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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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    Choles Augen wurden schmal wie die einer Katze, die zum Angriff ansetzt. »Von Anfang an hast du uns nicht nach Kräften unterstützt. Hättest du uns mehr geholfen, würden wir jetzt schon den sicheren Sieg in Händen halten!«
    Salimas Lider flatterten. »Ich? Ich habe doch immer alles getan, was ihr von mir verlangt habt! Ohne Zögern, ohne Widerworte.«
    Das schöne Gesicht ihrer Schwester verzog sich zu einer hasserfüllten Fratze. »Du bist eine ebenso treulose Seele wie Majid. Es muss euer tscherkessisches Blut sein, das euch zu geborenen Speichelleckern und Verrätern macht.«
    Unwillkürlich wich Salima zurück. »Du bist ungerecht, Chole. Ungerecht und anmaßend. Du hast mich gegen Majid aufgehetzt. Benutzt hast du mich, und jetzt, da ich es wage, die Dinge zu sehen, wie sie nun einmal sind, wendest du dich gegen mich.«
    Ohne etwas zu erwidern, fuhr Chole herum, griff sich schele und Maske vom Bett und stürzte hinaus. Salima rannte ihr nach. »Wo willst du hin?!«
    »Zum englischen Konsul! Er muss sein Schiff zurückbeordern!«
    »Chole, nicht!« Salima klammerte sich an das Treppengeländer und schrie ihrer Schwester hinterher, die die Stufen hinabpolterte. »Komm zurück, das ist zu gefährlich! Chole, bleib hier!«
    Ein dutzendfaches Knallen und Knattern lenkte sie ab. Noch bevor sie wieder in das Gemach zurückkehren konnte, um nachzusehen, was draußen vor sich gehen mochte, sauste eine Kugel durch eines der Fenster herein und schlug dicht neben ihr in die Wand ein.
    Unten im Haus hob Geschrei an, und wie ein Echo konnte Salima aus dem Haus gegenüber, in dem Barghash sich verschanzt hielt, ähnliche Laute hören, als der Beschuss aus den Gewehren der Engländer heftiger wurde.
    Das ist das Ende.
    Ein Augenblick der Erstarrung. Dann fiel ihr Blick auf ein kleines Mädchen, das ebenfalls oben an der Treppe stand. Im Tumult hatte es wohl seine Mutter verloren und weinte herzzerreißend. Salima packte es und warf sich mit ihm auf den Boden.
    Den Kopf eingezogen, das kleine Mädchen an sich gepresst, murmelte Salima abwechselnd Gebete und beruhigende Koseworte. Hielt sich ebenso an dem warmen Kinderkörper fest, wie dieser sich an sie klammerte, während im Haus wild umhergelaufen und geschrien wurde und laute Gebete ertönten, hastiges Rumoren und Räumen, das verriet, dass kaltblütige Gemüter noch Wertsachen zusammenrafften. Und unaufhörlich pfiffen die Kugeln vorbei in ihrem tödlichen Flug, prasselten in die Wände und Mauern.
    Wenn ich jetzt sterbe, ist das die gerechte Strafe für meine Vergehen. Allah, vergib mir, ich hatte nichts Böses im Sinn. Ich war nur jung und dumm.
    Sie spannte jeden Muskel an, um das Schlottern ihrer Glieder zu unterdrücken. Um das Mädchen nicht ihre eigene Todesangst spüren zu lassen. Um nicht unterzugehen in Furcht und Schrecken.
    » Amiiiinn! Amiiiinn! Friieede! Friieede!«
    Ein einzelner Ruf aus dem Haus gegenüber, der sich mit jedem Herzschlag vervielfachte, aufbrandete wie Wellen an einem Korallenriff. » Amiiiinn! Amiiiinn!«
    Das Krachen der Gewehrschüsse geriet ins Stottern, tröpfelte aus, verstummte schließlich ganz, als die Soldaten der Krone das Feuer einstellten. Salimas Pulsschlag drohte ihr in seiner Härte die Adern platzen zu lassen, als sie angstvoll wartete, was als Nächstes geschehen mochte.
    Wenn ich noch einmal die Wahl hätte, ich würde nie wieder blinden Gehorsam leisten. Von heute an habe ich keine andere Herrin mehr als mich selbst.

Zweites Buch

Bibi Salmé
    1864 – 1866

Verpflanzt
    Das Feuer hinterlässt Asche.
    SPRICHWORT AUS SANSIBAR
16
    Die Sonne glänzte auf dem nassen Laub der Bäume und ließ das dunkle Grün noch saftiger wirken. Einzelne Tropfen zitterten auf den Blütentellern des Hibiskus, rollten dann durch die weichen Rillen über den gewellten Rand hinab und plitschten in die Pfützen, die bereits zu verdunsten begannen. Stramm spannte sich der lichtblaue Himmel über der Insel, vom Regen der letzten zwei Tage gründlich sauber gewaschen und blank poliert von den letzten Wolkenfetzchen, die darüberzogen. Es versprach ein guter Tag zu werden auf Kisimbani.
    »Habari za asubuhi , Bibi Salmé – Guten Morgen, Frau Salmé«, schallte es vielstimmig durch den großzügigen Innenhof des Hauses, untermalt von Gelächter, verflochten mit dem vergnügten Quietschen und Kichern von Kindern. In leuchtend bunten kangas , den großen Tüchern, die geschickt zu Kleidern oder Röcken und Leibchen, zu schulterbedeckenden

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