Sternen Stroemers Lied - Unter dem Weltenbaum 02
unbeholfen und grob angestellt wie beim Reden.
Die Edle hatte versucht, sich Axis vorzustellen und die Erinnerung an seine Umarmung als Talismann gegen die Wirklichkeit mit Bornheld einzusetzen. Aber dessen Gegenwart hatte sich als übermächtig erwiesen, und das, was er von ihrem Körper verlangte, hatte sie so überfordert, daß Axis’ Bild sich immer wieder verflüchtigte.
Aber ihrem Ehemann hatte es gefallen, und dafür war die Braut von Herzen dankbar. Aber jetzt kamen ihr neue Bedenken. Als alles endlich vorübergewesen war, hatte Bornheld ihr den Bauch getätschelt und keuchend gesagt: »Ich habe das Gefühl, heute nacht einen Sohn gezeugt zu haben.« Damit hatte er sich auf die Seite gerollt und war augenblicklich eingeschlafen.
Nein! dachte Faraday und preßte die Hände auf den Bauch. Das darf nicht sein. Um der Prophezeiung zu dienen, habe ich ihn geheiratet, aber ich werde ihm nicht auch noch ein Kind gebären. Das kann und will ich ihm einfach nicht geben … »Mutter, hört mich«, flüsterte sie, »laßt mich unfruchtbar sein. Ich will von Bornheld kein Kind empfangen.« Sie merkte, wie sehr ihr der schwere Ehering mit dem dicken Rubin in den Finger schnitt. Der Reif war genauso plump und unbequem wie der Mann. »Gewährt mir diesen Wunsch!«
»Faraday«, murmelte Bornheld schläfrig neben ihr. »Habt Ihr etwas gesagt? Seid Ihr schon wach?«
Sie hörte, wie er sich zu ihr umdrehte, und biß sich auf die Lippen, als sie seine Hand auf ihrer Brust spürte.
»Kommt her, Täubchen, Euer Gemahl verlangt nach Euch!«
9 W IEDERBEGEGNUNGEN
Axis erschien erst nach einer guten Woche, und so blieb Faraday ausreichend Zeit, sich an ihre Ehe zu gewöhnen und Bornheld weiterhin glauben zu machen, daß sie ihn liebte und begehrte. Die Edle lernte, sein allnächtliches Verlangen zu ertragen, und sie brachte es auch über sich, ihn danach zu fragen, was sie tun könne, um sein Vergnügen zu steigern. Mählich und zögernd vermochte Faraday sich auch einzugestehen, daß sie sich durchaus an die Ehe mit dem Herzog hätte gewöhnen können, wenn sie nicht in Axis verliebt gewesen und unter den alten Grabhügeln die Sterne des Universums gesehen hätte. Auf seine Weise gab Bornheld sich durchaus Mühe, sich ihr angenehm zu machen und ihr zu gefallen. Auch wenn er sich bei der Liebe oft zu grob und zu wenig einfallsreich zeigte, kamen ihr diese Eigenschaften bei anderen Gelegenheiten durchaus gelegen. Bornheld war eben Soldat und kein Verführer, und er hatte auch nie etwas anderes vorgegeben.
Tagsüber hatte der Herzog oft keine Zeit für seine junge Frau, denn da saß er mit dem Kriegsrat zusammen, um Pläne zu schmieden und Strategien zu entwickeln; oder er führte persönlich Patrouillen in die Eisödnis des Nordens an. Aber es gefiel ihm, wenn sie erschien und ihm bei seinen morgendlichen Waffenübungen zusah. Faraday lobte ihn dann oder machte ihm Komplimente, wenn sie verfolgte, wie er mit nacktem Oberkörper das Schwert oder den Wehrstab zu komplizierten Finten und Ausfällen einzusetzen wußte. Auch bewunderte sie bei diesen Übungen das Spiel seiner Muskeln. Bornheld war durchaus kräftig gebaut, wie die Edle mittlerweile am eigenen Leib erfahren hatte. Manchmal jedoch, wenn sie ihn bei den Übungen betrachtete, mußte sie an einen anderen Mann denken, dem sie einmal an einem Morgen bei eisigem Frost auf der Ebene von Tare bei dessen Übungen zugesehen hatte.
Am vierten Tag der ersten Woche des Schneemonds lustwandelte Faraday auf den Zinnen der Burgmauern. Sie hatte einen schweren Umhang fest um ihr schwarzes Seidengewand gewickelt und die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Ihr Blick wanderte über die Stadt Gorken hinaus zu der Straße, die nach Süden führte. Weder einem anderen noch sich selbst hätte sie je eingestanden, nach wem sie hier oben auf den Mauern Ausschau hielt. Und wenn jemand die Herzogsgattin fragte, antwortete sie, daß sie sich schließlich in den vielen einsamen Stunden beschäftigen mußte, während derer ihr Gemahl mit anderen Dingen beschäftigt war. Heute begleiteten sie Timozel und Yr. Der Jüngling hatte nicht mehr soviel Zeit für sie, denn der Oberste Kriegsherr übertrug ihm immer neue Aufgaben in der Festung. Wie schade, dachte die Edle müßig, während sie einem Wächter zunickte, daß Timozels ritterliche Pflichten sich nicht auch darauf erstreckten, in der Nacht Bornhelds Platz im Ehebett einzunehmen. Ihr Mund verzog sich bei dieser Vorstellung zu einem flüchtigen
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