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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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ich mich nach Deiner geschätzten Antwort. O Allah, Allah, oh mein Bruder, und nochmals, Allah, Allah, verhärte nicht länger Dein Herz gegen mich. Das Unglück und das Elend, die mich auf dieser Welt befielen, lasten schwer auf mir. So Du mir vergibst, wird es dem Herrn der Welten gefallen. Allah spricht: »Auf uns unsere Taten, auf euch die euren.«
    Zugeneigte Grüße an Dich, wahrhaftig und ehrlich, Deine Schwester Salmé bint Sa’id ibn Sultan, die Dir aufrichtigen Rat gibt, die sich danach sehnt, Dich zu sehen, die demütig ist vor ihrem Herrn. Mein Sohn Said und seine Schwestern lassen Dich ebenfalls grüßen. Sehr viele Grüße.

    Postscriptum
    Mein Bruder, als ich diesen Brief noch einmal durchlas, kam mir der Einfall, die Tochter der englischen Königin, Prinzessin Victoria, aufzusuchen. Sie sagte mir, sie wolle selbst einen Brief an Dich mittels der englischen Regierung senden. Sie bittet Dich, uns mit Frieden und Liebe zu beehren. Ich bitte Allah, dass Du ihr das nicht abschlagen und Dir selbst Schande machen wirst in den Augen der Menschen in ganz Europa, da dies in der Tat eine große Schande für Dich wäre.
    Ich bete zu Allah, dass Er Dein Herz uns gegenüber erweichen möge.
    Grüße von Deiner Schwester Salmé bint Sa’id, die Dich liebt und die Allah gehorcht. Emilys Hand zitterte, als sie die Feder weglegte. Die Reinschrift nach einem guten Dutzend verschiedener Entwürfe: Alles hatte sie in diese Zeilen gelegt. Sie hatte ihrem Bruder gezeigt, dass sie eine geachtete Persönlichkeit war, damit er ihr mit Respekt begegnete und sie nicht als Bittstellerin empfand. Die Namen bedeutender Menschen eingeflochten. An sein Mitgefühl appelliert und ihn um Vergebung gebeten. Ihre Kinder erwähnt, wie es sich auf Sansibar gehörte, und ihm schließlich zu verstehen gegeben, dass er nicht nur großzügig handelte, ließe er sie zurückkehren, sondern auch ein greifbarer Nutzen für ihn daraus entstünde. Sie hatte blumige arabische Wendungen gebraucht und Allah angerufen wie eine gute Mohammedanerin, damit er sah, dass sie ihre Herkunft nicht verleugnete.
    Alles hatte sie in die Waagschale geworfen; alles, wovon sie hoffte, es möge Barghash dazu bewegen, ihr endlich die Hand zu reichen. Sie nach Sansibar zurückkehren zu lassen.
    Sie nahm den Kneifer und legte ihn neben den kostbaren Brief, stand auf und trat ans Fenster. Gedankenverloren blickte sie auf die Straße hinunter, wo zwischen den beiden Baumreihen zahlreiche Droschken und Kutschen über das Pflaster rumpelten. Die Wohnung in der Potsdamerstraße war ihre zweite hier in Berlin, und sie hatten sie erst vor Kurzem bezogen. Zwar nur im uneleganten dritten Stock, dafür aber war sie gut geschnitten und in zentraler Lage. Emily gefiel das Leben in der pulsierenden Großstadt, denn der Lärm erinnerte sie ein bisschen an Sansibar, und in der Anonymität der Großstadt fiel sie weniger auf. Auch wenn der Name Emily Ruete kein unbekannter war.
    »Mama.« Emily schrak auf. Sie hatte Tony nicht hereinkommen hören, hatte ihre Tochter erst bemerkt, als diese sie am Arm berührte und sie ansprach. Das runde Gesicht der Fünfzehnjährigen verzog sich zu einem Lächeln. »Warst du gerade wieder auf Sansibar?«
    Emily nickte, fast beschämt, und wies dann hinter sich zum Esstisch, auf dem ihre Schreibunterlagen ausgebreitet waren. »Ich habe endlich den Brief an Barghash fertig.«
    Tonys hohe Stirn legte sich in Falten. »Meinst du wirklich, er wird dir dieses Mal antworten?«
    »Versuchen muss sie es. Nicht wahr, Mama?«, mischte sich Rosa ein, die gerade über die Schwelle hüpfte und sich an Mutter und Schwester schmiegte.
    Wann sind die beiden nur so groß geworden?, wunderte sich Emily beim Anblick ihrer Töchter, die schon richtige junge Damen waren. Besonders Tony, die von Rudolstadt aus nach Schloss Steinhöfel in Brandenburg gefahren war, um einige Zeit bei einer Adelsfamilie zu leben und dort in gesellschaftlicher Etikette unterwiesen zu werden und Privatunterricht zu erhalten. Emily war die Trennung entsetzlich schwergefallen, doch Tony schien ihr neues Leben dort sehr genossen zu haben, klang in ihren Briefen nie unglücklich und war sichtlich aufgeblüht und vor allem gereift nach Berlin nachgekommen.
    »Aber wenn du dann nach Sansibar fährst«, schnatterte Rosa munter weiter, »dann nimmst du uns doch mit, oder? Uns alle drei?«
    Said fehlte in ihrer Mitte. Auf Anregung der Baronin hatte Emily an den Kaiser geschrieben und die Erlaubnis

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