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Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga

Titel: Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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waren und sich offenbar nicht um Fußgänger scherten. Sie überquerte den Großen Stern und ließ sich treiben. Während sie einen Fuß vor den anderen setzte und das Knirschen der Sohlen vernahm, wurde ihr wieder leichter zumute.
    Als sie schließlich aufblickte, sah sie von weitem die Siegessäule, die nur fünf Jahre vor ihrer eigenen Geburt auf dem Königsplatz errichtet worden war. Anlass war das Ende des deutsch-dänischen Krieges gewesen, in dem Preußen einige siegreiche Schlachten schlagen konnte. Ricarda war gerade zwei Jahre alt geworden, als man auf der Spitze der Säule die Viktoria errichtet hatte.
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, steuerte sie forsch darauf zu. Die vergoldete Siegesgöttin, die, von einer frischen Brise umweht, über allen Problemen des irdischen Daseins zu stehen schien, würde ihr vielleicht Kraft und neue Hoffnung schenken.
    Den Reichstag bereits im Blick, hörte Ricarda auf einmal aufgeregte Stimmen. Einige Frauen in einfachen Kleidern hatten sich um die Siegessäule versammelt und hielten Schilder in die Höhe.
    Wir fordern das Recht zu studieren und Frauen sind keine Menschen zweiter Klasse stand auf einigen von ihnen zu lesen, andere forderten das Frauenwahlrecht. Nach einer Weile begannen die Frauen, im Kreis zu marschieren und ihre Forderungen lauthals zu äußern. »Wahlrecht, Studium, Gleichberechtigung!«, tönte es in den Berliner Winterhimmel.
    Ricarda fühlte sich nach Zürich zurückversetzt, wo solche Veranstaltungen des Öfteren stattfanden. Dort wurde hauptsächlich um das Wahlrecht gekämpft, denn studieren durften die Frauen in der Schweiz ja bereits.
    Hier in Preußen hingegen durften sie nichts weiter als Ehefrauen sein.
    Ehe sie es sich versah, wurde Ricarda ein Flugblatt in die Hand gedrückt.
    Die Frau, die ihr den Zettel überreichte, sah Ricarda so eindringlich an, dass sie sich bemühen musste, nicht zurückzuweichen.
    »Schließ dich uns an, Schwester, denn wir kämpfen dafür, dass es dir besser geht!«, forderte sie. »Wir wollen, dass Frauen wählen und studieren können, wie es in anderen Ländern der Welt bereits möglich ist. In einigen Staaten Amerikas ist es den Frauen bereits erlaubt zu wählen. Auch in Neuseeland, das im Pazifischen Ozean liegt, zum Beispiel. Wenn andere Nationen den Frauen Rechte gewähren, sollte unser Land nicht hintanstehen.«
    Ricarda fragte sich, was ihr Vater wohl zu dieser Ansprache sagen würde.
    Bevor sie den Frauen jedoch sagen konnte, dass sie in der Schweiz studiert hatte und sich nun als Ärztin hier beworben hatte, ertönte ein schrilles Pfeifen.
    Polizisten mit Knüppeln stürmten herbei. Wahrscheinlich hatten sich Passanten oder vielleicht sogar Abgeordnete des Reichstages über diese Versammlung beschwert.
    Die Frauen wussten offenbar, was ihnen blühte, denn sie suchten sogleich das Weite. Auch Ricarda begann zu laufen. Sie wollte nicht in die Zelle eines Polizeireviers geraten. Sie versteckte sich hinter einem nahen Gebüsch und beobachtete von dort aus, wie die Gesetzeshüter mit Pickelhauben den Frauen nachjagten.
    Augenblicklich zerstreute sich auch die Zuschauermenge; nur einige Plakate, die achtlos auf der Straße lagen, zeugten noch von der Demonstration.
    Ricarda blickte zu Viktoria auf und fragte sich plötzlich, warum man einer leblosen Frauenfigur huldigte, während man den Frauen aus Fleisch und Blut einen Großteil der Bürgerrechte verwehrte. Vielleicht weil Frauen im echten Leben keine Schwingen besaßen? Dann war es wohl an der Zeit, dass ihnen welche wuchsen. Zumindest im Geiste.
 
    Wieder zu Hause angekommen, begab sie sich gleich auf ihr Zimmer. Vor dem drohenden Gespenst des Weihnachtsballs konnte sie nicht fliehen, aber nachdem sie eine Weile auf dem Bett gesessen und gegrübelt hatte, stand ihr Entschluss fest.
    Sie würde das lästige Ereignis in einen Triumph für sich verwandeln. Ja, sie würde den Leuten zeigen, dass sie keine verzogene Göre war, sondern eine selbstbewusste Frau, die etwas konnte!
    Am Abend ging sie hinunter zum Familienessen. Ihr Vater war überraschenderweise zugegen, würdigte sie aber keines Blickes.
    »Mutter«, sagte Ricarda, nachdem sie Platz genommen und die Serviette über ihren Schoß gelegt hatte. »Ich möchte dich um Entschuldigung bitten wegen unseres Streites. Ich werde natürlich am Weihnachtsball teilnehmen.«
    Susanne Bensdorf wirkte überrascht, während ihr Mann keinerlei Reaktion zeigte. Ungerührt führte er einen Gabelbissen

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