Sterne im Sand
Männer aufhalten zu wollen. Angenommen, sie hätten ihm keine Beachtung geschenkt. Hätte er dann ihr Pferd oder sogar sie selbst erschossen?
Rupe bezweifelte es, und der Gedanke, was daraufhin womöglich geschehen wäre, ließ ihn zusammenzucken. Vielleicht konnte er sie morgen mit Hilfe der schwarzen Fährtenleser aufspüren.
Rupe stapfte wütend weiter. Mit welchen Schwarzen denn? Sie waren allesamt verschwunden. Er würde einen von außerhalb holen müssen, und das dauerte viel zu lange.
Er hatte ein furchtbares Durcheinander angerichtet. Austin würde wegen des Pferdes toben und ihm die Schuld an allem geben.
»Ja«, sagte er laut, als er sich den Weg durch das dichte Gebüsch bahnte, »er wird mir die Schuld geben, darin ist er ganz groß. Diese Geschichte wird mir noch lange nachhängen.«
»Überfallen? Wie bitte? Während du Wache gehalten hast? Du bist wohl eingeschlafen, was? Und sie haben dein Pferd erschossen? Das kannst du mir doch nicht weismachen!«
Austin sprach immer noch undeutlich, wenn auch nur ein wenig, doch seiner Lautstärke tat dies keinen Abbruch. Während die Tirade wie erwartet auf ihn niederging, versuchte Rupe aufgebracht, wenigstens das eine oder andere Wort einzuwerfen. Er wünschte, der Schlaganfall hätte seinen Vater ganz der Sprache beraubt, dann ginge es im Haus friedlicher zu.
Zu allem Übel war am späten Nachmittag auch noch Victor eingetroffen. Er hörte aufmerksam zu und mischte sich ständig ein.
»Woher weißt du, daß der Kerl ein Landvermesser war, wenn sie dich ohne Vorwarnung überfallen haben?«
»Ich nehme es halt an. Er war besser gekleidet als die anderen«, stammelte Rupe. Beinahe wäre ihm der Name des Mannes herausgerutscht.
»Sie haben dein Pferd erschossen, und du läßt sie seelenruhig den Fluß überqueren?« fauchte Austin.
»Hätte ich mich etwa auch erschießen lassen sollen?«
»Verdammt, sie haben dein Pferd getötet, das gilt in diesem Land nach wie vor als Verbrechen. Du hättest in Deckung gehen und auf sie feuern sollen.«
Victor griff erneut ein. »Habe ich da irgend etwas verpaßt? Was hattest du überhaupt dort draußen zu suchen? Und wieso überfallen sie dich und reiten dann in aller Ruhe davon? Weshalb warst du da?«
Rupe versuchte ihn über die Notwendigkeit aufzuklären, die Grenzen zu bewachen. Victor starrte ihn fassungslos an. »Bist du von Sinnen?«
»Hast du unterwegs jemanden auf der Straße gesehen?« fragte Austin Victor.
»Ja, ein paar Viehhüter haben uns zugewinkt. Sag jetzt bloß nicht, sie hätten ebenfalls die Straße bewacht.«
»Schön, wenigstens
sie
haben ihre Arbeit getan«, sagte Austin erfreut und warf Rupe einen mißbilligenden Blick zu.
»Das ist nicht ihre Aufgabe«, empörte sich Victor. »Es sind Viehhüter, sie haben mit den Tieren genug zu tun.«
»Komm mir jetzt bloß nicht so«, warf Rupe ein. »Du selbst wolltest Springfield doch vor Eindringlingen schützen. Wieso beklagst du dich also auf einmal?«
»Weil es der falsche Weg ist. Du würdest für so etwas eine ganze Armee brauchen. Ein paar zusätzliche Grenzreiter, die gleichzeitig noch andere Aufgaben übernehmen, sind in Ordnung, aber die übrigen Männer sollten nur die Augen aufhalten, sonst nichts.«
»Du warst ebenso scharf aufs Bewachen wie wir.«
»Ich hatte keine Zeit, genauer darüber nachzudenken«, gab Victor zu. »Aber deine Dummheit hat mir nun eindrücklich bewiesen, daß es so nicht geht. Gab es sonst noch Probleme?«
»Nur ein paar Auseinandersetzungen auf den Straßen. Sie sind gesperrt. Dad wollte es auch, also laß es nicht an mir aus«, beeilte Rupe sich zu rechtfertigen. »Und wie bist du mit den Rechtsverdrehern verblieben?«
»Sie sind unserer Meinung. Nachdem das Gesetz verabschiedet worden ist, müssen wir den Besitz aufteilen. Seid ihr fertig mit den Karten? Sie machen die Ansprüche für uns geltend, damit sie juristisch wasserdicht sind, und rechnen aus, wieviel wir für den Anfang kaufen können.«
»Ich bin nicht dazu gekommen«, murmelte Rupe.
»Mit dir ist es einfach hoffnungslos!« Victor wandte sich an Austin. »Wir stellen die Karten also jetzt schnellstens fertig, das heißt, falls Rupe sich dazu herabläßt, ausnahmsweise mal etwas Konstruktives zu tun. Davon abgesehen bringe ich schlechte Neuigkeiten. Die Anwälte reichen alle Forderungen zusammen ein, dann beginnt das Tauziehen. Das Landministerium wird nicht eine einzige ohne Diskussion über Größe und Lage durchgehen lassen. Unsere
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