Sternchenhimmel
Als Cherrys neuer Bodyguard – und wer sollte es sonst sein? – auf dem Gehsteig erschien, sah Bang Abbott, dass der Page nicht übertrieben hatte. Der Typ war ein Freak auf Stelzen.
Bang Abbott wartete, bis der Mann einen ganzen Block hinter ihm war, ehe er sich aus dem Buick zwängte und die Verfolgung aufnahm. Wegen seiner Größe und dem leuchtend korallenfarbenen Toupet war es leicht, dem Bodyguard zu folgen. Auf der Alton Road betrat er ein Bio-Restaurant, wo er sich eine Frühstückskarte griff und sich einen Tisch abseits des Fensters aussuchte. Er sagte nichts, als Bang Abbott dreist gegenüber von ihm Platz nahm.
»Sie kennen mich nicht«, fing der Fotograf an. »Ich bin Fotograf für die Boulevardpresse. Ihre Klientin hat mir meine Ausrüstung gestohlen.«
Der Bodyguard blickte nicht von der Speisekarte auf.
»Wir sind zusammen geflogen, und dann macht sie sich mit meiner Kameratasche vom Acker. Ich konnt’s verdammt noch mal nicht fassen.«
Der Bodyguard unterdrückte ein Gähnen.
»Ich rede von Miss Cherry Pye«, fuhr Bang Abbott fort und versuchte, den anderen nicht anzustarren. Aus der Nähe war der Mann zum Gruseln.
»Zwei Nikons und ein BlackBerry – die brauche ich wieder, besonders das Telefon. Und hier ist noch was: Ich zahle gut.«
Langsam hob der Mann den verklebten Blick. Die Augenhöhlen sahen entzündet aus, und die schweren Lider waren von blauen Adern durchzogen. Bang Abbott fand, dass er aussah wie ein mutierter Gecko. Und dieses klotzige Ding da an seinem Arm – war das ein Gipsverband, oder hatte er da eine Uzi unter dem Bezug stecken?
Der Paparazzo stellte sich vor und versuchte tapfer, dem anderen die Hand zu geben. Der Bodyguard reagierte, indem er die Zähne bleckte. Sie waren klein und verfärbt.
»Wie viel?«, fragte er Bang Abbott.
»Was?«
»Um Ihren Scheiß zurückzukriegen. Wie viel zahlen Sie dafür?«
»Weiß nicht. Fünfhundert?«, schlug Bang Abbot vor. »Aber nur, wenn dieses übergeschnappte Miststück die Ausrüstung nicht kaputtgemacht hat.«
»Machen Sie achthundert draus, ohne Bedingungen«, erwiderte der Bodyguard. »Wenn das Zeug im Arsch ist, lassen Sie’s eben reparieren.«
»Sechshundertfünfzig.«
»Ziehen Sie Leine, Mann.« Er ging zum Tresen und kam gleich darauf mit einem Glas Grapefruitsaft zurück. »Jetzt schauen Sie sich mal all das Scheißfruchtfleisch an«, brummte er stirnrunzelnd.
»Abgemacht, achthundert«, sagte Bang Abbott. Er schrieb seine neue Handynummer auf eine Serviette und schob sie dem Bodyguard hin. »Das BlackBerry ist orange. Sie können’s nicht übersehen.« Er hatte sich extra ein knallorangefarbenes bestellt, damit er es in seiner unordentlichen Kameratasche leicht finden konnte.
»Wie heißen Sie, Kumpel?«, fragte er den Bodyguard.
»Chemo.«
»Ist das irgendwie Französisch oder so was?«
»Wenn Sie mich je wieder ›Kumpel‹ nennen, schäle ich Ihre fette Rübe wie einen gottverdammten Apfel.« Der Bodyguard blinzelte und nippte an seinem Saft.
Bang Abbott war fest entschlossen, eine persönliche Verbindung herzustellen. Besonders gesellig war der Mann ja nicht, aber anders als Lev schien er finanziellen Anreizen gegenüber aufgeschlossen zu sein. Der Fotograf dachte voraus, an künftige Dienstleistungen, die über die Wiederbeschaffung seiner Kameratasche hinausgingen. Cherry Pye könnte sein Exklusiv-Promi werden, wenn Chemo sich bestechen ließ.
Doch der Typ war ein authentischer harter Hund, möglicherweise sogar ein Exknacki, daher wusste Bang Abbott, dass er Geduld – und extreme Vorsicht – walten lassen musste. »Was ist denn Cobra Golf?«, erkundigte er sich unschuldig und deutete mit einem Kopfnicken auf die pralle Reißverschlusshülle am linken Arm des Bodyguards.
Chemo schnupperte prüfend. »Mein Gott, ist hier drin was gestorben?«
Der Fotograf bohrte weiter, suchte nach Gemeinsamkeiten. »Als Kind hab ich mir mal die Elle gebrochen, an zwei Stellen. Musste drei Monate einen Gips tragen.«
»Das hier ist kein Gips.« Chemo hob die verhüllte Gliedmaße.
»Oh«, stammelte Bang Abbott. »Mann, tut mir echt leid.«
»Wieso denn? War doch nicht Ihre Flosse, die gefressen worden ist.« Mit dem unversehrten Arm winkte der Mann einer Kellnerin, die herüberkam und seine Bestellung aufnahm: vier Spiegeleier und eine große Portion Mehrkorntoast.
Als sich die Kellnerin an Bang Abbott wandte und fragte, was er gern hätte, fuhr Chemo dazwischen. »Dem bringen Sie gar nichts. Der will
Weitere Kostenlose Bücher