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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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Antlitz Sansibars hatte sich verändert, von Natur und von Menschenhand. Ein Orkan, der vor dreizehn Jahren in blindwütigem Toben seine Klauen in die Insel geschlagen hatte, der nachfolgende Wiederaufbau. Majids Gleichgültigkeit und Barghashs Faszination für die Lebensweise der Europäer, die ihn dazu bewog, keine Kosten zu scheuen, um antechnischem Fortschritt und feiner westlicher Lebensart mit fremdländischen Herrschern mithalten zu können.
    Das alte Zollhaus, das dem Wüten des Tropensturms eine leichte Beute gewesen war, hatte man durch ein neues, viel größeres und eleganteres ersetzt. Was gewiss auch nötig war, denn Emily hatte den Eindruck, dass weit mehr Getümmel im Hafen herrschte als in früheren Zeiten. Mehr Menschen belebten den Kai, luden Kisten und Säcke um, und an den Anlegestellen wimmelte es von Segelschiffen und Dampfern, von dhaus und Fischerbooten.
    Beit il Watoro suchte sie vergeblich, das Haus, das Majid mit seiner Mündigkeit erhalten hatte und in das Emily und ihre Mutter mit eingezogen waren. Zusammen mit dem angrenzenden Wirtschaftsgebäude hatte Barghash es niederreißen lassen, um auf der Fläche einen hässlichen Kasten zu errichten: eine Fabrik, in der Eis hergestellt wurde, um Getränke und Speisen nach westlichem Vorbild zu kühlen. Beit il Hukm, der Palast der Frauen, stand noch unverändert, und Beit il Sahil hatte einen neuen Anstrich und einen Anbau erhalten, einen luftigen Pavillon zur Seeseite hin. Und an der Stelle, wo in Emilys Jugend ein halb verfallener, längst unbewohnter Palast stand, hatte Barghash sich einen neuen errichten lassen, ganz nach seinem Geschmack: Beit il Ajaib – das Haus der Wunder , das höchste Haus im Hafen. Korallenstein und Mangrovenholz, Beton und Stahl verbanden sich zu einem Koloss von drei ungeheuer hohen Stockwerken, an deren Außenseite hohe säulengestützte Veranden entlangliefen. Überdachte Gänge verbanden hoch über der Straße den Palast mit Beit il Sahil, damit Barghashs Frauen ungesehen von der Öffentlichkeit ein und aus gehen konnten. Davor reckte sich ein neuer Leuchtturm in den Himmel, den die Offiziere der Adler wegen der Lichtkränze spaßhaft »des Sultans Weihnachtsbaum« nannten.
    Die Offiziere erzählten Emily auch, weshalb der Palast »Haus der Wunder« genannt wurde. Wie der Leuchtturm war auch der Palast innen und außen elektrisch beleuchtet. Die Böden waren aus Marmor, die Wände silberverziert – Materialien, die der Sultan aus Europa hatte kommen lassen. Teure Hölzer waren im Inneren verwendet worden, und das Eingangstor war deshalb so breit, weil Barghash mit einem Elefanten hindurchreiten wollte. Was Emily für ein Märchen hielt. Von alters her erzählte man sich auf Sansibar, die geschnitzten Eingangsportale auf der Insel seien deshalb so stark und so massiv geschaffen, damit sie selbst dem Ansturm eines solchen Tieres standhalten könnten, obwohl sie in all den Jahren auf der Insel nie auch nur einen einzigen der Dickhäuter zu Gesicht bekommen hatte; erst in Hamburg, in einer Vorstellung des Circus Renz. Einen Aufzug gab es in Beit il Ajaib und, wie es hieß, gar eine telephonische Verbindung zum britischen Konsulat. Barghash hatte die Eisenbahn nach Sansibar geholt, die allein zu seinem Gebrauch seine Paläste in der Stadt mit einem ebenfalls von ihm neu gebauten Palast im Inneren der Insel verband.
    All den Prunk, die neuesten Errungenschaften, die gewiss Unsummen verschlungen hatten, jeden Tag vor Augen zu haben, das schmeckte schal auf Emilys Zunge, vor allem wenn sie daran dachte, wie sie seit fünfzehn Jahren sparte und knauserte, wo es nur ging; wie sie ihrem Honorar für den erteilten Unterricht nachgelaufen war und nach und nach Stücke ihres Geschmeides verkauft hatte. Vor allem, wie sie ihren Stolz hatte herunterschlucken müssen, um vor hochwohlgeborenen Persönlichkeiten zuzugeben, wie wenig Geld sie zur Verfügung hatte, und darum zu bitten, dass man ihr zu ihrem Erbe verhelfe.
    »Fischerkahn steuerbord voraus«, drang der Ruf eines der Offiziere in ihre Gedanken, unmittelbar gefolgt von einem auffordernden: »Frau von Köhler!«
    Emily wusste, was sie zu tun hatte. Wie immer, wenn sich ein Boot näherte, musste sie, die geheime Ladung , wie sie unter den Offizieren bezeichnet wurde, sich verstecken. Ein fast kindlicher Trotz zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab, spiegelte sich in ihrer Haltung wider, und dennoch stieg sie in das Unterdeck hinab. Sie wusste, dass ihr nichts anderes übrig

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