Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02
Zügel, um es im Strom der Soldaten nicht zu verlieren, die sich auf dem Weg zu ihrer Unterkunft befanden. Trotz der Winterkälte trug der Leutnant nur seine braune Lederuniform. Den Kopf mit dem kurzgeschnittenen braunen Haar setzte er unbedeckt Wind und Wetter aus. Seine hellgrauen Augen und das schmal geschnittene verschlossene Gesicht ließen ihn sehr verschwiegen wirken. Doch in Wahrheit vertrauten ihm nur wenige ihre tiefsten Geheimnisse an.
»Timozel! Man hat mir gesagt, Ihr wärt tot! In Karlon traf die Nachricht ein, Ihr hättet … bei Artor!« Sein Blick war auf die Edle gefallen. »Herrin!« keuchte er, und vor Überraschung wurden seine Züge weicher. »Was … wie … wer?«
Faraday mußte lachen, auch wenn sie Gautier nicht sonderlich schätzte. Dann sah sie Timozel an und flehte schweigend, nun ihr das Reden zu überlassen. »Timozel hat mich und meine Zofe gerettet, als wir in einen Erdrutsch gerieten. Wir konnten uns befreien und sind seitdem nach Norden unterwegs. Seht Euch nur unsere Kleider an«, fügte sie leicht beschämt hinzu. »Wir mußten uns von einfachen Bauersleuten Kleidung geben lassen. Ach, Gautier«, klagte sie und dachte, jetzt erweist sich, ob ich mit meiner Geschichte durchkomme oder nicht, »nachdem ich so knapp dem Tode entronnen war, trieb mich der Gedanke in die Verzweiflung, noch länger von Bornheld getrennt sein zu müssen. Ich bat Timozel eindringlich, mich nach Gorken zu begleiten, statt nach Skarabost oder Karlon zurückzukehren.« Sie zuckte mit den Schultern, gab sich wie ein unverständiges junges Ding und sah dabei gleichzeitig den Leutnant voll Bewunderung an. »Sicher versteht Ihr doch, daß ich mit meinem Zukünftigen Zusammensein möchte, nicht wahr? Vielleicht vermögt Ihr ja, mir zu helfen, schneller zu ihm zu gelangen?«
Gautier brauchte nicht lange, um zu erkennen, welche Möglichkeiten ihm diese Bitte eröffnen würde. Er stellte sich schon vor, wie er im Gefolge von Faraday in die Audienzhalle der Feste Gorken stolzieren und allen Dank und allen Ruhm dafür einheimsen würde, die Braut gefunden und zu ihrem Verlobten gebracht zu haben. Als der Leutnant die Zofe betrachtete, die artig hinter der Edlen stand, fielen ihm noch mehr Möglichkeiten ein. Schließlich war die Schöne ihm zu Dank verpflichtet. Mit ihr würde es bedeutend mehr Spaß machen als mit den verbrauchten Weibern, die hier in der Stadt ihrem Gewerbe nachgingen.
Faraday konnte lesen, was sich hinter Gautiers Augen tat. Sie hoffte nur, daß Yr ihre Rolle als lebenslustige Zofe nicht übertrieb. »Wir wären Euch überaus dankbar, wenn Ihr uns für heute nacht ein Zimmer finden könntet. Und ich könnte mir vorstellen, daß auch Bornheld soviel Hilfsbereitschaft erfreuen würde.«
»Sorgt Euch nicht länger«, grinste der Leutnant, »ich bin schon unterwegs. Wenn Ihr mir die Ehre erweisen wollt?« Er warf Timozel die Zügel zu, und der Jüngling mußte mit schlecht verhohlener Empörung das Pferd übernehmen.
Faraday tat Gautier den Gefallen und hakte sich bei ihm ein. Bornhelds Stellvertreter führte seine zukünftige Herrin die Straße entlang und schrie immer wieder die Leute an, gefälligst Platz zu machen. Dem Jüngling und der Katzenfrau blieb nichts anderes übrig, als den beiden, mit Maultier und Roß so gut es ging zu folgen. Wenigstens würden sie ein Zimmer mit einem richtigen Bett darin haben, tröstete sich Yr und fragte sich dann, ob etwa von ihr verlangt würde, dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Vorhin hatte sie schon für einen Moment geglaubt, Gautier würde sie auf die schlammige Straße werfen und an Ort und Stelle nehmen. Die Katzenfrau lächelte in sich hinein. Vielleicht hätte ihr das nicht einmal etwas ausgemacht. Nun, dachte sie, sie würde alles tun, damit Faraday möglichst rasch im Bett des Herzogs landete.
Der Leutnant führte sie zu einer Herberge mit dem Namen Zur Müden Möwe und brauchte dort nur lauthals auf seinen Rang hinzuweisen, um drei Zimmer zu bekommen. Die bisherigen Bewohner beschwerten sich zwar über ihren Hinauswurf, wurden aber von Gautiers Drohungen rasch eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht. Schon eilten die Mägde hinauf, um die Betten frisch zu beziehen und das Gepäck der Vorgänger hinauszubefördern. Faraday zwang sich zu einem Lächeln.
»Herr Leutnant, wir reisen nun schon bald vier Wochen in diesen Lumpen. Glaubt Ihr, es wäre Euch möglich, den Wirt dazu zu überreden, uns etwas anderes zur Verfügung zu stellen? Und
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