Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
Vom Netzwerk:
Sultan Ausdruck verlieh und den Abschluss gewisser Verträge zu diesem Zweck in Aussicht stellte. Im Gegenzug jedoch müsse der Sultan seinen Protest gegen die Verträge, die mit den Sultanen der von der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft erworbenen Gebiete geschlossen worden waren, zurückziehen und seine dorthin entsandten Truppen abkommandieren. Vierundzwanzig Stunden gedachte Paschen auf die Antwort Barghashs zu warten, und als diese ausblieb, ließ er die insgesamt sieben Kriegsschiffe in Gefechtsposition bringen, genau gegenüber dem Palast des Sultans und dessen Familie, und die Geschütze ausfahren. Dr. Kirk, von Sultan Barghash in beinahe hysterisch zu nennender Aufregung um Hilfe gebeten, riet ihm nach der Lektüre deskaiserlichen Briefes, auf die Bedingungen einzugehen, gegen die er als britischer Konsul keinerlei Einwände vorzubringen hatte. Was Barghash auch unverzüglich tat. Bismarcks Strategie war aufgegangen.
    Seine Kopfbedeckung unter den Arm geklemmt, trat Admiral Knorr vor und salutierte energisch.
    »Im Namen des gesamten Geschwaders entbiete ich Ihnen meine besten Wünsche zu Ihrem Ehrentag, verehrte Frau Ruete.«
    Admiral Knorr sah ganz so aus, wie sein Name verhieß: bärtig und verwittert wie ein echter Seemann – so jedenfalls tuschelten Emilys Kinder kichernd hinter seinem Rücken. Emily selbst fand, dass das Gesicht des Admirals, dessen einstmals gewiss ohnehin schon scharfe Konturen die Jahre auf See noch mehr gegerbt hatten, von Güte kündete, und in seinen wasserblauen Augen, halb unter struppigen Augenbrauen verborgen, vermochte sie nichts anderes zu lesen als Freundlichkeit.
    Entgegen Emilys Befürchtung war ihr Anliegen Barghash doch noch vorgebracht worden, erst von Paschen, dann von Admiral Knorr, der an Bord der Bismarck nach Sansibar nachgekommen war. Eine Woche ließ Barghash sich Zeit, ehe er sich in bedauerndem Tonfall entschuldigen ließ, dass er auf diese Briefe keine Antwort geben könne: … weil sie uns viele Jahre zuvor mit jemandem verließ, der Uns nicht ebenbürtig ist , hieß es in der kurzen, von seinem Sekretär unterzeichneten Notiz.
    »Danke, Herr Admiral«, erklärte Emily mit einer leichten Neigung des Kopfes.
    »Ich möchte Sie einladen, heute an Bord meines Schiffes mein Gast zu sein. Eigens für Sie haben wir ein Schwein geschlachtet.«
    Emily biss sich auf die Lippen. Ihre Augenbrauen zuckten,zogen sich für einen Moment über der Nasenwurzel zusammen. Sie wusste nicht, ob sie belustigt oder erbost sein sollte, und entschied sich schließlich für Ersteres.
    Doch der Admiral hatte noch etwas in petto – die von ihren Kindern, die eingeweiht worden waren, angekündigte Überraschung. In Ermangelung konkreter Befehle aus Berlin, wie mit Frau Ruete weiter zu verfahren sei, hatte er eigenmächtig eine Entscheidung getroffen: Emily Ruete sollte auf Sansibar mit dem gebührenden Respekt gegenüber einer deutschen Staatsangehörigen behandelt werden.
    »Ferner möchte ich Ihnen mitteilen«, verkündete er, »dass es Ihnen ab dem morgigen Tage freisteht, in meiner Begleitung oder in der eines meiner Offiziere an Land zu gehen, wann immer es Ihnen beliebt.«
60
    Vielleicht kam es Emily nur so vor, dass die Stadt von Sansibar für einen Augenblick den Atem anhielt, als Admiral Knorr ihr die Hand reichte, um ihr aus dem Boot zu helfen, das sie von der Adler herübergebracht hatte. Vielleicht war es aber auch sie selbst, die vergaß, Atem zu holen, als sie zum ersten Mal wieder einen Fuß auf heimatlichen Boden setzte.
    Still war es in jedem Fall, erstaunlich still. Nachgerade unheimlich, obwohl unzählige Menschen auf dem Kai standen und die bronzefarbenen Gesichter von Arabern sich ihr zuwandten, die tiefbraunen bis blauschwarzen von Männern und Frauen mit afrikanischem Blut, das verwaschene Messinggelb indischer Züge. Augen, die ihr erstaunt oder neugierig entgegenblickten, dann aufglänzten, schließlich strahlten. Menschen in weißen, dunkelblauen und mattroten Gewändern, in den farbenfrohen, bunt gemusterten kanga- Tüchern, die näher und immer näher rückten, als müssten sie sich vergewissern, dass der Augenschein sie nicht trog. Dann ein Raunen, wie ein tiefes Einatmen, das von Mund zu Mund ging, ein Flüstern und Tuscheln, das sich durch die Menge fortpflanzte.
    »Bibi Salmé. Wahrlich, sie ist es. Unsere Bibi Salmé ist zurück.«
    Emily spürte Rosas selbst durch die Handschuhe hindurchvor Aufregung feuchte Finger, die sich in die ihren schoben.

Weitere Kostenlose Bücher