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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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jedem Schlingern des Dampfers schwappten Wasserzungen unter der Türschwelle hindurch.
    Bitte, lieber Gott – Allah … Verschone uns! , betete Emily im Stillen und presste die Mädchen und den Burschen so fest an sich, wie sie nur konnte. Verschone meine Kinder! Lass uns nicht untergehen – nicht jetzt, nicht so dicht vor Sansibar. Lass mich wenigstens noch einmal meine Heimat sehen, ehe du mich zu dir holst.
    Die Offiziere beruhigten sie zwar, unter Deck seien sie in Sicherheit, es gäbe keinerlei Grund zur Besorgnis, aber es fühlte sich kein bisschen danach an. Auch nicht, als der Sturm ein wenig nachließ. Das Wasser war überall, unaufhörlich drang es durch die verschlossenen Luken und Bullaugen herein; nicht einmal die über das Deck gespannte Persenning konnte ihm Einhalt gebieten. Es durchtränkte Koffer und Schubladen und alles, was darin war, sodass sie nichts Trockenes mehr am Leibe hatten. Des Nachts schliefen sie bei den Offizieren im Salon unter aufgespannten Regenschirmen, von denen das Wasser auf Decken und Matratzen heruntertroff.
    Nur allmählich besserte sich das Wetter, sodass die Persenning entfernt werden konnte und nur noch wenig Wasser an Deck stand. Leutnant von Dombrowski hatte ihnen ein Zelt auf einem der Aufbauten aufstellen lassen, in dem sie zumindest ein paar trockene Stunden am Tag verbringen konnten. Und weil Emilys Pantoffeln vom Salzwasser aufgequollen und unbrauchbar geworden waren, lieh er ihr seine eigenen.
    Von einer Stunde zur nächsten lösten sich die Wolken auf, und die Sonne brannte von einem betörend blauen Himmel. So heiß war es, dass die an Deck ausgebreiteten Kleidungsstücke im Handumdrehen wieder getrocknet waren. Selbst das tiefgoldene Licht, das den baldigen Sonnenuntergang ankündigte, war noch warm.
    »Frau von Köhler!«
    Emily, die gerade Saids Hemden wieder zusammenfaltete, drehte sich um und strich sich mit dem Handgelenk eine lose Strähne aus der Stirn. Leutnant von Dombrowski stand am Bug des Schiffes und winkte sie zu sich heran. »Kommen Sie, ich will Ihnen etwas zeigen!«
    Neugierig trat Emily zu ihm an die Reling. Er zeigte auf eine kleine Erhebung im Wasser, hell umsäumt und tiefgrün bekrönt. »Sehen Sie das? Das ist Pemba!«
    Pemba. Die kleine Insel, die zu Sansibar gehörte. Auf der sie nie gewesen war, die sie nur einmal als kleines Mädchen aus der Ferne gesehen hatte. Als sie am Strand war, mit Majid. Als keiner von beiden ahnen konnte, dass sie sich eines Tages derart entzweien würden.
    »Erreichen wir heute noch Sansibar?«, fragte Emily, und das Herz schlug ihr bis zum Hals.
    Der Leutnant nickte. »In etwa drei Stunden. Bis dahin wird es allerdings bereits dunkel sein, und die Einfahrt zum Hafen ist da wegen der Sandbänke zu gefährlich. Wir werden aber vor der Nordspitze ankern, und morgen früh haben Sie dann den ersten Blick auf die Insel.«
    Unbeweglich stand Emily an der Reling und schaute zu, wie sich die Insel immer näher schob. Bis die Dämmerung diesen Anblick unter ihrem schwarzgrauen Tuch verhüllte.

    »Mama! Mama!« – »Mama, wach auf !« – »Mama, aufstehen! Wir sind vor Sansibar!«
    Schlaftrunken fuhr Emily hoch, als ihre drei Kinder, noch im Nachthemd, gleichzeitig riefen und sie schüttelten, sie aus ihrer Koje holten und halb an Deck führten, halb schoben. Wenigstens konnte Emily sich noch schnell einen Morgenrock überziehen.
    Es war noch früh, das Licht eine Mischung aus Gold und Blau, von einem lauen Wind durchzogen, der sich in EmilysNachthemd und Morgenrock fing, mit ihrem offenen Haar spielte, in dem die ersten Silberfäden aufglänzten.
    Nachthemd und Morgenrock fing, mit ihrem offenen Haar spielte, in dem die ersten Silberfäden aufglänzten.
    In ungläubiger Abwehr schüttelte sie leicht den Kopf, starrte aus großen Augen auf den hellen Strand, der von lichtblauen Wellen überspült war. Mangrovenriesen beugten sich über die Wasserlinie, und über ihren ausladenden Kronen nickten die Palmwedel auf ihren rauen Stämmen.
    Das war Sansibar, wie sie sich erinnerte. Wie sie es all die Zeit in ihrem Herzen getragen hatte.
    Sie spürte, wie ihre Kinder plötzlich still wurden, sich an sie schmiegten, als wüssten sie, wie bedeutsam dieser Augenblick war.
    Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie fuhr herum, stieg hastig wieder hinab und rannte in ihre Kabine, wo sie sich niederwarf und mit der Stirn den Boden berührte.
    »Danke, o Allah«, flüsterte sie, und ihre Worte waren kaum zu verstehen unter

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