Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne
Überwürfen und Turbanen gewickelt und geknotet waren, schritt eine Schar Frauen durch den Torbogen, größere Kinder an der Hand, kleinere auf der Hüfte sitzend und die allerkleinsten in einer kanga auf den Rücken gebunden.
»Habari za asubuhi« , entgegnete Salima fröhlich. » Hamjambo , wie geht’s euch?«, rief sie den Frauen und deren Kindern entgegen.
» Hatujambo, hatujambo , uns geht’s gut, uns geht’s gut«, kam es von den Frauen, ihr Lächeln hell im dunklen Gesicht. Die ersten Kinder rissen sich von ihren Müttern los und rannten auf eine der Sklavinnen zu, die sie in Empfang nahm. Eine zweite bettete die Säuglinge auf eine weiche Unterlage in einem schattigen Winkel des Hofes, während die dritte damit beschäftigt war, Wasser aus dem Ziehbrunnen heraufzuholen und in flache Becken umzuschütten, die auf dem Boden standen.
Die Frauen bedienten sich aus den Körben, die an der Hauswand aufgereiht standen, an Bananen, Mangos und Feigen, bevor sie schwatzend wieder zum Tor hinausgingen, um die Felder zu bestellen. Von den Süßkartoffeln und Yamswurzeln, die dort angebaut wurden, war das meiste ohnehin für sie und ihre Familien bestimmt. Salima konnte die Mengen, die geerntet wurden, gar nicht allein aufbrauchen, bevor sie verdarben, und mit Grundnahrungsmitteln zu handeln galt auf Sansibar als anstößig, wenn man dem Sultanshaus entstammte. Die Gewürznelken, die gerade von den Männern der Arbeiterinnen aus den Baumkronen gepflückt wurden, und die Kokosnüsse brachten im Verkauf mehr als genug ein, um ihr einen gewissen Wohlstand zu sichern.
Eine der Sklavinnen hatte Waschnüsse aufgebrochen, die getrockneten gelblich roten bis rostbraunen Früchte eines Baumes, die Salima in großen Mengen aus Indien kommen ließ, hatte dann die kleinen Kerne entfernt und das wachsartige Fleisch in einer Schale zerstoßen. Zerrieben und mit Wasser vermengt, bildete es einen weichen Schaum, mit dem sie das erste Kind, das eine Sklavin unter liebevollen Neckereien entkleidet hatte, einzureiben begann. Auf Sansibar rhassil genannt, galt diese Seife als besonders wirksamer Schutz vor den Krankheiten und dem Ungeziefer, die auf der Insel in jedem Winkel eines Hauses lauerten, auch wenn es nochso sauber war. Salima war nicht wenig stolz darauf, dass die Kinder von Kisimbani seltener Fieber bekamen oder gar starben, seit sie die Leitung der Plantage in die Hand genommen hatte. Auch dass die Feldarbeiterinnen ihre Kinder tagsüber hier abgeben konnten, anstatt sie den ganzen Tag der Sonnenglut auszusetzen, war ihre Idee gewesen. Nach dem morgendlichen Bad bekamen die Jüngsten Milchsuppe, die Größeren einen süßen Reisbrei und Obst, mittags Fisch und gestampfte Süßkartoffeln, und die Sklavinnen kümmerten sich um sie, spielten und sangen mit ihnen, erzählten ihnen Märchen und hatten ein Auge auf sie, wenn sie wild im Hof und im Garten umhertollten oder einen Mittagsschlaf hielten. Und Salima dachte bereits darüber nach, die Älteren bald auch im Lesen und Schreiben zu unterweisen.
Bis es an ihm war, der morgendlichen Wäsche unterzogen zu werden, jagte ein Knirps von etwas über zwei Jahren auf seinen strammen Beinchen den Enten hinterher. Quakend stoben sie allesamt vor ihm davon, und während er ihnen nachsetzte, schlug er der Länge nach hin. Er rappelte sich zwar schnell auf, doch kaum stand er wieder auf den Füßen, schob sich seine Unterlippe vor, krümmten sich seine Mundwinkel abwärts; das Köpfchen in den Nacken gelegt, plärrte er gleich darauf lauthals sein Unglück heraus, unterstrichen von dicken Tränen, die ihm über die Wangen kullerten.
»Hast du dir wehgetan?« Salima hob ihn hoch. »Nicht weinen, kleiner Mann, ist doch halb so schlimm.« Beruhigend schaukelte sie den Jungen auf ihrem Arm, murmelte ihm Koseworte und Tröstungen zu, dass seine Schluchzer abebbten und er sein tränennasses, rotznasiges Gesicht an ihre Schulter schmiegte. Den kleinen Leib an sich gedrückt, blinzelte Salima in die Sonne und schloss für einen Augenblick die Lider. Das Planschen der Kinder und ihre lebhaften, glücklichen Laute mischten sich mit dem Schnattern der Enten undGänse und dem Gurren der Tauben in ihrem Schlag. Auf der anderen Seite des Hauses meckerten die Ziegen, die Salima eigenhändig zu melken pflegte, prusteten und schnoberten die Pferde, und aus dem Inneren des Gebäudes schnarrte Louis, der Papagei, während seine Artgenossen Bella und Tipsy sich anhörten, als führten sie krächzend
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