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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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einverstanden gewesen war.
    »Ich kann das nicht sofort entscheiden«, murmelte sie durch ihre Finger hindurch. »Ich möchte wenigstens eine Nacht darüber nachdenken.«
    »Ich bedaure, Salima«, konnte sie Abd il Wahabs zittrige Stimme hören. »Majid hat verlangt, dass ich noch heute mit deiner Antwort zu ihm zurückkehre.«
    Wie kann er das von mir verlangen?
    Ihr Bruder holte tief Luft. »Seinetwegen kannst du gerne nach Mtoni zurückkehren, aber sollte dir danach nicht der Sinn stehen, soll ich dafür sorgen, dass du eine angemessene Behausung in der Stadt findest.«
    Salima hob den Kopf. »Darf ich mir dann zumindest für diese Entscheidung etwas Zeit nehmen?« Wehrhaft hatte sie klingen wollen und ein wenig bissig. Stattdessen kamen die Worte schleppend über ihre Lippen.
    »Aber ja, gewiss«, antwortete Abd il Wahab eifrig.

    … das Haus von Bububu binnen acht Tagen zu räumen und meinem Bruder, dem geschätzten Sayyid Majid, dem Sultan von Sansibar, zu übergeben, damit er nach seinem Belieben damit verfahre …
    Salimas Hand, die die Bambusfeder führte, hielt inne. Kein Brief, den sie in ihrem Leben geschrieben hatte, tat ihr derart in der Seele weh wie dieser, in dem sie noch einmal schriftlich auf Bububu verzichtete. Mit Bububu verband sie eine Liebe auf den ersten Blick, und in den wenigen Monaten, die sie hier verbracht hatte, war sie mit diesem Fleckchen Erde verwachsen. Sich davon trennen zu müssen kam ihr entsetzlich grausam vor. Bububu zu verlassen würde eine große Wunde reißen in ihr.
    Sie zwang sich, den Brief zu beenden und ihn einem Boten zu übergeben, damit er ihn Abd il Wahab bringe. Schwer fielen ihr die Schritte, als sie sich daranmachte, ihre Lieblingsplätze im Haus noch einmal abzugehen. Das Fernrohr im oberen Stock, durch dessen Linsen sie sich Träume von fernen Küsten ins Haus geholt hatte. Das Gemach, dessen Fenster auf die Kronen dicht belaubter Bäume hinausging, die abzuholzen Salima nicht übers Herz gebracht hatte, sodass man sich dort fühlte wie in einem Baumhaus, umgeben von den trillerndenMelodien der Vögel. Der kleine Salon, den sie sich unten eingerichtet hatte und wo sie sich fast vorkam wie an Deck eines Segelschiffs, wenn die Meereswellen außen an seine Mauern stießen.
    Lange stand sie am Strand, im Schatten der Palmen, barfuß, die Zehen tief im pulvrigen Sand vergraben, und sah hinaus auf den breiten Meeresarm, auf dem die Sonne glitzerte, verfolgte die Schiffe mit ihren Blicken.
    Alle, alle haben sie ein Ziel. Nur ich nicht …
    Nach Beit il Mtoni zurückzukehren, wieder dort zu leben, wo sie geboren worden war und ihre ersten Jahre verbracht hatte, klang zwar verlockend und übte einen eigentümlichen Sog auf sie aus. Und doch spürte sie, dass sie dort nicht mehr glücklich sein konnte. Azza bint Sayf und die anderen Frauen würden ein wachsames Auge auf sie haben – darauf, was sie trug, was sie sagte, wie sie sich benahm. Sie würde sich unterordnen müssen, wieder eingliedern in ein engmaschiges Netz von Rangordnungen, Verbindungen und Feindschaften, von Regeln und Verboten. Auf Kisimbani und hier in Bububu hatte Salima die Freiheit gekostet, den Geschmack eines selbstbestimmten Lebens. Zu köstlich, um es wieder aufzugeben. Von heute an habe ich keine andere Herrin mehr als mich selbst, hallten ihre eigenen Gedanken in ihr wider.
    Die Stadt reizte sie ebenfalls nicht. Auch nach bald sechs Jahren war die Erinnerung an Barghashs gescheiterten Aufstand noch zu frisch in ihrem eigenen Gedächtnis. Wenn sie an die Steinstadt dachte, erinnerte sie sich nur an drangvoll enge Gassen, an Lärm und Gestank. Blieb nur Kisimbani – fernab vom Meer, aber besser als alles andere.
    Warum darf ich nicht auf Dauer glücklich sein? Warum wird mir alles sofort wieder genommen?
    »Heda, Schwesterlein!«
    Salima blickte auf. Ein Boot war gerade dabei anzulegen,darin ihre drei Halbbrüder. Sie winkte ihnen zu und bemühte sich um ein Lächeln, doch es misslang ihr.
    »So traurig?« Jamshids helle Augen blitzten aufmunternd, als er zu ihr getreten war und sie zärtlich in die Wange kniff.
    »Hast du dich schon entschieden, wo du hingehen wirst?«, fragte Abd il Wahab.
    »Ah – nichts sagen«, drängte sich Hamdan mit erhobenem Zeigefinger dazwischen. »Lass mich raten …« Der Finger richtete sich in wissender Geste auf seine Schwester. »Kisimbani?«
    Noch ehe Salima genickt hatte, hob Protestgeschrei an.
    »Nichts da!« – »Keinesfalls wirst du dich auf dem Land

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