Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga

Titel: Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
Vom Netzwerk:
wandte sie sich wieder dem Fenster zu. Doch die Ankündigung des Weihnachtsballs ließ sich nicht einfach wegwischen wie eine Eisblume. Sie hing wie ein Spinnennetz im Raum, und Ricarda hatte keine Ahnung, wie sie ihm entgehen sollte.
    Nachdem sie vergeblich versucht hatte, an etwas anderes zu denken, entschloss sie sich, in die Küche hinunterzugehen und sich dort eine Tasse Kaffee zu holen. Vielleicht würde das anregende Getränk ihre Gedanken klären und ihre Konzentration auf das Wesentliche schärfen.
    Ricarda kam genau bis zur Treppe, als das Dienstmädchen hinter ihr erschien.
    »Gnädiges Fräulein?« Rosas Gesicht war hochrot.
    »Was gibt es denn, Rosa?«
    »Die gnädige Frau wünscht Sie im Salon zu sprechen.«
    Ricarda atmete tief durch. Wie gut sie ihre Mutter doch kannte! Aber wenn sie Streit haben wollte, sollte sie ihn bekommen.
    Sie bedankte sich bei Rosa und spürte deren Blick zwischen ihren Schulterblättern, als sie der Tür mit dem Irisdekor zustrebte.
    Sie stand halb offen, als hätte ihre Mutter überprüfen wollen, ob das Dienstmädchen den erteilten Auftrag auch ausführte.
    Ricarda verzichtete aufs Anklopfen, obwohl sie wusste, dass solch ein Verstoß gegen die Höflichkeit ihre Mutter echauffieren würde. Furchtlos baute sie sich vor ihrer Mutter auf.
    »Du wirst also darüber nachdenken?«, fragte Susanne Bensdorf kühl.
    Tatsächlich, es ging um den Weihnachtsball.
    »Ja, das sagte ich doch«, entgegnete Ricarda trotzig. »Ich weiß noch nicht, ob ich Zeit dazu finden werde.«
    Susanne Bensdorf stellte ihre Kaffeetasse ab. Wie immer war sie ganz die beherrschte Dame, die sich nicht einmal vom Widerspruch einer störrischen Tochter aus der Ruhe bringen ließ.
    »Dieser Ball ist eines der bedeutendsten gesellschaftlichen Ereignisse gegen Jahresende«, erklärte sie, als wüsste Ricarda das nicht. »Dort zu fehlen würde unsere Familie nicht gerade in ein gutes Licht rücken. Immerhin hat dein Vater wichtige Verbindungen zu pflegen.«
    »Vater und du werden doch sicher hingehen«, erklärte Ricarda, und die Lust, sich mit ihrer Mutter eine ordentliche Szene zu liefern, wuchs. »Wieso sollte es uns in Verruf bringen, wenn ich nicht zugegen bin?«
    »Weil du die Tochter des Hauses bist und damit Verpflichtungen hast. Uns gegenüber und auch gegenüber der Öffentlichkeit.«
    »Oh, und inwiefern könnte die Öffentlichkeit an mir interessiert sein? Als abschreckendes Beispiel für ein missratenes Kind? Als rebellische Tochter und vermeintliche Suffragette? Wenn deine Freundinnen mich schon dafür halten, werden es alle anderen ohnehin tun.«
    Jetzt hob ihre Mutter den Kopf, und zwar alles andere als beherrscht.
    »Wenn du meinst, dass die Öffentlichkeit ein solch schlechtes Bild von dir hat, solltest du alles daransetzen, dass sich das ändert. Ob du Zeit hast oder nicht, du wirst uns zu dem Ball begleiten.«
    »Bist du wirklich so versessen darauf, mich vorzuführen, Mutter?«, fragte Ricarda kopfschüttelnd. »Wenn ich dort auftauche, was werde ich mir dann anhören müssen? Sie alle wissen doch sicher, dass ich studiert habe. Gibt es in diesen Kreisen etwas Schlimmeres als das?«
    »In diesen Kreisen?«, ereiferte sich Susanne Bensdorf. »Es sind die Kreise, in die du hineingehörst! Wenn es nach mir gegangen wäre, hättest du nie studiert. Es gibt weiß Gott genug junge, gut situierte Männer, die um deine Hand angehalten hätten. Aber du musstest deinen Vater ja mit deinen Flausen anstecken. Gott sei Dank ist er jetzt wieder zur Vernunft gekommen. Und dir würde ich das auch raten.«
    Ricarda glaubte nicht, was sie da hörte. Sie wollte etwas erwidern, aber ihr Kopf war wie leergefegt.
    »Du wirst mitkommen!«, setzte ihre Mutter in scharfem Ton hinzu. »Und damit ist das Gespräch für mich beendet.«
    Sie wandte sich ab, nahm in einem Sessel Platz und tat so, als habe ihre Tochter sich in Luft aufgelöst.
    Ricarda stand einen Moment fassungslos da, bevor sie herumwirbelte und aus dem Salon stürmte. Sie hoffte, dass ihre Mutter wenigstens zusammenzucken würde, wenn ihre Tochter die Türen wesentlich heftiger schloss, als es angebracht war.
    Mit rasendem Herzen eilte sie zu ihrem Zimmer. Sie brauchte dringend frische Luft. Wütend riss sie die Türen ihres Kleiderschrankes auf, griff nach ihrem Mantel, zog ihn über und rannte aus dem Haus.
 
    Auf den Straßen zum Tiergarten herrschte reges Treiben. Nicht nur einmal musste Ricarda Leuten ausweichen, die mit dem Fahrrad unterwegs

Weitere Kostenlose Bücher