johnny einen Großteil von Winona«, berichtete Janet Bunterman. »Unglücklicherweise macht Cherry Schwierigkeiten. Sie sagt, sie will das Tattoo behalten. Maury wird mit ihr reden, aber in der Zwischenzeit …«
»Auf gar keinen Fall!« Ann schnellte vom Bett hoch und verstreute dabei die Zeitung im Zimmer. »Kommt überhaupt nicht in Frage!«
»Immer mit der Ruhe. Wir nehmen Henna«, beschwichtigte Cherrys Mutter. »Mir wurde eine Pakistani in Gables empfohlen, die ganz toll sein soll. Sie können es runterschrubben, sobald dieser Unfug vorbei ist.«
»Aber ich will dieses abscheuliche Ding da nicht auf meinem Hals haben«, sträubte sich Ann. »Die Leute werden denken, es ist ein infizierter Knutschfleck.«
Die Tür des Hotelzimmers ging auf, und ein
Weitere Kostenlose Bücher