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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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drohte ihre Tischnachbarin jeden Augenblick ihr lilaseidenes Abendkleid zu sprengen.
    »Andere gingen davon aus«, fuhr diese sogleich fort, »Sie seien schwarz wie die Nacht, mit platt gedrückter Nase, Kraushaar und Wulstlippen. Schließlich kommen Sie ja aus dem Herzen Afrikas.«
    »Mich war ganz erleichtert«, warf eine andere Dame von gegenüber in fehlerhaftem Englisch ein, »als ich gesehen, dass Sie laufen können! Wurde gehört, Ihre Füße sind verkrüppelt wie die von Chinesinnen!« Sie nickte Emily über all das im Kerzenschimmer funkelnde und blinkende Silber und Kristall hinweg aufmunternd zu. Hilfe suchend blickte Emily hinüber zu Heinrich, doch der war in ein angeregtes Gespräch mit seinem Tischnachbarn vertieft.
    Ihr Bedürfnis, über all diese haarsträubenden Gerüchte zu lachen, schwand. Sie richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf das halbe Dutzend Gläser, das neben ihrem Teller aufgebaut und mit verschiedenen Flüssigkeiten gefüllt war, um sich zuerinnern, in welchem sich das Wasser befand und nicht Wein oder Champagner. Sie fühlte sich wie ein Allgemeingut, über das jeder frei verfügen durfte. Ein bestaunenswertes Kabinettstück, über das man hemmungslos Mutmaßungen anstellen, sich zum Zeitvertreib das Mundwerk zerreißen konnte, und ihr war elend zumute.

    »Du fandest es schrecklich heute Abend, nicht wahr?«, fragte Heinrich später in der Nacht, im schwachen Schein der halb heruntergedrehten Lampe, der über das breite Bett im oberen Stockwerk des Hauses fiel. Es war schon fast gegen Morgen, denn manche der Gesellschaften zogen sich bis weit nach Mitternacht hin, weitaus länger, als Emily dies von Sansibar her kannte. Er hatte geflüstert, unsicher, ob Emily in seiner Armbeuge bereits schlief.
    »Ja«, kam es schließlich leise von ihr. »Es war grauenhaft. Wie all die Male zuvor.« Heiße Tränen rannen unter ihren Lidern hervor. »Überall werde ich angestarrt, überall wird getuschelt. Wie die eine Frau, die die Frechheit besaß, mir auf dem Kopf herumzutatschen, weil sie wissen wollte, wie sich afrikanisches Haar anfühlt. Oder die beiden in der Kutsche, als wir am Sonntag spazieren gingen.«
    »Die auf dem Sitz knieten und einen langen Hals machten?« Heinrich lachte sanft. »Lass sie doch schauen«, riet er ihr zärtlich. »Du bist hier in Hamburg eben eine Sensation – so etwas wie dich kennt man hier einfach nicht.«
    »Ich will das aber nicht!«, entfuhr es ihr mit einem Schluchzen; ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, gruben über ihrer Nasenwurzel eine steile Falte ein. »Ich finde es furchtbar. Ich finde alles hier furchtbar!« Sie löste sich aus seiner Umarmung und setzte sich auf, verfing sich dabei in dem weiten langen Nachthemd. Sie zerrte und riss daraufhin an dem weißen Batist, als sei er allein Schuld an ihrem Unglück.
    »Als ich klein war, besuchte uns manchmal ein französisches Mädchen«, rief sie und wischte sich Tränen von den Wangen. »Claire hieß sie. Und wenn sie bei uns auf der Plantage übernachtete, trug sie immer so ein Hemd, worüber wir uns immer lustig machten, weil es komisch aussah. Nun trage ich solche Hemden, und ich bin es, die so komisch aussieht, dass die ganze Stadt über mich lacht!« In verzweifelter Wut kickte sie gegen die ausladende, mit Federn gefüllte Zudecke, die ihr noch immer Beklemmungen verursachte.
    »Nein, Bibi.« Auch Heinrich richtete sich auf und strich ihr das dunkle Haar zurück, das ihr in das nasse, glühende Gesicht gefallen war. »Niemand lacht über dich! Sie sind alle nur neugierig und wissen nichts von dir. Wissen nichts von Sansibar. Das wird sich geben – mit der Zeit.« Als Emily nichts sagte, einfach nur vor sich hin weinte, setzte er zögernd hinzu: »Es tut mir leid, dass ich dir vorgeschlagen habe, dein Gesicht mit dem roten Schal zu verhüllen, als wir neulich ins Konzert gingen. Ich dachte, so könntest du dich vor allzu aufdringlichen Blicken schützen. Dabei hätte ich wissen müssen, dass das die Neugierde der Leute erst recht schüren würde. Und«, er atmete tief durch, »es tut mir auch leid, dass ich dich gebeten habe, ins Theater das bestickte Obergewand anzuziehen, in dem du mir so gefällst. Das war dumm von mir.«
    Emily schnaubte tränenfeucht. »Diese Oper war dumm! Dieser – dieser Meyer… Meyerbeer hat bestimmt aus seinem Musikerhimmel auf mich heruntergesehen und gedacht, was bildet sich diese ungebildete Afrikanerin ein, meine Kunst so wenig zu würdigen. Hat er doch mit seiner

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